Logo von Institutional Money
Geben Sie Ihren Benutzernamen und Ihr Passwort ein, um sich an der Website anzumelden:
4/2022 | Theorie & Praxis
twitterlinkedInXING

Steigerungspotenzial

Eine aktuelle Studie beleuchtet den Umgang von Pensionsfonds mit dem Thema Impact Investing. Sie zeigt, dass dem grundsätzlichen Interesse daran durchaus noch beträchtliche Hürden in der praktischen Umsetzung gegenüberstehen.

1669634360_tp_18.jpg

Impact Investing genießt zwar den Ruf, die wirkungsvollste Sparte des ESG-Universums zu sein, aus der Sicht von Pensionsfonds stellt es in der praktischen Umsetzung aus mehreren Gründen aber auch eines der schwierigsten Themen dar.

© patpitchaya | stock.adobe.com
Wer wirklich ernsthaft an der ökologischen und sozialen Verwendung seines ­Kapitals interessiert sei, müsse „Impact Investing“ betreiben, meinen die strengsten Apologeten der nachhaltigen Geldanlage. Dagegen lässt sich auch kaum etwas einwenden, allerdings ist nicht alles, was bei Investmentthemen wünschenswert wäre, auch ohne Weiteres in der Praxis umsetzbar. Das gilt im Besonderen für institutionelle Anleger, die neben dem Nachhaltigkeitsanspruch einer Vielzahl von anderen Anforderungen gerecht werden müssen. Einen interessanten Einblick in den Stand der Dinge aus der Sicht von Pen­sionsfonds liefert die Untersuchung „Impact Investing 2.0 – Advancing into ­public ­markets“. Diese Umfrage richtet das ­Augenmerk auf die verbleibende Säule der Nachhaltigkeit – Impact Investing“, erklärte Studienautor Amin Rajan, Chief Executive von Create-Research, anlässlich der Veröffentlichung. Für die von der DWS finanziell unterstützte Studie wurden im Frühsommer 2022 Entscheidungsträger von 50 großen Pensionsfonds in Europa, Australasien und Nordamerika befragt, in Summe ver­walten diese Fonds ein Vermögen von mehr als 3,3 Billionen ­Euro.
 
Im Zentrum standen drei übergeordnete Fragen: Wie weit sind Pensionsfonds bei der Berücksichtigung von ­Impact Investing und welche Themen werden derzeit favorisiert? Welche Hürden bestehen bei der Implementierung von ­Impact Investing und wie können diese überwunden werden, um auch in öffentlichen Märkten zu investieren? Drittens wurden die Pensionsfondsverantwortlichen gefragt, über welche Benchmarks und darauf basierende Fonds die Impact-Ziele erreicht werden sollen. Aber auch die maximal erlaubte ­Höhe des Tracking Errors und die wesentlichen Kriterien bei der Auswahl von (externen) Asset Managern standen im Untersuchungsfokus. Und schließlich wurden die Investoren nicht nur betreffend ihrer „aktiven“, sondern zum Teil auch hinsichtlich ­ihrer „passiven“ Portfolios befragt. Das liegt unter anderem wohl daran, dass der für ­Indexprodukte zuständige Geschäftsbereich der DWS die (unabhängige) Create-Studie finanziert hat, um daraus wertvolle Ein­blicke zu erhalten. 
 
Obwohl es Impact Investing seit rund 40 Jahren in diversen Varianten gibt, fristet das Thema nach wie vor ein Nischendasein, wie ein Vergleich der über diesen Ansatz verwalteten Gelder zeigt. Laut der letzten veröffentlichten Studie des Global Impact Investment Network aus dem Jahr 2021 belief sich das Impact-Investing-Universum per Ende 2020 auf 715 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Gemäß der „Global Sus­tain­­able Investment Alliance“ belief sich die Summe aller nachhaltigen Anlagen Ende 2020 auf 35 Billionen US-Dollar. Und das „Capital Market Fact Book 2021“ schätzt den globalen Anleihenmarkt auf ein Volumen von 123,5 Billionen US-Dollar und den Aktienmarkt auf 105,8 Billionen US-Dollar. Im Vergleich zu diesen gesamthaften 229,3 Billionen US-Dollar stellen die 715 Milliarden US-Dollar an Impact-Investments lediglich einen Anteil von 0,31 Prozent dar. Auch im Vergleich zu den 35 ­Billionen an Nachhaltigkeitsanlagen ist ­Impact Investing nur etwas größer als zwei Prozent. 
 
