Earnings runter, Aktien rauf? Nicht so ungewöhnlich wie man glaubt....
Investoren sprechen oft darüber, wie Unternehmensgewinne Aktienkurse beeinflussen. Das wirft jedoch die Frage auf, warum so viele Strategen und Experten erwarten, dass die Gewinne im Jahr 2023 sinken und die Aktienkurse trotzdem steigen werden. LPL Research hat sich dazu Gedanken gemacht.
Wie oft geschah es in der Vergangenheit, dass schrumpfende Gewinne mit steigenden Aktienkursen einhergingen? Am besten sieht man sich die Entwicklung des Gewinnwachstums und der Kursentwicklung des S&P 500 Index in einem Streudiagramm an. Der folgende Chart von LPL Research zeigt die S&P 500-Performance auf der vertikalen und das S&P 500-Gewinnwachstum auf der horizontalen Achse.
Gewinnrückgänge bedeuten nicht notwendigerweise fallende Aktienkurse
Quelle: LPL Research
Doppelt so wahrscheinlich, dass Aktien bei Gewinnrezession steigen als fallen
Das Diagramm zeigt, dass in Jahren mit sinkenden Gewinnen, die auf der linken Seite des Diagramms zu finden sind, die Aktien eher steigen als fallen: Mehr Punkte befinden sich im oberen linken Quadranten als im unteren linken. Dies mag überraschen, aber wenn die Erträge sinken, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Aktien steigen, mehr als doppelt so hoch wie jene, dass sie fallen.
Statistische Ergebnisse im Detail
Jeffrey Buchbinder, Chef-Aktienstratege von LPL Research, sagt dazu: Einige der Gewinnrückgänge waren so geringfügig und liegen schon so lange zurück, dass man argumentieren könnte, dass die Chancen auf Aktienkursgewinne, wenn die Firmengewinne im gleichen Jahr sinken, möglicherweise drei zu eins betragen. Seit 1950 sind die Aktien in 71 Prozent aller Jahre gestiegen. Und seit 1970 gingen von den zwölf Jahren, in denen die Gewinne fielen, nur vier mit fallenden Aktienkursen einher, und zwar in den Jahren 1990, 2001, 2008 und 2015, wobei sie 2015 sowohl Erträge als auch Aktienkurse nur um nur ein Prozent fielen.
Markt antizipiert die Gewinnrückgänge
Dies mag kontraintuitiv erscheinen, so Buchbinder, mache aber Sinn, wenn man sich daran erinnert, dass die Märkte zukunftsorientiert seien: "Die Märkte preisen Gewinnrückgänge in der Regel lange vor deren Eintreten ein - vielleicht zwei oder drei Quartale im Voraus. Wenn die Gewinnrückgänge verbucht sind, sind die Aktien in Erwartung des nächsten Gewinnaufschwungs bereits wieder gestiegen." Das ist im Wesentlichen das, was Aktien im Jahr 2022 taten: Sie rechneten mit einem Abschwung 2023 aufgrund einer übermäßigen Straffung der Fed.
Die Lektion scheint hier klar zu sein
Trotz eines wahrscheinlichen leichten Gewinnrückgangs 2023, mit dem Buchbinder und LPL Research rechnen, erwartet das Haus ein solides positives Jahr für Aktien. Das bedeutee nicht, so Buchbinder, dass der S&P 500 nicht kurzfristig wieder die Tiefststände vom Oktober - etwa neun Prozent unter dem aktuellen Niveau - erreichen werde, bevor der nächste Bullenmarkt beginnt. Das Strategic and Tactical Asset Allocation Committee (STAAC) von LPL Research ist jedoch der Ansicht, dass das Risiko-Ertrags-Verhältnis in diesem Jahr derzeit positiv genug ist, um eine Übergewichtung von Aktien zu empfehlen. Die Zielspanne für den fairen Wert des S&P 500 zum Jahresende von 4.400 bis 4.500 basiert auf einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 18 bis 19 und einer Prognose von 240 US-Dollar für den S&P 500-Gewinn je Aktie im Jahr 2024. (kb)