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1/2023 | Theorie & Praxis
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Wohin mit dem Geld?

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Pensionsfonds haben aktuell folgende Themen: die höhere Inflation, weniger akkommodierende Zentralbankpolitik und größere geopolitische Unsicherheit. Trotz der Risiken und Unsicherheiten müssen die Pensionskassenverantwortlichen ihre Portfolioallokation bestimmen. Gegebenenfalls muss später nachjustiert werden.

© thodonal | stock.adobe.com
Was tun die Pensionskassen weltweit und in ­Europa? Wie reagieren sie auf die hohe Infla­tion und die Zinswende? Warum wird thematisches Investieren wichtiger, und wie können sich aktive und passive Strategien sinnvoll ergänzen? Diesen und weiteren Fragen ging Prof. Amin Rajan, Chef des Londoner ­Research-Hauses Create-Research, in seiner Pensionsfondsstudie vom Dezember 2022 nach.
 
Für die Umfrage befragte er 152 Pensionskassenverantwortliche aus 17 Märkten, die zusammen Vermögenswerte in Höhe von 1,98 Billionen Euro verwalten. Neben der ­Umfrage führte Rajan auch strukturierte Interviews mit ­Entscheidungsträgern aus 30 der teilnehmenden Organisationen, um die Hintergründe zu den Umfrageergebnissen weiter auszuleuchten. Beauftragt wurde die Umfrage von Amundi, denn der Asset Manager sieht, dass Pensionskassen derzeit gleich vor mehreren Herausforderungen stehen. „Pensionsfonds haben aktuell folgende Themen: die höhere Inflation, weniger akkommodierende Zentralbankpolitik und größere geopolitische Unsicherheit“, meint Francesca ­Ciceri, die bei Amundi das institutionelle Kundengeschäft leitet.
 
Viele unbekannte Risiken
Der Zusammenfassung für seine Umfrage verpasst Rajan folgende Überschrift: „Die Unbekannten, die vom Unerkennbaren überwältigt wurden“ („The unknowns over­whelmed by the unknowables“). Er verdeutlicht damit, dass man zum einen die Pensionskassen beleuchten muss, weil ihre genauen Aktivitäten nur wenigen bekannt sind, und dass zum anderen die Pensionskassenverantwortlichen von der Wucht der einsetzenden Inflation und den Gegenmaßnahmen der Zentralbanken überrascht wurden und sie daher viele Risiken nicht vorhersehen und bewerten konnten. 
 
„Pensionspläne haben lange Planungshorizonte und jahrzehntelange Verbindlichkeiten. Angesichts dessen stehen sie vor vielen offenen und derzeit noch unerkennbaren Risiken“, schreibt Rajan in der Zusammenfassung. Dessen ungeachtet bleibt den Pensionskassenverantwortlichen nichts anderes übrig, als sich trotz der Unsicherheiten und Risiken jederzeit ein Bild über die künftigen Markt-, Inflations- und sonstigen Entwicklungen zu machen und ihre Portfolios entsprechend auszurichten. Nicht funktionierende Allokationen müssen dann gegebenenfalls nachjustiert werden.
 
Aktuell rechnet die überwiegende Mehrheit der teilnehmenden Pensionskassen mit den folgenden Entwicklungen (siehe Chart „Generelle Markteinschätzungen“).
• Die Zinssätze werden strukturell steigen.
 
• Die Assetrenditen werden deutlich unter denen der ­letzten Jahrzehnte liegen.
• Aktuell spielt die Inflation bei der Vermögensallokation eine wichtige Rolle.
Was die wirtschaftliche Produktivität angeht, haben die ­Pensionskassen ein eher negatives Bild von der künftigen Entwicklung. In den kommenden drei Jahren rechnet die Mehrheit der Antwortenden mit einer Jahrhundertstagna­tion (38 Prozent) beziehungsweise einer Stagflation (50 Prozent). Insgesamt scheinen die meisten Marktteilnehmer zu erwarten, dass die Inflation weiterhin hoch bleibt. „Die ­gestiegene Inflation betrifft beide Seiten der Bilanz von Pensionsplänen – die Aktiv- und die Passivseite“, schreibt Rajan. Etwas Gutes können aber nur die wenigsten Pensionskassen der erwarteten hohen Inflation abgewinnen: 59 Prozent glauben, dass die steigende Inflation die Bedeckungsquote ihrer Pensionseinrichtung negativ beeinflussen wird, 30 Prozent sehen einen neutralen Einfluss, und nur elf Prozent rechnen mit einem positiven Einfluss auf die Bedeckungsquote ihrer Einrichtung.
 