Abgesehen von der überschaubaren Größe und der damit einhergehenden Illiquidität von Impact-Investments kommt für Großanleger das Problem hinzu, dass Impact ­Investing traditionell überwiegend über die besser beeinflussbare Private-Debt- beziehungsweise Private-Equity-Schiene erfolgt. Die öffentlichen Märkte ermöglichen bislang nur wenige „reinrassige“ Investment­opportunitäten im Bereich Impact Investing. Als Folge davon sind diese wenigen verfügbaren Instrumente in der Regel „overcrowded“, sprich: hoch oder zu hoch bewertet. „Bisher war es auf den öffentlichen Märkten selten möglich, Unternehmen zu finden, die dem Bereich Impact Investing zuzuordnen sind, ohne ein stark konzentriertes Portfolio zu haben“, erläutert Rajan. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass ­Impact Investing bis vor Kurzem noch ­immer die Domäne von philanthropischen Investoren wie Stiftungen oder multilate­ralen Organisationen war. Inzwischen scheinen aber Pensionsfonds und deren Gremien nach Durchlaufen der bei Profianlegern ­üblichen mehrstufigen und länger dauernden Informationsgewinnungs-, Entscheidungs- und Implementierungsprozesse an Impact Investing langsam, aber sicher Geschmack zu finden. Dabei liegt die Betonung auf „langsam“.
 
Auf die im Rahmen der Interviews gestellte Frage, auf welcher „Etappe“ dieser Prozesskette der eigene Pensionsfonds derzeit hinsichtlich der Berücksichtigung von Impact-Investments sei, gaben hinsichtlich des „aktiv“ verwalteten Portfolios 34 Prozent der Befragten in den Interviews an, „steigendes Bewusstsein“ zu entwickeln, 32 Prozent stehen „kurz vor einer Entscheidung“. Eine Stufe weiter und damit in der „Implementierungsphase“ sind 24 Prozent, und immerhin zehn Prozent haben Impact Investing bereits „vollständig eingebettet“ („fully embedded“). Weniger weit sind die Pensionskassen mit ihren passiven Port­folios. Hier entwickeln erst 46 Prozent „steigendes Bewusstsein“, 32 Prozent sind „kurz vor einer Entscheidung“, 18 Prozent sind beim „Implementieren“, und lediglich vier Prozent können stolz von einer „vollständigen Einbettung“ berichten.
 
Die befragten Pensionsfonds allokieren im Rahmen ihrer Impact-Investing-Strategien ihre Gelder am liebsten in Themen (Anmerkung: Mehrfachnennungen möglich) wie „Grüne Energie“ (34 %), Biodiversität (32 %), Reduzierung sozialer Ungleichheit (30 %), Governance (28 %), Sozialbau (28 %) und bessere Bildung (26 %).
 
Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat überraschenderweise Auswirkungen auf das Impact Investing. Immerhin 70 Prozent der befragen Pensionsfonds gaben die „Russische Invasion in die Ukraine“ als Grund dafür an, bislang und vor allem derzeit nicht in Impact-Fonds zu investieren. Rajan ­begründet das in der Studie unter anderem damit, dass die Industrieländer aufgrund des Wirtschaftskriegs mit Russland zur Sicherung ihrer eigenen kurzfristigen Energieversorgung derzeit wieder stärker auf Kohle und ähnlich „schmutzige“ fossile Energieträger zurückgreifen müssten und damit das Ziel einer Netto-Null-CO2-Emisssionsstrategie gefährdeten. Immerhin könnten zur Kompensation des aktuellen (Mehr-)Verbrauchs zukünftig noch strengere Treibhausgasreduktionsmaßnahmen drohen. Daher halten Profianleger bis auf Weiteres investmenttechnisch die Füße still, bis mehr Visibilität besteht, beziehungsweise scheuen in schwierigen Zeiten langfristige Neuanlagen, die wertvolle Liquidität binden.
 
Die mit 68 Prozent am zweitöftesten angeführte Hürde (Mehrfachnennungen möglich) ist das „Fehlen eines allgemein gültigen Rahmenwerks für Wirkungsmessung und Berichterstattung“. Rajan erachtet das Fehlen eines weithin akzeptierten Regelwerks betreffend die Impact-Investing-Wirkungsmessung inklusive des entsprechenden Reportings treffend als „die Achilles­ferse von Impact Investing“. 
 
