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4/2024 | Theorie & Praxis

Auf Talentsuche

Es gibt bereits Maße, mit denen sich die Kompetenz von Fondsmanagern einschätzen lässt. Nun kommt ein weiteres hinzu. Demnach sollte man sich Fonds mit einer ­besonders schiefen Renditeverteilung im Portfolio genauer anschauen.

Wirklich geschickt ist ein aktives Management nur dann, wenn es Aktien mit überdurchschnittlichen Ertragschancen rechtzeitig kauft und parallel dazu die Under­performer abstößt, bevor sie die Rendite ruinieren. 
Wirklich geschickt ist ein aktives Management nur dann, wenn es Aktien mit überdurchschnittlichen Ertragschancen rechtzeitig kauft und parallel dazu die Under­performer abstößt, bevor sie die Rendite ruinieren. © olly | stock.adobe.com, Australian National Univ

Wer sich als Investor mit aktivem Fondsmanagement beschäftigt, spricht diesen Akteuren ­implizit die Fähigkeit zu, den Gesamtmarkt, den man ja auch passiv kaufen könnte, zu schlagen. Das wiederum ist nur möglich, wenn sie über das benötigte Know-how verfügen, um aus dem Meer von zur Auswahl stehenden Aktien die „richtigen“ auszuwählen. Allerdings genügt auch das nicht:?Ein Paper aus dem Jahr 2019 zeigt, dass Manager mit ihren High-Conviction-Positionen eine Outperformance von 3,67 Prozent pro Jahr erzielten. Im gleichen Paper wurde aber auch festgestellt, dass die Fonds weitaus mehr Aktien hielten, die kein Alpha erzielen („The Singular Impact of High Conviction Overweight Positions for Active Managers“). Und das verwässerte die Erträge der Top-Positionen so stark, dass nach Kosten meist nichts übrig blieb. Der Schluss daraus: Als Anleger muss man nicht nur die Manager finden, die es schaffen, die „Nvidias“ dieser Welt rechtzeitig zu kaufen, sondern parallel dazu auch jene, die „Volkswagen“ rechtzeitig abstoßen. Doch wie findet man wirklich konsistente Outperformer? Charakteristische Merkmale von Portfolios sind der direkteste Weg, einen Einblick in die Fähigkeiten und das Verhalten von Fondsmanagern zu erhalten.

In der Literatur wurden mit dem Return Gap und dem Active Share zwei Maße entwickelt, mit denen das Anlagegeschick aus unterschiedlicher Perspektive erfasst wird. Das Bestimmtheitsmaß der Fondsperformance im Vergleich zur Benchmark ist ein weiteres gängiges Instrument. Höhere Momente der Renditeverteilung von Portfolios wurden ­dagegen bislang kaum in Erwägung gezogen. Das dürfte sich nun ändern. Die Studie „A Skew is a Skill: Portfolio Skewness of Mutual Fund Holdings“ von Jo Drienko, Chao Gao und Yifei Liu (alle Australian National University) ­bietet einige interessante Erkenntnisse zu dem Thema.

Die Forscher gehen bei ihren Untersuchungen von einer ein­fachen Idee aus: Talentierte Manager haben mit größerer Wahrscheinlichkeit Gewinneraktien in ihren Portfolios, während sie Verlierer eher ausschließen. Das würde eine höhere Schiefe der Renditeverteilung ihrer Bestände bedeuten. Der Zusammenhang scheint intuitiv nachvollziehbar, wurde in der bestehenden Literatur aber bislang übersehen. Um das Ganze zu untersuchen, berechnen die Autoren die Schiefe des portfoliointernen Renditequerschnitts der betrachteten Fonds auf Monatsbasis. Dabei verwenden sie Daten von ­aktiv verwalteten US-Aktienfonds im Zeitraum von März 1980 bis Dezember 2023. Um das Rauschen der Werte im Zeitablauf zu verringern, verwenden sie Durchschnittswerte der jeweils letzten drei Monate.

