Zu wenig Hedgefonds?
Wie sieht die optimale Asset Allocation eines Universitätsstiftungsvermögens aus? Kapitalmarktforscher der Universität Richmond gingen der Sache auf den Grund und gelangten zu bemerkenswerten Ergebnissen.
Angesichts der vielen Faktoren, die dabei eine Rolle spielen beziehungsweise spielen sollten, steht fest, dass es auch für institutionelle Portfolios nicht die optimale Asset Allocation geben kann. Angefangen bei Rendite-, Risiko- und Liquiditätsfragen, reicht die Reihe der zu lösenden Problemstellungen über Anlagehorizonte und Verbindlichkeitsstrukturen bis hin zu regulatorischen Anforderungen, denen entsprochen werden muss. Das ändert jedoch nichts daran, dass der Einfluss der – jeweils gewählten – Allokation auf die Ergebnisse hoch ist. Institutionelle Asset Allocation ist daher schon seit Jahrzehnten Gegenstand der Kapitalmarktforschung, insbesondere steht die Allokation von Universitäts- und College-Stiftungen im Vordergrund des Interesses. So wiesen bereits 2003 Nicholas Barberis und Andrei Shleifer in „Style Investing“, veröffentlicht im Journal of Financial Economics, darauf hin, dass das Investieren in Investmentstile beziehungsweise in Assets, die anhand gemeinsamer Charakteristika kategorisiert werden können, besonders für Pensionsfonds, Stiftungen, Stiftungsfonds und andere institutionelle Anlegergruppen vorteilhaft sei.
Da sie häufig selbst auferlegten Regeln für die Asset Allocation folgen, vereinfacht Style Investing die Allokationsentscheidungen und hilft bei der Performanceanalyse. Georg Cejnek, Richard Franz, Otto Randl und Neal Stoughton klassifizieren in „A Survey of University Endowment Management Research“, publiziert 2014 im Journal of Investment Management, die Asset Allocation von Universitäten und Stiftungen sowohl in strategische (langfristige) als auch in taktische (vorübergehende oder kurzfristige) Allokationen. Andere Studien untersuchen die Performance von Stiftungen und bieten Erklärungen für die durchschnittliche Vermögensallokation von Stiftungen an. Brad Barber und Guojun Wang beschäftigten sich 2013 in einem Beitrag für das Financial Analysts Journal mit der Frage „Do (Some) University Endowments Earn Alpha?“ und stellten fest, dass einige Fonds in den 20 Jahren bis 2011 positive Alphas erzielten, insbesondere bei Eliteinstitutionen und Spitzenreitern, und zwar in der Größenordnung von 1,7 bis 3,8 Prozent pro Jahr im Vergleich zu Aktien- und Anleihenbenchmarks. Im Durchschnitt, stellen sie jedoch fest, lagen die Fonds-Alphas nahe null. Josh Lerner, Antoinette Schoar and Jialan Wang dokumentierten 2007 in „Secrets of the Academy: The Drivers of University Endowment Success“, publiziert als Harvard Business School Finance Working Paper, dass die Fonds mit der besten Performance aggressiv Kapital für alternative Anlagen bereitstellen. Stephen G. Dimmock wiederum kam 2012 in „Background Risk and University Endowment Funds“, einem Beitrag zur Review of Economics and Statistics, zur Erkenntnis, dass Universitäten mit einem höheren Hintergrundrisiko, sprich einer hohen Volatilität der Einnahmen aus Studiengebühren, staatlichen Zuschüssen, Zuschüssen, Geschenken und anderen nicht aus Stiftungen stammenden Einnahmen wesentlich weniger Kapital für alternative Anlagen und mehr für festverzinsliche Anlagen zur Verfügung stellen. Andrew Lo, Egor Matveyev und Stefan Zeume stellten 2021 in „The Risk, Reward, and Asset Allocation of Nonprofit Endowment Funds“ in ähnlicher Weise fest, dass Stiftungsfonds mit volatiler Beitragsstruktur konservativer investieren und eine höhere Cashquote halten.
