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4/2024 | Theorie & Praxis

Schuldenvergleich

Wie sehen jene US-Firmen, die Privatkredite aufnehmen, im Vergleich zu solchen aus, die Bankkredite einsetzen oder beide Finanzierungsinstrumente nutzen? Eine aktuelle Studie bringt erstaunliche Erkenntnisse.

Für sehr viele Unternehmen stellt sich die Frage nach „Private Debt“ oder „Bankkredit“ gar nicht, sie nutzen beide Finanzierungsinstrumente. In der Analyse der ­Unternehmen beziehungsweise ihrer Verschuldungsstruktur tritt jedoch eine Vielzahl von Fragen auf, denen eine aktuelle Forschungsarbeit auf den Grund ging. 
Für sehr viele Unternehmen stellt sich die Frage nach „Private Debt“ oder „Bankkredit“ gar nicht, sie nutzen beide Finanzierungsinstrumente. In der Analyse der ­Unternehmen beziehungsweise ihrer Verschuldungsstruktur tritt jedoch eine Vielzahl von Fragen auf, denen eine aktuelle Forschungsarbeit auf den Grund ging. © GMF

Der globale Markt für Privatkredite (Private Debt; PD) ist in den letzten Jahren exponentiell gewachsen, von 230 Milliarden US-Dollar im Jahr 2008 auf fast 1,7 Billionen Dollar im Jahr 2023. Der US-Markt für Private Debt ist mittlerweile vergleichbar groß wie die Märkte für Leveraged Loans und Hochzinsanleihen. ­Eine wichtige Sorge, die von Presse, Praktikern und politischen Entscheidungsträgern gleichermaßen geäußert wird, ist, dass Private-Debt-Kreditgeber, vorwiegend Private-Debt-Fonds oder Business Development Companies (BDCs), ­Banken bei der Kreditvergabe an Unternehmen verdrängen. Darauf wies auch die Bank of England in ihrem Financial Stability Report für 2023 hin.

Während frühere Studien die Wahl der Unternehmen zwischen Anleihen (öffentliche Schulden, Public Debt) und Bankkrediten untersuchten, ist das Verständnis von Private Debt nach wie vor begrenzt. Wie unterscheiden sich Private Debt und Bankkredite voneinander, und wie interagieren sie? Welche Kriterien geben bei Unternehmen den Ausschlag für eine Fremdfinanzierung wie Bankkredit und/ oder Private Debt? Konkurrieren Private-Debt-Kreditgeber mit Banken um dieselben Kreditnehmer, oder bedienen sie ein völlig anderes Segment von Kreditnehmern? Wie wirkt sich der Anstieg von Private Debt auf die Kreditvergabe durch Banken aus? Irina Stefanescu, Sharjil Haque, beides Ökonomen vom Federal Reserve Board in Washington D.C., und Simon Mayer, Assistant Professor an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh, wollen hier Licht ins ­Dunkel bringen und diese Fragen beantworten, indem sie die Rolle von Bankkrediten und Private Debt bei der Kreditaufnahme von Unternehmen sowie die Kapitalstruktur dieser Firmen untersuchen.

Dem Trio gelingt es nachzuweisen, dass Private-Debt-­Kreditgeber sowohl Kreditnehmer mit als auch ohne ­Zugang zu Bankkrediten bedienen. Interessanterweise ­haben etwa die Hälfte der Kreditnehmer, die auf Private Debt angewiesen sind, auch Bankkredite, das heißt, sie sind Doppelkreditnehmer. Die Stichprobe der Doppelkredit­nehmer ist es, die es den Kapitalmarktforschern ermöglicht, Unterschiede und Wechselwirkungen zwischen Bank- und Privatkrediten zu untersuchen und dabei die Kreditnehmermerkmale und die Kreditnachfrage zu berücksichtigen. Sie stellen fest, dass Banken und Private-Debt-Kreditgeber unterschiedliche – und nicht vollkommen substituierbare – Fremdfinanzierungen vergeben.