Die Berechnungen zeigen wie vermutet eine mittlere ­positive Schiefe der portfoliointernen Renditeverteilungen. Das ist zunächst nicht überraschend, da die Renditen auch über den gesamten Markt betrachtet im Durchschnitt rechtsschief verteilt sind (siehe „Erstaunlich schief“, Institutional Money 3/2020). Die Ursache dafür liegt in der Natur der Sache: Während die Verluste bei Aktien auf 100 Prozent begrenzt sind, können die Gewinne hunderte, tausende oder zehntausende Prozent betragen. Allerdings variieren die Werte zwischen den Fonds erheblich. Deshalb untersuchen die Forscher als Nächstes, wie sich die einzelnen Quintile verhalten. Ausgehend vom Zeitpunkt der Sortierung analysieren sie ein Zweijahresfenster. Dabei zeigt sich, dass die jeweiligen Werte sehr beständig sind (siehe Grafik „Gleichbleibende Schiefe-Grade“). Fonds mit niedriger (hoher) Schiefe in der Verteilung ihrer Renditen behalten diese Eigenschaft im Zeitablauf also überwiegend bei. Doch bei den Merkmalen gibt es Unterschiede. Fonds mit hohen Schiefe-Werten sind tendenziell größer, haben einen geringeren Portfolioumschlag, niedrigere Kostenquoten und einen längeren Anlagehorizont. Vor allem aber erzielen sie im Durchschnitt ­höhere Renditen.

Hinweis auf Skill

Das deutet darauf hin, dass die Schiefe der Portfolios nicht zufällig ist, sondern Hinweise auf die Fähigkeiten und das Verhalten der Fondsmanager gibt. Denn im Mittel würde die Schiefe von zufällig zusammengestellten Portfolios etwa der des Marktes entsprechen. Bei geschickten Managern, die schwache Positionen abstoßen und an großen Gewinnern festhalten, dürfte die Renditeverteilung dagegen zum rechten Ende hin abflachen. Die dadurch erzielte höhere Schiefe innerhalb der Portfolios würde demnach auf herausragendes Investmenttalent hinweisen.

Genau das spiegelt sich in den Ergebnissen wider. Die Autoren schreiben, dass Fonds mit hoher Schiefe nach Gebühren im Durchschnitt 2,88 Prozent pro Jahr besser abschneiden als Fonds mit niedriger Schiefe. In absoluten Zahlen entsprach das einer Differenz von rund 7,3 Millionen US-Dollar. Interessant ist dabei, dass die Schiefe ein robustes ­zusätzliches Kriterium zur Einschätzung der Performance darstellt. Das zeigen die Forscher anhand doppelt sortierter Portfolios unter Berücksichtigung der eingangs genannten in der Literatur dokumentierten Maße. Außerdem befasst sich die Studie mit der Frage, ob neben dem Querschnitt der Renditen auch Schiefe-Werte in den Zeitreihen auf die Fähigkeiten von Managern hinweisen. Das würde bedeuten, dass die besten Fondsmanager in der Lage sind, sich im Zeitablauf auf Schocks an den Märkten einzustellen beziehungsweise davon zu profitieren. Für die Untersuchung verwenden die Forscher drei Proxies, anhand derer solche Phasen identifiziert werden können: hohe marktweite Renditedispersion, hohe mittlere Volatilität der Einzeltitel und hohe Volatilität am Gesamtmarkt (VIX). Es ist zu vermuten, dass in den Schockphasen auch die Chancen der besten Manager steigen, sich vom Wettbewerb abzuheben. Das Ergebnis der Analyse bestätigt diese Vermutung. Demnach ist der Unterschied der künftigen Wertentwicklung zwischen Fonds mit hoher und niedriger Schiefe in diesen Phasen deutlich größer. Das impliziert, dass erfahrene Manager darauf reagieren und einen relativen Vorteil erzielen können.

Zusätzliche Untersuchungen auf Einzelaktienebene bestätigen die Ergebnisse der Studie. Demnach schneiden Aktien, die vor allem von Fonds mit hoher Schiefe gehalten werden, deutlich besser ab als Aktien, die überwiegend in Fonds mit geringer Schiefe enthalten sind. Auf Dauer bleibt die hohe Schiefe eines erfolgreichen Portfolios aber nur erhalten, wenn die Manager es schaffen, systematisch Gewinner aufzunehmen und Verlierer zu entfernen. Demzufolge müssten Aktien, die von Fonds mit hoher Schiefe gegenüber Fonds mit niedriger Schiefe am meisten gekauft werden, besser performen. Auch diese Vermutung bestätigt sich in den Daten. Die betreffenden Titel erzielen ein annualisiertes Alpha von rund 1,9 Prozent und liegen damit vier Prozent vor ­Aktien, die am häufigsten von Fonds mit niedriger Schiefe gekauft werden (siehe Grafik „Erfolgreiche Aktienauswahl“).

Insgesamt schlussfolgern die Autoren, dass die bessere Performance von Fonds mit hohen Schiefe-Werten auf deren Aktienauswahl beruht und nicht auf aktivem Handel.

Dr. Marko Gränitz

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