BIT Capital: Kerninflation kann bis Sommer um 1,5 Prozent sinken
Warum die US-Kerninflation bis zur Jahresmitte um 1,5 Prozentpunkte zurückgehen könnte, erläutert der Fondsmanager des BIT Global Leaders. Diese Entwicklung könnte Einfluss auf die Zinspolitik und damit auf das Kursverhalten von Wachstumstitel haben.

© Gene Glover für BIT Capital
Wenn die US-Kerninflation weiter fällt, heißt das für institutionelle Investoren wieder mehr Risikobereitschaft. Die führenden Köpfe der US-Notenbank FED gingen bei ihrer Sitzung Anfang Februar weiterhin davon aus, dass fortgesetzte Zinserhöhungen notwendig sein würden, um die Inflation auf ihr Zwei-Prozentziel zu bringen. Gleichwohl haben fast alle Mitglieder des Gremiums eine Verlangsamung der Zinserhöhungen befürwortet. Noch Ende letzten Jahres sprachen alle Vorzeichen dafür, dass “Higher for longer” auch das Mantra für 2023 sein würde", rekapituliert Marcel Oldenkott, Geschäftsführer und Fondsmanager des BIT Global Leaders bei BIT Capital, in einem "Institutional Money" exklusiv vorliegenden Bericht.
"Doch das Datenbild hat sich in den letzten Wochen aus unserer Sicht in vielen Bereichen entscheidend verändert. Auf Grundlage der uns vorliegenden Datenpunkte kann man annehmen, dass die Kerninflation in den USA bis zur Jahresmitte um mindestens 1,5%-Punkte zurückgehen kann", hält Oldenkott fest.
Trendwende in der Inflationsentwicklung
Zuletzt sahen wir eine Trendwende in der Inflationsentwicklung. Treiber einer zuletzt leicht sinkenden Kerninflation waren Rohstoff- und Güterpreise, wobei die fallenden Preise letzterer im Wesentlichen auf eine Entspannung der globalen Lieferketten zurückzuführen waren. Dies lässt sich beispielsweise am Supply-Chain-Pressure-Index der NY FED ablesen, der zuletzt auf dem niedrigsten Stand seit Ende 2020 notierte.
Die Kerninflation sank insgesamt jedoch wesentlich weniger stark, da Güterpreise in der Berechnungsbasis eine untergeordnete Rolle spielen. Vielmehr sind Dienstleistungen ein wesentlicher Faktor. Preise für diese “Kerndienstleistungen” steigen seit Monaten stetig an und liegen aktuell auf einem Höchststand von 7,2 Prozent für die vergangenen zwölf Monate.
Transport und medizinische Dienstleistungen bereits disflationär
Ein genauerer Blick unter die Oberfläche lässt jedoch erkennen, dass Kategorien, wie etwa Transport oder medizinische Dienstleistungen, bereits disinflationär sind. Demgegenüber hat die Kategorie “Shelter” – also Wohneigentum und Wohnkosten – bisher keinen Rückgang verzeichnet. Dieser Effekt überlagert bisher alle anderen disinflationären Subkategorien.
Mit Blick auf die Negativschlagzeilen, die die Nachrichten zum US-Wohnungsmarkt in den vergangenen Monaten dominiert haben, ist das laut Oldenkott zunächst verwunderlich. Ein wesentlicher Grund hierfür liegt in der Art und Weise, wie Daten in dem Bereich erhoben werden.
Preisentwicklungen im US-Wohnungsmarkt werden nur mit einer erheblichen Zeitverzögerung in der Berechnung der Kerninflation berücksichtigt. Experten gehen davon aus, dass aktuelle Hauspreise oder Mietkonditionen mit einer Verzögerung von bis zu neun Monaten in der Statistik Berücksichtigung finden.
US-Wohnungsmarkt bereits als disinflationär einzustufen
"In unseren eigenen Prognosen greifen wir auf zukunftsorientierte Indikatoren basierend auf alternativen Daten zurück. So bereinigen wir den beschriebenen Zeitversatz in den Daten. Auf Grundlage dieser Berechnungen zeigt sich, dass auch die Entwicklung im US-Wohnungsmarkt bereits als disinflationär einzustufen ist. Unsere Daten lassen uns annehmen, dass die Shelter-Inflation ab dem zweiten Quartal 2023 eine treibende Kraft für den Rückgang der Kerninflation werden könnte", erklärt Oldenkott.
Der wichtigste Teil der Kerninflation sind allerdings Dienstleistungen außerhalb des US-Wohnungsmarkts (Core Services ex-housing), die im Wesentlichen von der wirtschaftlichen Situation der Konsumenten und damit auch vom Arbeitsmarkt abhängen. In diesem Bereich hat die FED bisher noch keine “Fortschritte” erzielen können – die Arbeitslosenquote befindet sich auf dem niedrigsten Niveau seit 1969. Dieser Umstand sollte aber zunächst kein Hindernis für eine weiter sinkende Kerninflation und damit auch kein Grund für zusätzliche Zinserhöhungen seitens der FED darstellen.
Darüber hinaus sprechen auch hier einige Frühindikatoren dafür, dass der Arbeitsmarkt sich sukzessive abkühlt, allerdings ist das Bild weniger klar als im Fall der Wohnpreisinflationsdaten. Wichtiger noch ist, dass das Lohnwachstum in den vergangenen Monaten im Gleichgewicht mit der Kerninflation langsam zurückging. Die Wahrscheinlichkeit einer Lohn-Preis-Spirale ist durch das Vorliegen negativer Realeinkommen als sehr gering einzuschätzen, schreibt Oldenkott des Weitere.
"Marktteilnehmer haben bereits im Januar damit begonnen, dieses Szenario wieder in Betracht zu ziehen. Die Kursanstiege bei Risk-Assets sind ein Indiz dafür. Die spannende Frage bleibt, wie die FED auf diese Entspannung der wirtschaftlichen Bedingungen reagieren wird", erklärt Oldenkott abschließend. (aa)
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