Daten

Die Begriffe „Private Debt“ oder alternativ „Private Credit“ auf Unternehmenskredite werden für Kredite verwendet, die von Nichtbanken wie BDCs oder Private-Debt-Fonds vergeben werden. Für die Analyse erstellen die Autoren einen neuen Datensatz von Bankkrediten und Private-Debt-Krediten in den USA mit detaillierten Finanzinformationen der Kreditnehmer von Januar 2013 bis Juni 2023. Sie kombinieren administrative Informationen auf Bankkreditebene aus dem Y-14-H.1-Schema der Federal Reserve, kurz Y-14-Daten genannt, mit Private-Debt-Krediten des Privatmärktedatenhauses Pitchbook. Pitchbook meldet PD-Kreditdaten auf Kreditvergabeebene und deckt dabei standardmäßige Kreditmerkmale wie Kreditvergabedatum, Laufzeit, Spreads, Kreditgröße, Kreditart, Schuldenrang und identifizierende Informationen zu Kreditnehmern und Kreditgebern ab. Die Autoren gleichen Private-Debt-Kreditnehmer in Pitchbook mit Bankkreditnehmern in den Y-14-Daten ab, was zu drei Typen von Kreditnehmern führt: (i) reine Private-Debt-­Kreditnehmer, (ii) reine Bankkreditnehmer und (iii) Doppelkreditnehmer, die sowohl Bank- als auch Privatkredite aufnehmen. Entscheidend ist, dass die Y-14-Daten detaillierte Informationen über Bankkredite und die Finanzberichte von Bankkreditnehmern enthalten, während solche Informationen für reine Private-Debt-Kreditnehmer, die nicht in den Y-14-Daten enthalten sind, nicht verfügbar sind. Die ­analysierte Stichprobe umfasst viele für die USA kleine und mittelständische Unternehmen mit Buchwerten unter 500 Millionen US-Dollar, die nur begrenzten Zugang zu öffentlichen Kapitalmärkten haben. Anhand der von Pitchbook gemeldeten Informationen zum Transaktionstyp stellen ­Haque, Mayer und Stefanescu fest, dass die an diese Kreditnehmer gewährten Private-Debt-Kredite hauptsächlich für Leveraged-Buy-out-Finanzierungen (LBOs), allgemeine ­Unternehmenszwecke und Refinanzierungen verwendet werden. Bei etwa 80 Prozent der Private-Debt-Kredite in Pitchbook wird der Kreditnehmer von einem Private-Equity-Sponsor unterstützt.

Die Stichprobe umfasst 2.917 einzelne Doppelkreditnehmer, die etwa die Hälfte aller Private-Debt-Kreditnehmer ausmachen. Diese Kreditnehmer sind hauptsächlich in Sektoren wie Software, IT, Gesundheitsdienstleistungen, gewerbliche Dienstleistungen und anderen technologieorientierten Branchen tätig. Im Vergleich zu reinen Bankkreditnehmern verfügen Doppelkreditnehmer über weniger Sachanlage­vermögen, sind im Schnitt größer, stärker verschuldet und weisen höhere von der Bank geschätzte Ausfallwahrscheinlichkeiten ihrer Kredite auf. Darüber hinaus sind Private-Debt-Kredite größer, werden häufiger in Form von Laufzeitkrediten vergeben und haben höhere Spreads und längere Laufzeiten als Bankkredite. Beispielsweise betragen die mittleren und medianen Spreads bei Private-Debt-Krediten etwa 600 Basispunkte, während sie bei Bankkrediten zwischen 120 und 170 Basispunkten liegen. Anhand der Stichprobe von Bank- und PD-Krediten an Doppelkreditnehmer analysieren die Autoren zunächst die Unterschiede und die Substituierbarkeit zwischen Bankkrediten und privaten Schulden. Sie kontrollieren alle zeitlich variierenden Kreditnehmermerkmale einschließlich der Kreditnachfrage und der Private-Equity-Unterstützung, durch Kreditnehmer-Zeit-Fixe Effekte oder Kreditnehmer-Zeit-Kredit-Fixe Effekte. Das heißt, die Regressionen vergleichen Kredite, die demselben Kreditnehmer innerhalb des gleichen Jahres und Quartals gewährt wurden, wobei sich der Unterschied daraus ergibt, ob der Kreditgeber eine Bank oder ein Private-Debt-Kreditgeber ist. Insbesondere werden die Ergebnisse nicht von ­Krediten bestimmt, die an verschiedene Kreditnehmer­segmente hinausgereicht wurden.