Mittelwert-Varianz-optimierte Portfolios
Während diese akademischen Studien sich mit Performance, Renditeverteilungen und Auswirkungen der Asset Allocation auf die Renditevolatilität fokussieren, gingen Tom Arnold, John H. Earl, Joseph Farizo und David North, allesamt Kapitalmarktforscher an der University of Richmond in Virginia, einen anderen Weg. Die Autoren entwickelten optimale Portfolios, die strategische Allokationen darstellen könnten, aber auch taktische Einblicke bieten, indem optimale Allokationen über verschiedene Teilzeiträume innerhalb der gesamten Stichprobe untersucht wurden. Die von Arnold und seinen Kollegen dazu konstruierten Mean-Variance-optimierten Portfolios zeigten, dass optimale Asset-Allokationen oft von dem abweichen, was die Universitätsstiftungen tatsächlich tun. Bei der Erstellung der Mittelwert-Varianz-optimierten Portfolios berücksichtigen sie die Anlageklassen US- und internationale Aktien ex USA, globale festverzinsliche Wertpapiere, Hedgefonds, Private Equity, Immobilien und Rohstoffe (Natural Resources).
Zusätzlich wurden zahlreiche Hedgefondsstrategien analysiert, um zu bestimmen, welche einen Performance- oder Diversifikationsvorteil bietet. Angesichts der umfangreichen Literatur, die Verzerrungen bei den Renditeindizes und Datenbanken von Hedgefonds dokumentiert, wurden Hedgefondsrenditen dabei mit einem Abschlag versehen, um sie realitätsnäher und damit eher in der Praxis erreichbar zu gestalten. Das Autorenquartett testete darüber hinaus Nebenbedingungen wie etwa verschiedene Renditeziele und Beschränkungen – und das über zahlreiche Teilperioden hinweg, um die Notwendigkeit eines Rebalancing zu untersuchen. Schließlich betrachten sie ihre optimalen Allokationsergebnisse im Verhältnis zu durchschnittlichen US-Universitätsstiftungen.
Hohe Hedgefondsgewichtung
Die Ergebnisse des Quartetts der University of Richmond zeigen beispielsweise, dass Hedgefonds in optimierten Portfolios im Allgemeinen beträchtliche Positionen einnehmen. Während Universitäts- und College-Stiftungen in den USA ihre Allokation in Hedgefonds von etwa 5,1 Prozent im Jahr 2000 auf 14,87 Prozent im Jahr 2022 erhöht haben – diese Zahlen sind der NACUBO-(National Association of College and University Business Officers )-TIAA-Studie zu Stiftungen entnommen –, zeigen die Mean-Variance-Portfoliooptimierungen, dass wesentlich größere Hedgefondsallokationen in vielen Fällen zu höheren Sharpe Ratios geführt hätten. Darüber hinaus zeigt die NACUBO-TIAA-Untersuchung von 2022, dass Stiftungen etwa 18,5 Prozent in nicht US-amerikanische Aktien investieren, aber die Autoren müssen feststellen, dass internationale Aktien in optimierten Portfolios selten eine Allokation erhalten.
Angesichts der erheblichen Unterschiede bei den Beschränkungen, denen Stiftungen unterliegen, beabsichtigen Arnold, Earl, Farizo und North, ihre Ergebnisse eher informativ als normativ zu gestalten. Georg Cejnek, Richard Franz, Otto Randl und Neal Stoughton wiesen 2023 in „Portfolio Choice with Endogenous Donations-Modeling University Endowments“, veröffentlicht im Journal of Economics and Business, darauf hin, dass erhebliche Unterschiede bei der Größe der Stiftung, den Ausgabenquoten und den Spenden zu Unterschieden bei den optimalen Stiftungsportfolios führen. Darüber hinaus machen Stiftungsauszahlungen einen zunehmend größeren Anteil der Universitätseinnahmen aus, und die Auszahlungsaktivität weicht nach negativen Schocks häufig von der erklärten Politik ab, wie Jeffrey Brown, Stephen Dimmock, Jun-Koo Kang und Scott Weisbenner 2014 in „How University Endowments Respond to Financial Market Shocks: Evidence and Implications“, publiziert in der American Economic Review, herausfanden.