Platz drei der Nennungen (66 %) belegt die Antwortmöglichkeit „Keine eindeutigen Hinweise darauf, dass die Finanzmärkte ESG-Risiken derzeit einpreisen.“ Auf Platz vier (64 %) hievten die befragten Investoren die Sorge vor „Impliziten ­Interdependenzen und Trade-offs zwischen E, S und G“. Eine (Investment-) Entscheidung zum Vorteil eines der drei Buchstaben respektive der dahinter ­stehenden Motive könnte zum Nachteil eines anderen Bereichs gehen, merkt der Studienautor an: So könnte bei „E“ zum Vorteil des Weltklimas auf die Förderung von im Boden liegenden fossilen Rohstoffen verzichtet werden. Dies würde aber aus dem sozialen Blickwinkel des „S“ die Interessen lokaler Gemeinschaften schädigen, die auf gut bezahlte Jobs und entsprechende Einnahmen aus Förderlizenzen verzichten müssen. Weitere Faktoren, die Pensionsfonds bei ihren Impact-Investing-Überlegungen berücksichtigen und dabei insbesondere als Hindernisse erachtet werden, können Sie der Grafik „Hindernisse“ entnehmen. 
 
Trotz dieser von Pensionsfonds genannten Bedenken und Hürden gibt es inzwischen mehrere Faktoren, die für die Überwindung der genannten Hindernisse und damit für eine steigende Gewichtung von Impact Investing in deren Portfolios sorgen.
 
Wichtige Treiber
Auf die Frage nach den Gründen für das Interesse des eigenen Pensionsfonds an Impact Investing gaben 64 Prozent der Befragten (Mehrfachnennungen möglich) an, dass „immer mehr Unternehmen und Regierungen das Netto-Null-Zins-Ziel anstreben“. Mit 62 Prozent knapp dahinter kommen „Neue Verordnungen, die eine obligatorische Berichterstattung von ESG-Risiken vorschreiben“ und mit 60 Prozent „Bessere Aussichten auf einen doppelten Nutzen“. Platz vier teilen sich mit jeweils 58 Prozent der Nennungen „Steigendes Inter­esse an thematischen Investments als ­säkularer Trend“ und „Zunehmende juristische Klagen gegen Klimaverschmutzer“. In diesem Zusammenhang erinnert Rajan an ein aufsehenerregendes Urteil eines niederländischen Gerichts, das das Öl- und Gasunternehmen Shell zu einer Reduzierung seiner CO2-Emissionen um 45 Prozent im Vergleich zu 2019 bis zum Jahr 2030 verurteilte.
 
Die Studienersteller fragten infolge nach, was das Interesse an Impact Investing insbesondere auf „öffentlichen Märkten“ antreibt. Auf Platz eins mit 66 Prozent nannten die Pensionsfonds „Verstärkte Engagement-Aktivitäten“. „Diese Aktivitäten sind weithin als entscheidend anerkannt, um börsennotierte Unternehmen zu einem integrativeren, zweckorientierten Modell des Kapitalismus zu ermutigen. Dies geschieht in der Überzeugung, dass diejenigen, die Teil des Problems sind, auch Teil der Lösung sein können“, erklärt Rajan. 62 Prozent erhielt die Antwortmöglichkeit „Wachstum bei Unternehmen, die sich vom ­Klimaschlusslicht zum Klimavorreiter entwickeln“. Die Pen­sionsfonds erhoffen sich über diese „Turnaround“-Investments aus Sicht eines Impact-Investors wohl satte Überrenditen. Auf Rang drei mit 58 Prozent hievten die Pensionsfonds das Argument „Verbesserte Standards für die Bewertung der ­Intentionalität, Zusätzlichkeit und Messbarkeit“. Als wichtig erachten die befragten Profianleger auch das „Wachstum bei innovativen ,reinen‘ Impact-Lösungs-Anbietern auf öffentlichen Märkten“, das es jedoch mit 54 Prozent nur auf Platz vier schaffte. Was Pensionsfonds darüber hinaus als relevant erachten, finden Sie in der Tabelle „Gründe für Impact-­Investments“.
 