Ergebnisse

Die Autoren stellen fest, dass Private-Debt-Kredite in der ­Regel höher sind, weitere Spreads aufweisen und längere Laufzeiten haben als Bankkredite derselben Art, wenn beide innerhalb desselben Jahres und Quartals an denselben ­Kreditnehmer vergeben werden. Darüber hinaus ist es im Vergleich zu vergleichbaren Bankkrediten weniger wahrscheinlich, dass Private-Debt-Kredite vorrangig besichert sind. Das heißt, Private-Debt-Ausleihungen sind im Allgemeinen nachrangig und haben im Insolvenzfall eine niedrigere Priorität als Bankkredite desselben Kreditnehmers. Darüber ­hinaus sind Private-Debt-Kredite häufiger als Laufzeitkredite und weniger wahrscheinlich als Kreditlinien strukturiert, die meist von Banken bereitgestellt werden. Zusammengefasst bedeutet dies, dass Private-Debt-Kreditgeber, wenn sie und Banken denselben Kreditnehmern Kredite gewähren, ein höheres Kreditrisiko eingehen, indem sie Laufzeitkredite mit längerer Laufzeit und einer niedrigeren Position in der Kapi­talstruktur als Banklaufzeitkredite bereitstellen, während Banken in erster Linie relativ vorrangige Kreditlinien mit kürzeren Laufzeiten ausreichen. Bei gemeinsamer Kredit­vergabe erzielen Private-Debt-Kreditgeber höhere Kreditspreads, die eine Risikokompensation oder bestimmte vertragliche Bestimmungen widerspiegeln können, die Banken oft nur ungern gewähren, zum Beispiel Payment-in-Kind- (PIK)-Merkmale. Die Ratingagentur Fitch hat Ende März 2024 festgestellt, dass ein Trend in Richtung PIK-Charakteristika bei PD-Krediten besteht (siehe Grafik „Steigende PIK-Einnahmen bei BDCs“).

Wichtig ist, dass die Unterschiede zwischen Bankkrediten und Private Debt bei Leveraged-Buy-out-Deals noch ausgeprägter sind. Bei diesen Transaktionen gibt es eine klare Segmentierung der Kreditvergabe. Banken stellen in der Regel vorrangige Kreditlinien zur Verfügung, während Private-Debt-Kreditgeber Laufzeitkredite anbieten, die nachrangig gegenüber Bankkrediten sind. Bei Buy-out-Deals verlangen Private-Debt-Kreditgeber deutlich höhere Spreads als Bankkredite. Insbesondere weisen Private-Debt-Buy-out-Kredite im Vergleich zu anderen (Non-Buy-out)-PD-Krediten einen zusätzlichen Spread von im Mittel 0,7 Prozentpunkten auf. Dieses Muster scheint geeignet, die Marktmacht von Privatkreditgebern – gegenüber Banken – bei der Bereitstellung von LBO-Krediten widerzuspiegeln.

In einem weiteren Schritt beleuchten die Autoren, wie sich der Anstieg von Private Debt auf die Kreditvergabe durch Banken auswirkt. Dabei untersuchen sie, wie Bankkreditnehmer ihre Abhängigkeit von Bankkrediten anpassen, sobald sie zum ersten Mal auf Private Debt zurückgreifen. Interessanterweise stellt man fest, dass sobald ein Bankkreditnehmer anfängt, bei PD-Kreditgebern Kredite aufzunehmen, auch seine Neigung steigt, neue Bankkredite aufzunehmen, hauptsächlich in Form von Kreditlinien. Nach dem Zugang zu Private Debt setzen die meisten Bank­kreditnehmer nicht nur ihre Kreditbeziehung zu Banken fort, sondern nehmen auch zusätzliche Bankkredite auf. Mithilfe einer Eventstudie zeigen die Autoren, dass die Wahrscheinlichkeit, einen neuen Bankkredit, insbesondere eine neue Kreditlinie, zu erhalten, innerhalb eines Quartals nach der ersten Nutzung von Private Debt durch einen Kreditnehmer sprunghaft ansteigt (siehe Grafik „PD-Aufnahme triggert Kreditwünsche“).

