Das ist das große Bild von Columbia Threadneedle-CIO William Davies
Der Global Chief Investment Officer bei Columbia Threadneedle Investments zeichnet ein aktuelles Marktbild und erklärt, wie es kommendes Jahr an den Finanzmärkten, insbesondere bei Aktien, weitergehen könnte.
"Der Zinssenkungszyklus sollte für ein günstiges Umfeld für qualitativ hochwertige Anleihen sorgen. Bei höher verzinslichen Anleihen rechnen wir 2025 jedoch mit einer zunehmenden Performancestreuung. Die Bilanzqualität ist nicht in allen Branchen einheitlich, und vor allem hoch verschuldete Unternehmen insbesondere im High-Yield-Bereich könnten unter Druck geraten", schreibt William Davies, Global Chief Investment Officer bei Columbia Threadneedle Investments, in einer aktuellen Markteinschätzung.
Große Bewertungsdifferenz
Davies erinnert daran, dass sinkende Zinsen (meistens) positiv für Aktien sind. Da die Zinsen jedoch wohl kaum auf frühere Tiefstände fallen werden, wird ein umsichtiger Kapitaleinsatz in diesem neuen Umfeld entscheidend für den Unternehmenserfolg sein. Mit einem Forward-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von über 25 ist der US-Markt weiterhin der teuerste Aktienmarkt der Welt. Das Forward-KGV des MSCI All-Country World Index ex-US beträgt dagegen lediglich 16,3. So groß war dieser Abstand seit mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr. Die USA sind im Hinblick auf die Unternehmensvielfalt jedoch weiterhin der dynamischste Markt. Neben führenden Halbleiterausrüstern finden sich hier auch einige der fortschrittlichsten Unternehmen in den Bereichen künstliche Intelligenz (KI) und generative KI.
Europa und China haben bislang enttäuscht
Früher oder später werden US-Aktien zu teuer werden. Mit einer Underperformance ist Davies zufolge jedoch wahrscheinlich erst dann zu rechnen, wenn andere Märkte schneller wachsen. Sollte beispielsweise Europa eine größere Wachstumsdynamik entwickeln, werden europäische Aktien attraktiv sein, weil sie so viel günstiger sind – das ist jedoch sehr unwahrscheinlich.
Unterdessen haben chinesische Aktien im Jahr 2024 enttäuscht, und auch wenn die Konjunkturmaßnahmen jetzt zum Tragen kommen, könnten sie für ein nachhaltig höheres Wirtschaftswachstum zu kurz kommen. Hinzu kommen Risiken wie die demografischen Herausforderungen sowie die Unsicherheiten bei den Zöllen und im Hinblick auf die weitere Entwicklung des Welthandels.
Aufweichung der Klimaziele und ausufernde Haushaltsdefizite
Viele Faktoren verpassen der Nachhaltigkeitsagenda einen Dämpfer. Auch wenn die Energiewende voranschreitet und die Investitionen in alternative Energien steigen, sollten Anleger damit rechnen, dass die Dekarbonisierungsziele immer weiter aufgeweicht werden, je näher das Zieljahr 2030 rückt. Die Dekarbonisierungsverhandlungen werden politischer und pragmatischer, und auch hier dürften Exportzölle eine wichtigere Rolle einnehmen.
Hinzu kommt: Große Volkswirtschaften weltweit – von den USA, Großbritannien und Japan bis hin zu vielen europäischen Volkswirtschaften – haben Haushaltsdefizite von fünf bis sechs Prozent des BIP, und das, obwohl sich Europa eigentlich eine Drei-Prozent-Grenze gesteckt hat.
"Haushaltsdefizite sind per se kein Grund zur Sorge, vor allem bei niedrigen Zinssätzen. Sollten die Defizite jedoch weiter steigen und die Zinsen nicht so stark sinken wie erwartet, wird die Finanzierung immer mehr zum Problem. Diese Dynamik könnte zu einem marktbewegenden Faktor werden", betont Davies.
Wachstum bei geringeren Kursgewinnen
Die derzeitige außergewöhnliche Aktienrally braucht laut Davies eine ganze Reihe an Faktoren, um sich fortzusetzen: Die geopolitische Lage muss sich stabilisieren, das Wachstum muss gut, aber nicht zu stark ausfallen und die Inflation stabil auf einem niedrigen Niveau verbleiben, damit die Zinsen sinken können. Anleger dürfen zwar mit Zugewinnen rechnen, doch das Kurswachstum von 20 bis 25 Prozent am US-Aktienmarkt dürfte sich nicht fortsetzen.
Festverzinsliche Anlagen sollten von einem guten Ausgangspunkt aus in das Jahr 2025 starten: Die Renditen sind attraktiv und die Zentralbanken senken die Zinsen. Allerdings wird es deutliche Performanceunterschiede geben.
"Bei Aktien, genauso wie bei Anleihen, wird die Wertpapierauswahl entscheidend für den Anlageerfolg sein", merkt Davies abschließend an. (aa)