Drei Ziele, drei Lösungsansätze
Um ihre Verpflichtungsseite bedecken zu können, müssen die Pensionskassen ihre Asset Allocation so aufbauen, dass sie für unterschiedliche Marktszenarien und -einflüsse ­gewappnet sind. Für die Studie teilt Rajan die Bedürfnisse der Pensionseinrichtungen in drei Bereiche, die jeweils ein klares Ziel haben (siehe Chart „Drei Themenbereiche“):​
• Der erste Bereich betrifft die Suche nach attraktiven ­Renditen. Aktuell setzt die Mehrheit der Pensionskassen dazu auf globale Aktien, US-Aktien, europäische und ­chinesische Aktien.
• Der zweite Themenkranz betrifft die Suche nach dem geeigneten Inflationsschutz. Diesen hoffen die meisten Pensionskassen in Qualitätsaktien, Immobilien, Private Debt, Infrastruktur, Rohstoffen und Private Equity zu finden.
• Die dritte Herausforderung ist die Suche nach Sicherheit und Kapitalerhalt. Dazu bauen viele Pensionskassen ­derzeit entsprechende Allokationen in US-amerikanischen, europäischen und chinesischen Staatsanleihen auf.
 
Rajan erklärt, dass jeder der gefundenen Lösungswege seine eigenen Unbequemlichkeiten bereithält. So weisen Assets, die Inflationsschutz bieten, oft nur eine geringe Liquidität auf, und außerdem gibt es davon teilweise nicht genug. Auch um die Sicherheit vermeintlich „sicherer“ Assets sei es nicht immer so gut bestellt wie erhofft, meint Rajan. Er ­verweist auf das Debakel um den britischen Gilt-Markt im September 2022, der die Frage aufgeworfen hat, wie sicher Staatsanleihen tatsächlich sind (zur Rettung der britischen Pensionskassen siehe Seite 230 in dieser Ausgabe). Auch wer auf chinesische Staatsanleihen setzt, habe nicht nur den Vorteil des Wachstums dieser großen Volkswirtschaft, sondern gleichzeitig auch Zweifel. Diese betreffen Chinas stark schuldenfinanziertes Wachstumsmodell, die politische Einmischung der Regierung in die Kapitalmärkte sowie Menschenrechtsverletzungen.
 
Fokus auf thematische Investments
Um tiefer in den ersten Themenbereich, die Suche nach ­attraktiven Renditen, einzusteigen, beleuchtet die Studie das jüngst stärker gewordene Interesse an thematischen Investments und wo es herrührt. „Allgemein wird die aktuelle ­Bewertung der Aktienmärkte als hoch angesehen, trotz der Korrekturen 2022“, schreibt Rajan. Der generell hohen Aktien­marktbewertung begegnen die befragten Pensionskassenverantwortlichen, indem sie Ausschau nach attraktiven Themenprämien halten. 46 Prozent der Umfrageteilnehmer sind der Ansicht, dass solche Prämien derzeit in großem Ausmaß existieren, und weitere 35 Prozent glauben, dass es sie zumindest zu einem gewissen Grad gibt (siehe Chart „Themenprämien erwartet“). Daher sind in der Post-Pandemie-Ära viele Investoren auf die Megatrends aufgesprungen, die sich aus den sogenannten „disruptiven Innovationen“ ergeben. Die Pensionskassenverantwortlichen hoffen darauf, dass diese Innovationen zu einer Veränderung öffentlicher und unternehmerischer Politik führen, was dann den Weg für neue Geschäftsmodelle ebnen sollte. Die sich daraus ­ergebenden Veränderungen und Chancen sollen sich exponentiell entwickeln – so die Erwartung. Entsprechend wollen 60 Prozent der Pensionskassen ihre Aktienallokationen mithilfe von Themeninvestments erhöhen, und nur vier Prozent wollen thematische Investments verringern (siehe Chart „Themenprämien erwartet“).
 
Den folgenden fünf Trends trauen die Investoren zu, ­positive Treiber für gelungene Themeninvestments zu sein:
• Klimawandel / allgemeine ESG-Trends / 
saubere Technologien
• Inflation
• Gesundheit / Health Tech
• Alternde Gesellschaft
• Aufstieg Chinas zu einer wirtschaftlichen Supermacht
 
Aber so einfach wie auf den ersten Blick gestaltet sich thematisches Investieren in der Praxis nicht, denn die Werkzeuge dafür entwickeln sich erst noch. „Die wichtigste Einschränkung ist das Fehlen eines allgemein anerkannten Klassifizierungssystems, das für die Portfoliokonstruktion, die Managerauswahl und das Peergroup-Benchmarking essenziell ist“, schreibt Rajan. Eine weitere Einschränkung stelle das noch begrenzte Universum an „Pure Play“-Unternehmen dar, die von den wichtigen treibenden Trends profitieren wollen. „Diese Einschränkungen werden aber nachlassen, weil das Interesse an thematischen Investments auf breiter Basis ansteigt“, meint Rajan.
 
