Die bessere Alternative: Immo-Revitalisierung oder Neubau?
Die Wahl zwischen der Revitalisierung eines Bestandsgebäudes und einem Neubau zählt zu den wichtigsten Grundsatzentscheidungen für Projektentwickler, Bauherren und Immobilieninvestoren. Der ausgewiesene Experte Dr. Tim Malonn spricht in einem Gastbeitrag über die Pros und Cons.
"Revitalisierungsprojekte sind komplex, bergen aber erhebliche Chancen mit Blick auf Investitionsvolumen, Ertrag sowie Nachhaltigkeitsaspekte. Die Herausforderung: Revitalisierung und Gebäudesanierung müssen von Anfang an fundiert und gezielt analysiert sowie umgesetzt werden, um die Potentiale voll auszuschöpfen", sagt Dr. Tim Malonn, Mitglied der Geschäftsleitung Wöhr + Bauer und Geschäftsführer der Wöhr + Bauer Asset Management GmbH.
Fokus verschiebt sich
In Zeiten steigender Baukosten, ESG-Regulatorik (zum Beispiel CSRD, EU-Taxonomie, SFDR) und ambitionierter Klimaziele verschiebt sich der Fokus immer mehr hin zur Bestandsentwicklung. Eine Revitalisierung kann aus Investorensicht äußerst attraktiv sein. Die Wiederverwendung bestehender Strukturen spart Kosten für Baumaterialien und Entsorgung. Bauzeit und Finanzierungskosten reduzieren sich, auch durch Inanspruchnahme öffentlicher Förderprogramme. Insgesamt ermöglicht eine gut geplante Revitalisierung einen schnelleren Return on Investment und solide Ertragschancen.
Revitalisierung ist CO2-sparend
Revitalisierung hat dabei vor allem das Herzstück des Gebäudes im Blick, nämlich die Bausubstanz. In dieser steckt eine Menge „grauer“, also verbauter Energie. Auch unter ökologischen Gesichtspunkten bietet die Revitalisierung also klare Vorteile gegenüber dem Abriss: Bauen im Bestand verursacht deutlich weniger CO?-Emissionen als ein Neubau. Das bestätigen mittlerweile viele unabhängige Studien und Institute: Gemäß der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) liegen die gebäudebezogenen Emissionen bei Sanierungen im Durchschnitt rund zwei Drittel unter denen eines Neubaus.
Weiterer Vorteil
Die Einsparung grauer Emissionen in Verbindung mit einem energieeffizienten Betrieb verbessert nicht nur die Nachhaltigkeitsbilanz, sondern erhöht auch die langfristige Attraktivität und Vermarktungsfähigkeit einer Immobilie. Auch für Investoren lohnt sich also dieser nachhaltige Ansatz, denn ESG-konforme Immobilien mit kleinem CO?-Fußabdruck genießen am Markt wachsende Nachfrage – eine Tendenz, die sich in den kommenden Jahren noch verstärken wird. Nachhaltigkeit wird so zum Wettbewerbsvorteil und trägt langfristig zur Wertstabilität des Investments bei.
Technische Herausforderungen meistern
Die andere Seite der Medaille: Jedes Bestandsgebäude bringt eigene technische Herausforderungen mit sich. Häufig müssen ältere Bauten an moderne Standards für Energieeffizienz, Brandschutz und Komfort angepasst werden. Oder es sind Optimierungen in der Gebäudestruktur erforderlich, weil beispielsweise die Tragkraft mancher Altbaudächer nicht für neue Photovoltaikanlagen ausgelegt sind. Je nach Ausgangslage ergeben sich unterschiedliche Chancen-Risiko-Profile.
Solche Herausforderungen lassen sich mit Ingenieurskunst und Erfahrung bewältigen
Entscheidend sind gründliche Bestandsanalysen. So muss die Bausubstanz genau geprüft und eventuelle Schwachstellen frühzeitig in die Planung integriert werden, um technische Risiken zu minimieren und Lösungen zu finden, etwa beim genannten Beispiel durch Verstärkung von Bauteilen oder den Einsatz leichterer Materialien.
Detaillierte Planung als Schlüssel
Die Planungsphase ist bei Revitalisierungen somit besonders entscheidend. Dr. Tim Malonn wird konkret: "Die vorhandene Gebäudestruktur birgt Herausforderungen, eventuell verborgene Bauschäden müssen identifiziert oder gar denkmalgeschützte Details berücksichtigt werden. Es bedarf einer besonders sorgfältigen, interdisziplinären Planung. Architekten, Ingenieure und Fachplaner müssen eng zusammenarbeiten, um alle Aspekte frühzeitig zu koordinieren. Eine präzise Zeit- und Budgetplanung mit ausreichenden Reserven schafft Sicherheit und verlässliche Abläufe. Moderne digitale Werkzeuge helfen dabei, Überraschungen während der Bauphase zu vermeiden. Eine detaillierte Planung erhöht Planbarkeit und Termintreue – entscheidende Faktoren für die Kalkulierbarkeit des Investments."
Ein großer Vorteil der Revitalisierung ist die verkürzte Bauzeit
Da wesentliche Teile des Gebäudes wie das Fundament oder das Tragwerk erhalten bleiben, lässt sich das Projekt meist schneller errichten als ein Neubau. Für Investoren bedeutet das einen früheren Nutzungsbeginn und geringere Finanzierungskosten. Zugleich fallen weniger Emissionen und Lärm an – eine spürbare Entlastung für Umwelt und Nachbarschaft. Dass qualitätsvolle Revitalisierung nicht nur Theorie, sondern gelebte Praxis ist, zeigen bereits einige wenige Vorreiterprojekte, weiß Dr. Malonn: "So konnte beispielsweise eine Büroimmobilie in Eschborn bei Frankfurt am Main umfassend revitalisiert werden. Durch umfassende energetische Sanierung, Nutzung von Geothermie, Photovoltaik, Wärmepumpen und intelligenter Steuerung der Gebäudetechnik können im Betrieb rund 70?Prozent Endenergie gegenüber einem Referenzneubau eingespart werden."
Werthaltigkeit und Zukunftsfähigkeit
Nach erfolgreicher Revitalisierung präsentieren sich Immobilien wie die eben erwähnte qualitativ sogar über Neubauniveau – nicht nur wegen des oftmals besonderen, architektonischen Charmes. Aufenthaltsqualität im gewachsenen Stadtviertel, moderne Ausstattung und smarte Technik werden zu einem Alleinstellungsmerkmal im wahrsten Sinne des Wortes. Es entstehen wahrhaftig individuelle, zukunftsfähige und somit werthaltige Gebäude. "Trotz der Komplexität führt Bauen im Bestand zu wirtschaftlichen Vorteilen, ökologischen Entlastungen und kalkulierbaren Ergebnissen. Eine erfolgreich revitalisierte Immobilie kann so im Portfolio zum Vorzeigeobjekt werden – rentabel, ökologisch vorbildlich und wertbeständig", sagt Malonn. (kb)