Die Bedingungen der ausstehenden Bankkredite ändern sich auch als Reaktion auf den Zugang des Kreditnehmers zu Private Debt. Die Autoren dokumentieren, dass der ­Private-Debt-Zugang mit einer Erhöhung der Kreditzusagegröße sowie der Spreads auf bereits bestehende Bankkredite verbunden ist. Das heißt, sobald ein Kreditnehmer auf Private Debt zugreift, gewähren die Banken zusätzliche Kredite, indem sie den Rahmen für bestehende Kredite erweitern, verlangen dafür jedoch höhere Spreads. Solche Anpassungen an ausstehenden Bankkrediten können beispielsweise durch eine Neuverhandlung von Krediten erfolgen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Bankkreditnehmer nach der Aufnahme von Privatkrediten stärker auf Bankkredite, insbesondere Kreditlinien, angewiesen sind, was jedoch mit höheren Spreads verbunden ist. Infolgedessen ist der Zugang zu Private Debt auch mit einer Erhöhung der Verschuldung auf Unternehmensebene und einem Rückgang des Zinsdeckungsgrads verbunden, das heißt mit ­höheren Zinsaufwendungen im Verhältnis zum Gewinn; außerdem sinkt der Anteil der Bankkredite an den Gesamtschulden, und die Gesamtsumme der Bankkredite in US-Dollar steigt.

Rückkoppelungseffekte?

Nachdem Haque, Mayer und Stefanescu gezeigt haben, dass die Aufnahme von Private Debt die Nutzung von Bankkrediten durch Unternehmen beeinflusst, untersuchen sie, ob das Erschließen dieser zusätzlichen Finanzierungsquelle auch Risiken für ausstehende Bankkredite birgt. Die Resultate der Analyse zeigen, dass Doppelkreditnehmer im Vergleich zu reinen Bankkreditnehmern in Zeiten von marktweitem Stress höhere Inanspruchnahmen und höhere ­Ausfallrisiken ihrer Bankkreditlinien aufweisen. Die Grafik „Steigende Ausfallrisiken bei Bankkrediten“ illustriert, dass die Medianausfallwahrscheinlichkeit von Bankkrediten, die zwischen einem und zwei Prozent liegt, nach der zusätzlichen Private-Debt-Kreditaufnahme steigt. Der Wert der Median­ausfallwahrscheinlichkeit im 75. Perzentil nach der PD-Emission liegt dann zwischen 2,5 und 4,0 Prozent. Der Hauptgrund liegt wohl darin, dass Doppelkreditnehmer tendenziell über weniger materielle oder besicherbare Assets verfügen als Nur-Bankkreditnehmer.

Stress-Event Covid-19

Die Autoren nutzen die Covid-19-Pandemie als Schock für den Liquiditätsbedarf der Unternehmen und erfassen so marktweite Notlagen. Anschließend untersuchen die Autoren, wie sich Covid-19 auf die Inanspruchnahme von Kreditlinien und die von den Banken geschätzten Ausfallwahrscheinlichkeiten für Bankkredite an Doppelkreditnehmer und vergleichbare reine Bankkreditnehmer ausgewirkt hat. Um Bedenken auszuräumen, kontrollieren sie die Regressionen im Hinblick auf die fundamentalen Kenngrößen der Kreditnehmer, die Kreditbedingungen und berücksichtigen auch Kredit- und Zeit-fixe Effekte. Zu Beginn von ­Covid-19 nahmen Doppelkreditnehmer ihre Kreditlinien stärker in Anspruch und erlebten einen stärkeren Anstieg der Ausfallwahrscheinlichkeiten als vergleichbare reine Bankkreditnehmer. Das heißt, die Banken verbanden die Inanspruchnahme der Kreditlinie mit einem erhöhten Ausfall­risiko. Gleichzeitig waren Doppelkreditnehmer eher bereit, Kreditgarantien Dritter zu stellen, etwa durch Private-Equity-Sponsoren.

Das Risiko der Inanspruchnahme der Kreditlinie und das Ausfallrisiko sind eng miteinander verknüpft, insbesondere bei Doppelkreditnehmern. Während die Inanspruchnahme der Kreditlinie im Allgemeinen mit einem erhöhten Ausfallrisiko verbunden ist, stellten die Autoren fest, dass dieser Effekt bei Doppelkreditnehmern stärker ausgeprägt ist. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Private Debt eine ­negative Externalität auf Bankkredite desselben Kreditnehmers ausübt, und zwar durch Inanspruchnahme der von der Bank bereitgestellten Kreditlinien. Wenn ein Bankkreditnehmer auch auf Private Debt angewiesen ist, statt nur bei Banken Kredite aufzunehmen, greift er in Notlagen stärker auf seine Kreditlinien zurück und wird nach einer Inanspruchnahme der Kreditlinie mit höherer Wahrscheinlichkeit ­zahlungsunfähig. Inanspruchnahmen verringern zudem die Kapitalisierung der Banken, was diese dazu zwingt, entweder neues Kapital aufzunehmen – was in Krisenzeiten kostspielig sein kann – oder ihre Kreditvergabe zu reduzieren und Gewinne einzubehalten anstatt diese auszuschütten.