Daten
Die Auswertungen der Autoren von Januar 1997 bis Juli 2023 basieren auf monatlichen Total Returns für mehrere Indizes, die stellvertretend für ihre Assetklassen stehen: der S&P 500 Index für US-Aktien, der MSCI EAFE Index für internationale Aktien, der Large und Mid Caps aus 21 entwickelten Märkten mit Ausnahme von USA und Kanada abdeckt, der Bloomberg Global Aggregate Bond Index für Investment-Grade-Staats-, Kommunal- und Unternehmensanleihen. Dazu kommen die Renditen des Credit Suisse Hedge Fund Index, ein führender assetgewichteter Hedgefondsindex, der die Performance von etwa 9.000 Hedgefonds abbildet. Die im Index enthaltenen Fonds mussten mindestens 50 Millionen US-Dollar an Assets, einen operativen Betrieb von einem Jahr und geprüfte Jahresabschlüsse aufweisen. Der Index spiegelt die Nettoperformance wider. Der Index versucht, die Auswirkungen von Backfill und Survivorship Bias zu minimieren: Neue Fonds, die dem Index hinzugefügt werden, treten nur auf „Going Forward“-Basis bei, und Fonds im Liquidationsprozess bleiben im Universum. Private Equity misst sich an der Gesamtrendite des Thomson Reuters Refinitiv Private Equity Buyout Index, der die Gesamtperformance des US Private Equity Index durch liquide, öffentlich notierte Assets nachbilden soll. Real Estate ist durch den S&P US REIT Index repräsentiert, der die Gesamtrendite von öffentlich gehandelten Real Estate Investment Trusts mit Sitz in den USA abbildet. Natural Resources werden durch den S&P North American Natural Resources Index dargestellt, der in den USA gehandelte Wertpapiere umfasst, die unter dem GICS-Sektor Rohstoffe und Energie subsumiert werden. Ausgenommen sind hier Chemikalien und Stahl. Als Proxy für den risikofreien Zinssatz dienen den Autoren die Einmonatsrenditen von US-Schatzwechseln von der Website von Kenneth French. Die somit abgedeckten Anlageklassen machen zusammen mit Cash laut Stephen G. Dimmocks Erkenntnis in „The Endowment Model and Modern Portfolio Theory“ fast 98 Prozent der Assets des durchschnittlichen akademischen Stiftungsfonds aus.
Eckdatenvergleich
Stellt man die durchschnittlichen monatlichen Renditen, Standardabweichungen und Sharpe Ratios für die relevanten Assetklassenindizes (siehe Tabelle „Kennzahlenvergleich Assetklassen“) gegenüber, ergibt sich folgendes Bild: Die Indizes mit den höchsten durchschnittlichen monatlichen Renditen sind Private Equity (1,37?%), gefolgt von US-Aktien (0,83?%) und Rohstoffen (0,79?%). Hedgefonds liegen bei der durchschnittlichen monatlichen Rendite unter den nicht risikofreien Indizes zwar nur über globalen Anleihen, bieten aber mit einer Sharpe Ratio von 0,211 die höchste Rendite pro Risikoeinheit. Immobilien haben die niedrigste Sharpe Ratio (0,068) und liegen hinter den internationalen Aktien (0,082) und globalen Anleihen (0,075).
Die Grafik „Risiko-Ertrags-Profil“ stellt die durchschnittlichen monatlichen Renditen (y-Achse) und Standardabweichungen (x-Achse) der Anlageklassen über den gesamten Stichprobenzeitraum dar sowie den Verlauf des optimalen Portfolios nach der Markowitz-Methode. Die Tabelle „Korrelationsübersicht“ gibt einen Überblick über die Korrelationen zwischen den monatlichen Renditen über den gesamten 319-monatigen Stichprobenzeitraum. Es zeigt sich: US- und internationale Aktien sind stark korreliert (? = 0,850), während sie relativ niedrige Korrelationen zum Global Bond Index aufweisen (? = 0,227 beziehungsweise ? = 0,385). Die Korrelationen von Hedgefonds zu US- und internationalen Aktien sind recht ähnlich (? = 0,612 beziehungsweise ? = 0,650), und ihre Korrelation zum Global Bond Index (? = 0,174) ist niedriger als die Korrelation von Global Bond zum US- oder internationalen Aktienindex. Private Equity ist stark mit US-Aktien (? = 0,808) korreliert, jedoch nicht stark mit anderen Anlageklassen. Sowohl Immobilien als auch Rohstoffe weisen tendenziell moderate bis niedrige Korrelationen mit den anderen Anlageklassen auf, was darauf hindeutet, dass sie einen Diversifizierungsvorteil bieten könnten. Ihre Sharpe Ratios sind jedoch möglicherweise nicht groß genug, um ihnen in einem optimierten Portfolio eine bedeutende Allokation zu verschaffen.