Impact über Indizes
„Es gibt keine allgemein gültige Methodik bei der Konzeption von Impact-Indizes, zeigt unsere Umfrage“, erläutert Rajan. Die den Pensionsfonds gestellte Frage nach den derzeit und in den kommenden drei Jahren wichtigsten verwendeten Vehikeln (Fonds) im Bereich passives Impact Investing liefert ein breites Spektrum an Antworten. Rajan zufolge können Investoren auf diesem Gebiet grundsätzlich drei Herangehensweisen wählen: individualisierte (customized) Fonds, Themenfonds oder „Core“-Fonds. Abhängig von der gewählten Herangehensweise beziehungsweise Produktgruppe kommen in der Folge unterschiedlich konzipierte ­Indizes in Betracht, wobei diese laut den ­befragten Pensionsfonds in den kommenden drei Jahren an Bedeutung gewinnen werden. Dabei stehen vor allem Themenfonds derzeit und auch zukünftig inklusive der ­zugrunde liegenden Benchmarks, die sich beispielsweise an den Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen (SDGs) orientieren, am höchsten in der Investorengunst, wie die Grafik „Tools für Impact-­Investoren“ veranschaulicht.
 
Bei passiven, an Benchmarks ausgerichteten Strategien stellt sich vor allem beim Impact-Ansatz die Frage, wie viel Tracking Error Investoren maximal akzeptieren. Pensionsfonds scheinen diesbezüglich nur wenig Freiraum zu gewähren. Sechs Prozent fordern einen Tracking Error von null, 54 Prozent akzeptieren eine Bandbreite zwischen 0,1 und 0,9 Prozent. Mehr als jeder Vierte (26 %) gibt sich mit einer Spanne von 1,0 bis 2,9 Prozent zufrieden. Mehr als fünf Prozent Abweichung erlauben lediglich fünf Prozent der Umfrageteilnehmer. Der Chief Executive von Create-Research sieht dabei ein klares Paradoxon: Auf der einen Seite erachten Investoren Impact Investing als langfristiges Bemühen für eine positive Wirkung, auf der anderen Seite tolerieren sie nur einen niedrigen Tracking Error. 
 
Kostenlose Option
Die Zwiespältigkeit der Investoren zeigt sich Rajan zufolge auch an deren Erwartungshaltung: Impact Investing soll im ­Idealfall für Überrenditen sorgen, ohne ­dabei übermäßige Risiken zu bergen. „Mit anderen Worten: Investoren suchen nach ­einer kostenlosen Option, die einen Vorteil bietet, wenn die Märkte beginnen, die Impact-Risiken einzupreisen, und einen Schutz vor Kapitalverlusten, wenn dies nicht der Fall ist“, merkt Rajan an, um darauf auf­bauend folgende Empfehlung auszusprechen: „Daraus ergibt sich, dass Indexkonstrukteure bei der Auswahl der Unternehmen, aus denen sich die Impact-Investing-Indizes zusammensetzen, sehr klug vorgehen müssen, wenn sie einen echten Mehrwert bieten wollen.“
 
Auswahlkriterien
Zuletzt wurde erhoben, auf welche Kriterien Investoren am stärksten achten, wenn für den Bereich Impact Investing ein externer Asset Manager gesucht wird. Am wichtigsten ist den Pensionsfonds ein ausreichend großer „Stewardship und Proxy Voting Track Record“ (76 %), knapp gefolgt ex aequo mit jeweils 74 Prozent von „Ausreichende Kapazitäten und Track Record, um das Impact-Ziel der Kunden zu erbringen“ und „Reporting-Fähigkeit“. 
 
Impact über ETFs
Vor dem Hintergrund, dass zur Erreichung der angestrebten Netto-Null-Emissionen 2050 und SDG-Ziele der Vereinten ­Nationen billionenhohe Investments notwendig sind, die nur auf den globalen  ­öffentlichen Anleihen- und Aktienmärkten zur Verfügung stehen und damit auch über ETFs finanziert werden müssen, bricht ­Simon Klein, Global Head of Passive Sales bei der DWS, abschließend eine Lanze für Indexfonds: „Passive Investments können Impact Investing den notwendigen Rückenwind geben.“

Anton Altendorfer

Anhang:

twitterlinkedInXING
Institutional Money Kontakt
Logo von Institutional Money
Institutional Money
c/o FONDS professionell Multimedia GmbH, Landstrasser Hauptstraße 67, EG/Hof, 1030 Wien

Telefon: +43 1 815 54 84-0
Fax: +43 1 815 54 84-18
E-Mail: office@institutional-money.com

Redaktion Köln:
Hohenzollernring 52
50672 Köln
Telefon: +49 221 33 77 81-0
Telefax: +49 221 33 77 81-19
 Schließen

Mit der Nutzung dieser Website stimmen Sie der Verwendung von Cookies und unserer Datenschutzerklärung zu. Mehr erfahren