Erlösverwendung

Als Nächstes untersuchen die drei Autoren, wie Doppel­kreditnehmer die Erlöse aus Privatkrediten verwenden. ­Dabei stellen sie fest, dass der Zugang zu Private Debt mit einem Anstieg der immateriellen Vermögenswerte und des Umsatzwachstums sowie einem Rückgang der Cash-Gut­haben verbunden ist, aber keinen signifikanten Einfluss auf die ­Investitionsausgaben, also die Investitionen in Sachan­lagen, hat. Viele Doppelkreditnehmer sind in technologiebezogenen Sektoren tätig und relativ weniger auf Sachanlagevermögen angewiesen, was diese fehlende Wirkung auf Investitionsausgaben erklären könnte. Stattdessen deuten die Analyseergebnisse darauf hin, dass Unternehmen die Erlöse aus Privatkreditaufnahmen zur Finanzierung von Wachstum, Expansion und für Investitionen in immaterielle ­Vermögenswerte verwenden, was wohl das Umsatzwachstum ankurbelt.

Den Ergebnissen zufolge bieten Banken und Private-Debt-Kreditgeber unterschiedliche und nicht vollkommen substituierbare Fremdfinanzierungen an. Ein dieser Inter­pretation inhärentes Problem ist die Schwierigkeit, die Kreditnachfrage- und die Kreditangebotseffekte auseinanderzudividieren. Um diese beiden zu trennen, nutzten die Autoren den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) im März 2023 als negativen exogenen Angebotsschock für gehebelte und riskante Bankkredite.

Haque, Mayer und Stefan dokumentieren, dass der Zusammenbruch der SVB mit einem Rückgang der Anzahl von Leveraged Loans von Banken im Vergleich zu den Vorjahren verbunden ist, während andere Arten von Bankkrediten davon nicht betroffen zu sein scheinen. Dies deutet auf eine Verschärfung der Kreditvergabestandards der Banken hin. Offensichtlich haben die Banken nach dem Zusammenbruch der SVB ihre riskante Kreditvergabe reduziert und damit eine geringere Risikotoleranz gezeigt, beispielsweise aufgrund der zunehmenden Unsicherheit und Angst vor einer Bankenkrise größeren Ausmaßes. Jedenfalls wirkte sich der Zusammenbruch der SVB auf die Kreditspreads für neu vergebene Private-Debt-Kredite an Doppelkreditnehmer auf unterschiedliche Weise aus, je nachdem ob Bankkredite und Private Debt sich ersetzen oder ergänzen. Wenn Bankkredite und Private Debt perfekte Substituenten sind, konkurrieren Banken und Private-Debt-Kreditgeber bei der ­Bereitstellung der gleichen Art von Krediten (mit ähnlichem Risikoniveau). Da die Banken dann nach dem Zusammenbruch der SVB davon absehen, die riskantesten Kredite zu vergeben, werden diese risikoreichen Kredite zunehmend zu Private-Debt-Kreditgebern verlagert, was die Kreditqualität senkt und die Spreads für den durchschnittlichen neu vergebenen Private-Debt-Kredit erhöht. Es lässt sich interessanterweise feststellen, dass der Kollaps der SVB mit einem Rückgang der Spreads für neu vergebene Private-Debt-Kredite an Doppelkreditnehmer verbunden ist, was die Annahme widerlegt, dass Bank- und PD-Kredite perfekte Substituenten sind.

Das heißt, für Doppelkreditnehmer und auch für reine Bank- und reine Private-Debt-Kreditnehmer ohne Zugang zu beiden Kreditarten sind Bank- und Privatschulden nicht vollkommen substituierbare Finanzierungsinstrumente. Die Studienergebnisse legen nahe, dass Private Debt relativ ­riskantere Bankkredite ersetzt, aber auch Bankkreditlinien ergänzt. Diese Komplementarität kann jedoch auch kost­spielige externe Effekte auf Bankkredite mit sich bringen, ­indem das Risiko der Inanspruchnahme von Kreditlinien verschärft wird.

Dr. Kurt Becker

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