Vier Hypothesen getestet
Aufgrund der Statistiken und Korrelationen formulieren die Autoren vier Hypothesen:
• Hypothese 1 (H1): Attraktive Sharpe Ratios und Korrelationen bestimmter Anlageklassen wie Hedgefonds und Private Equity führen dazu, dass diese in optimierten Portfolios beträchtliche Zuteilungen erhalten.
• Hypothese 2 (H2): Andere Anlageklassen wie internationale Aktien, natürliche Ressourcen und Immobilien bieten aufgrund ihrer hohen Korrelationen mit anderen Anlageklassen und/oder unattraktiven Sharpe Ratios keine wesentlichen Diversifikationsvorteile.
• Hypothese 3 (H3): Optimale Allokationen werden im Lauf der Zeit erheblich schwanken.
• Hypothese 4 (H4): Optimale Allokationen werden aufgrund von Investitionsbeschränkungen von den durchschnittlich beobachteten Zuteilungen der Stiftungen abweichen.
In Bezug auf Hypothese 1 legen die relativ großen Sharpe Ratios von Hedgefonds und Private Equity (0,211 beziehungsweise 0,176) nahe, dass sie in Mittelwert-Varianz-optimierten Portfolios beträchtliche Allokationen erhalten werden. Die dokumentierten Verzerrungen bei der Berichterstattung in Hedgefondsdatenbanken können jedoch zu sinkenden Hedgefondsallokationen führen, wenn deren Renditen wegen dieser Biases angepasst werden, um Verzerrungen zu korrigieren. Da man erwarten könnte, dass die Hedgefondsallokationen sinken, wenn ihre Renditen angepasst werden, untersuchen die Autoren das Ausmaß ihrer Allokationsreduktion und wie Kapital effizient auf andere Hedgefondsstrategien und Anlageklassen verteilt werden könnte. Jedenfalls besteht das Mittelwert-Varianz-optimierte Portfolio zu 13,7 Prozent aus globalen Anleihen, zu 75,5 Prozent aus Hedgefonds und zu 10,7 Prozent aus Private-Equity-Investments. US- und internationale Aktien, Immobilien und Rohstoffe werden nicht berücksichtigt. Die durchschnittliche monatliche Rendite dieses optimierten Portfolios beträgt 0,60 Prozent, die Standardabweichung 1,92 Prozent, und die Sharpe Ratio liegt bei 0,227. Die durchschnittliche annualisierte Rendite dieses Portfolios beträgt somit ungefähr 7,44 Prozent.
Steckt man dem Portfolio jährliche Renditeziele zwischen sieben und zehn Prozent, vereinigen in der Version „Unconstrained“ die beiden Assetklassen Hedgefonds und Private Equity bei neun und zehn Prozent Renditeziel die ganze Allokation auf sich. Die geringe Korrelation globaler Anleihen zu allen anderen Anlageklassen trägt zur Diversifizierung bei, bleibt aber bei hohen Renditezielen außen vor. Die erhebliche Zuteilung zu Hedgefonds im optimierten Portfolio wird in der Grafik „Risiko-Ertrags-Profil“ deutlich. Denn der Hedgefondsindex liegt nahe am optimalen Portfolio und weist ähnliche Risiko-Rendite-Eigenschaften auf.
Im Einklang mit H2 zeigt sich, dass internationale Aktien, Immobilien und Rohstoffe keine Allokation erhalten. Es gibt aber bei Zielrenditen von sieben bis zehn Prozent und im optimalen Portfolio überraschenderweise auch keine Allokation in US-amerikanischen Aktien. In der Praxis jedoch wird man eine solche regelmäßig in den Uni-Stiftungsportfolios vorfinden.
Dennoch weisen Stiftungen mit einem Vermögen von über einer Milliarde US-Dollar laut NTSE 2022 im Durchschnitt nur 8,8 Prozent dieser ansonsten beliebten Anlageklasse zu. US-Aktien machen im Allgemeinen einen größeren Allokationsanteil kleinerer Stiftungen aus, nämlich bis zu 44,7 Prozent beispielsweise bei Stiftungen unter 25 Millionen US-Dollar. Die Autoren führen dieses Ergebnis auf die hohe Korrelation von US-Aktien zu Private Equity und die niedrigere Sharpe Ratio von US-Aktien im Vergleich zu Private Equity zurück.