Aktiv und passiv im Tandem
Ein weiteres Thema sind ETFs und andere passive Strategien. Lange Zeit war die Meinung verbreitet, passive Strategien seien ein Luxus, der sich lediglich in Bullenmärkten halten könne. In den turbulenten Märkten 2022 stellte sich jedoch anderes heraus: Im Jahr 2022 büßten passive Strategien nichts von ihrer Popularität ein. Im ­Gegenteil, in den schwierigen Marktphasen 2022 konnten sie sogar ihre immanenten Vorteile besonders gut unter Beweis stellen und damit die Pensionskassenverantwortlichen überzeugen:
• niedrigere Kosten, die sich insbesondere in Zeiten ­niedriger Nominalrenditen positiv bemerkbar machen
• besser vorhersehbare Performance
• ihre Rolle als effektive Liquiditätsquelle, mit deren 
Hilfe Pensionskassen schnell auf Cashflow-Bedürfnisse reagieren können
• die Möglichkeit, sie als Hedging-Instrument einzusetzen, weil kurzfristige Volatilitäten auch immer wieder zu ­Opportunitäten führen
• ihre Rolle als internationale Diversifizierer, wenn sich die Hauptmärkte desynchronisieren
Nicht erst seit dem Jahr 2022 kommen daher passive Stra­tegien bei den meisten Pensionskassen in der einen oder ­anderen Form zum Einsatz (siehe Chart „Einsatz passiver Strategien“). Nur acht Prozent der Studienteilnehmer sind aktuell überhaupt nicht in passiven Strategien investiert. Bei 38 Prozent machen sie zwischen einem und 25 Prozent des Portfolios aus, und die Mehrheit (54 Prozent) ist zu über 25 Prozent in passiven Strategien allokiert.
 
Und wohin geht der Trend? Ein knappes Drittel der ­Befragten (29 Prozent) will in den kommenden drei Jahren seinen Anteil an passiven Strategien erhöhen, während der überwiegende Teil (55 Prozent) den Anteil ungefähr gleich halten will. Nur 16 Prozent wollen ihren Anteil zurück­fahren. Doch angesichts der Tatsache, dass die Zentral­banken einen Gang zurückschalten, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich Aktienpreise wieder ihrem Fair ­Value annähern. Aktuell ist zu beobachten, dass sich die ­Indexkomponenten in den wichtigsten Märkten über die Branchen hinweg unterschiedlich entwickeln. Solche unterschiedlichen Entwicklungen begünstigen wiederum eine ­aktive Aktienauswahl. „Die Wachstumsgeschwindigkeit bei den passiven Strategien wird sich daher verlangsamen, und aktive und passive Strategien werden sich in den diversifi­zierten Portfolios der Pensionskassen ergänzen“, meint Rajan. Francesca Ciceri von Amundi kann diesen Trend bestätigen: „Pensionsfonds sehen derzeit die Notwendigkeit, aktive und passive Anlagen zu ergänzen, um kosteneffiziente Portfolios zu erzielen.“
 
China auf dem Zettel
Ein weiterer Trend sind China-Investments. Bisher sind die Allokationen hier sehr niedrig. 60 Prozent der befragten Pensionseinrichtungen haben gar keine China-Investments. Unter denen, die in China engagiert sind, liegt die durchschnittliche Allokation bei etwa sieben Prozent, wobei ein Großteil des Aktienengagements aus Offshore-H-Aktien ­besteht, die in Hongkong gelistet sind. „Obwohl China rund 34 Prozent am MSCI EM Index ausmacht, beträgt der Anteil von Mainland-A-Shares am Index nur fünf Prozent“, schreibt der Report. 
Die befragten Pensionseinrichtungen sehen zwar, dass Chinas enormes Wachstum gut 500 Millionen Bürgern aus der Armut geholfen hat, aber sie berücksichtigen auch die sich verschlechternde geopolitische Situation zwischen ­Amerika und China und die generelle wirtschaftliche ­Entkopplung zwischen China und dem Westen. Auf der ­anderen Seite stehen das große Potenzial Chinas und seine Funktion als Diversifizierer angesichts der niedrigen ­Kor­relation seiner Assets gegenüber denen der Industrie­länder.
 
Große Pensionspläne aus so unterschiedlichen Ländern wie Australien, Kanada, Frankreich Deutschland, Schweden, den Niederlanden, Großbritannien und USA waren Vor­reiter bei China-Investments. Sie verfügen über die Governance-Strukturen und über das notwendige Know-how für Chinas Wirtschaft, wo zuletzt stark konzentrierte aktive Strategien ­gegenüber passiven an Bedeutung gewonnen haben. Sie glauben auch, dass China nicht länger zu den „Emerging Markets“ gezählt werden sollte, sondern eine eigen­ständige Kategorie im MSCI All Countries Index verdient. Insgesamt ist das China-Bild gespalten, wobei für viele ­Pensionskassen die Chancen des großen Landes die Risiken zu überwiegen scheinen.

Anke Dembowski

Anhang:

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