DVFA: Investment Professionals erwarten dauerhaft höhere Inflation
Mit den jüngst berichteten Inflationsraten von sieben Prozent in den USA und etwas mehr als fünf Prozent im Euroland wurden Werte erreicht, die zuletzt in der ersten Hälfte der 1990er Jahre beobachtet wurden. Der DVFA (Verband der Investment Professionals) hat seine Mitglieder dazu befragt.
Der Verband der Investment Professionals (DVFA) wollte kürzlich von seinen Mitgliedern wissen, mit welcher weiteren Inflationsentwicklung sie im Euro-Raum rechnen, wie die Europäische Notenbank aus ihrer Sicht reagieren wird und welche Ursachen der rapide Anstieg der Teuerungsrate hat.
Zwei Fünftel am falschen Fuß erwischt, was die Einschätzung der Teuerung anbelangt
41 Prozent der Teilnehmer geben an, von der Preisentwicklung im vergangenen Jahr überrascht worden zu sein, 56 Prozent dagegen nicht. In den Kommentaren zeigt sich jedoch, dass etliche DVFA-Mitglieder vom grundsätzlichen Anstieg der Teuerungsrate nicht überrascht waren, aufgrund der expansiven Geldpolitik der Notenbanken und der damit verbundenen enorm hohen Liquidität, wohl jedoch vom Ausmaß des Preisanstiegs in der Kürze der Zeit.
Inflation ist gekommen, um zu bleiben: Mehrheit zählt sich zum „Team Persistenz“
Die zweite Frage zielte darauf ab, die Erwartungen der Investment Professional bezüglich der Dauer des Preisanstiegs zu erfahren. 59 Prozent fühlen sich dem „Team Persistenz“ zugehörig und gehen davon aus, dass sich der Inflationssockel dauerhaft nach oben verschiebt. Dagegen rechnen 34 Prozent mit einer Beruhigung der Preisentwicklung und zählen sich zum „Team Transition“.
Warum nur, warum?
Entscheidende Einflussfaktoren auf die Dauerhaftigkeit der momentanen Inflationsentwicklung, heißt es in den Kommentaren, sei die künftige Lohnentwicklung, die Klimapolitik und die Entscheidungen der Zentralbanken. Daneben werden als preistreibend auch der Rückbau globaler Lieferketten und steigende ESG-Anforderungen genannt.
Auf die Frage, in welcher Größenordnung sich der Inflationspfad in Deutschland nach oben verschieben könnte, antworten 36 Prozent um über zwei Prozent und 26 Prozent um etwa 1,5 Prozent. 30 Prozent unterstellen einen um 0,5 bis 1,0 Prozent höheren Sockel und nur drei Prozent erwarten keine strukturelle, nach oben gehende Inflationsrate. In den Kommentaren wurde auch die Meinung vertreten, die Notenbanken wären bereit, eine mittelfristige Inflationsrate von rund 3,5 Prozent zu akzeptieren, um so die Staatsverschuldung zum Teil zu vermindern („Weginflationieren“).
Quelle: DVFA e.V.
Löhne, Lieferkettenfriktionen und Geldmengen treiben die Preise
Bei der Frage nach den Gründen des heftigen Preisanstiegs durften maximal zwei ausgewählt werden. Mehrheitlich sehen die Antworten die entscheidenden Ursachen in Kostenerhöhungen inklusive steigender Löhne (62 Prozent) und in Angebotsrestriktionen, darunter auch Störungen der Lieferketten (60 Prozent). Immerhin 42 Prozent Prozent geben die Geldmenge als wesentlichen Treiber, 18 Prozent einen Nachfragüberhang und noch zehn Prozent die hohe Staatsverschuldung an. In den Kommentaren wird ein ganzer Strauß konkreter Gründe genannt. Darunter die langfristig höheren Energiepreise und Effekte aus der Energiewende, Lieferkettenstörungen, das Quantitative Easing der Notenbanken als vermeintliche Staatsfinanzierung sowie hohe Staatsausgaben gepaart mit langfristigen Faktoren wie die demographische Entwicklung und das Ausbleiben weiterer Kostensenkungen durch die (nicht mehr voranschreitende) Globalisierung.
Schlussfrage
Abschließend wurde gefragt, welche Leitzinserhöhungen im Euroland in den nächsten zwei Jahren zu einer wirksamen Inflationsbekämpfung notwendig wären. Die Meisten (42 Prozent) sprechen sich für Leitzinserhöhungen von einem Prozent% aus. 28 Prozent halten Zinserhöhungen von zwei Prozent oder mehr für notwendig und ein knappes Fünftel der Befragten (19 Prozent) hält dagegen 0,5 Prozent für ausreichend. Sechs Prozent halten Zinsanhebungen in diesem Kontext für unnötig.
Schlussfolgerungen
„Die Mehrzahl der an der Befragung teilnehmenden Mitglieder vertritt die Auffassung, dass die aktuelle Inflation kein kurzfristiges Phänomen ist, das sich selbst heilt und korrigiert. Es gibt handfeste Ursachen die klassisch geldpolitisch zu adressieren und zu bekämpfen sind“, sagt Ingo Mainert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des DVFA. Gleichwohl argumentieren die Investment Professionals des DVFA hinsichtlich der erwartbaren Höhe der Zinsanhebungen mit einem vorsichtigen Realitätssinn für das wohl Machbare: Insbesondere die Dominanz der fiskalischen Verschuldung limitiert (leider) die Spielräume. Wichtiger erscheint den Investment Professionals hier das Zurückfahren der Wertpapierkäufe im Rahmen der Quantitativen Lockerung. (kb)