Instabile Korrelationen
In Bezug auf Hypothese 3 ist bekannt, dass Korrelationsprofile zwischen Anlageklassen im Lauf der Zeit dramatisch variieren können, insbesondere im Umfeld bedeutender Marktereignisse. Daher können die Autoren zeigen, dass optimale Allokationen zu Anlageklassen innerhalb ihrer Stichprobe während der Teilperioden erheblich variieren werden. Ein berühmtes Beispiel ist die das Vorzeichen wechselnde Korrelation zwischen US-Aktien und globalen Anleihen: War diese vor der globalen Finanzkrise leicht negativ (? = –0,06), zeigte sie sich danach positiv (? = 0,39). Während die aggregierten Daten implizieren, dass Hedgefonds wahrscheinlich beträchtliche Allokationen rechtfertigen, vermuten die Autoren, dass die Verschlechterung der Hedgefondsperformance nach der globalen Finanzkrise deren Allokation in bestimmten Teilperioden erheblich reduziert. Einige Assetklassen weisen jedoch hohe positive Korrelationen auf, etwa US- und internationale Aktien (? = 0,79 beziehungsweise ? = 0,89 vor respektive nach der globalen Finanzkrise). Einige Assetklassen erhalten daher über Teilperioden hinweg eher Allokationen in optimierten Portfolios, während andere überhaupt selten allokiert werden.
Was H4 anbelangt, sind Marktfriktionen, Ausgabenpläne und Investitionsbeschränkungen zu berücksichtigen. Das wird zu durchschnittlichen Stiftungsallokationen führen, die von der optimalen Allokation abweichen. Die Autoren arbeiten mit bestimmten Beschränkungen. Neben Zielrenditen sind dies Mindest- und Höchstgrenzen für Assetklassenallokationen, um Portfolios zu beobachten, die mehr Praxisbezug besitzen und unter multiplen Nebenbedingungen geführt werden müssen.
Wunsch und Wirklichkeit
Die Autoren sind sich natürlich der Tatsache bewusst, dass Liquiditätserfordernisse, Ausgabenpläne für die Aufrechterhaltung des Studien- und Forschungsbetriebs, Beschränkungen der Freiheitsgrade (etwa in Bezug auf das Shorten oder den Einsatz von Leverage) und der Anlagemandate zu einer Portfoliokonstruktion führen, die es in der Praxis unmöglich macht, dem von den Vieren verwendeten Portfoliooptimierungsmodell von Markowitz, das dieser 1952 vorgestellt hatte, vollumfänglich zu folgen. Die Studienergebnisse sollten daher als Leitfaden und als historische Untersuchung verstanden werden, in der Marktverzerrungen – man denke nur an die Dotcom-Blase, die globale Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 sowie die Covid-19-Pandemie 2020 – relativ häufig vorkamen. Dennoch könnten Praktiker, wenn sie die Assetklassenpositionierung in ihren Portfolios evaluieren, die Erkenntnis dieser Studie berücksichtigen, dass bestimmte Assetklassen durchwegs gedämpfte Sharpe Ratios und hohe Korrelationen zu anderen, attraktiveren Klassen aufweisen.
Tom Arnold, John H. Earl, Joseph Farizo und David North gelingt es anhand von Umfragedaten zu zeigen, dass Universitäten Aktien und festverzinsliche Wertpapiere in ähnlichen Gewichtungen halten, wie es den Berechnungen der vier Kapitalmarktforscher bei entsprechenden Nebenbedingungen entspricht. Unterschiede treten jedoch zutage bei der Allokation in Hedgefonds- und Private-Equity-Strategien, indem Erstere etwas untergewichtet, Zweitere hingegen übergewichtet sind.
Schließlich stellen die Autoren Bereiche für weitere Kapitalmarktforschungsinitiativen vor. Dabei geht es um die wachsende Bedeutung alternativer Risikoprämien, die systematisches und kostengünstiges Engagement in Long/Short-Strategien über alle Anlageklassen hinweg bieten. Während aktuelle Umfrageergebnisse darauf hindeuten, dass alternative Risikoprämienstrategien von institutionellen Anlegern noch nicht weithin angenommen werden, weisen einige Strategien beträchtliche Sharpe Ratios mit geringer Korrelation zu anderen gängigen Anlageklassen auf und könnten in Zukunft die Karten neu mischen.
Dr. Kurt Becker