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2/2024 | Steuer & Recht

Zu kurz gesprungen?

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz soll in Verbindung mit dem Wachstumschancengesetz ­institutionelle Investoren motivieren, verstärkt in erneuerbare Energien zu investieren. Bislang scheinen die Anreize hier jedoch nicht auszureichen.

Die Hoffnung, dass das Zukunftsfinanzierungsgesetz und das Wachstumschancengesetz zur Motivation institutioneller Anleger, in Projekte zum Ausbau erneuerbarer ­Energie zu investieren, einen großen Sprung vorwärts bewirken, hat sich noch nicht erfüllt. Nun hofft man, dass das Jahressteuergesetz 2024 hilft.
Die Hoffnung, dass das Zukunftsfinanzierungsgesetz und das Wachstumschancengesetz zur Motivation institutioneller Anleger, in Projekte zum Ausbau erneuerbarer ­Energie zu investieren, einen großen Sprung vorwärts bewirken, hat sich noch nicht erfüllt. Nun hofft man, dass das Jahressteuergesetz 2024 hilft.© Jim | stock.adobe.com

In nahezu jeder Gegenüberstellung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Deutschlands und jenen der USA kommt das Thema „Finanzierung“ zur Sprache. Während die Angelsachsen ihre Unternehmen vorzugsweise mithilfe des Kapitalmarktes auf den Weg bringen, geht der deutsche Jungunternehmer zur Bank. Das ist zwar nicht der einzige Grund dafür, dass etwa im IT-Bereich fast alle weltweit führenden Unternehmen ihren Sitz in den USA?haben, es spielt aber nach Ansicht vieler Beobachter eine wesent­liche Rolle. Das am 17. November 2023 beschlossene Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) ist ein Teil des Versuchs, die Problematik zu entschärfen. Investments in Start-ups, Wachstumsunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sollen gefördert werden, was man primär mithilfe attraktiverer steuerlicher Vorgaben erreichen will. So soll etwa das in der Gründungsphase wichtige Instrument der Mitarbeiterkapitalbeteiligung dank höherer Freibeträge attraktiver gemacht werden. Ankurbeln will man außerdem Investitionen in Erneuerbare-Energien-Projekte. Bei Verabschiedung des Gesetzes verkündete die Bundesregierung: „Durch Digitalisierung, Entbürokratisierung und Internationalisierung sollen der deutsche Finanzmarkt und der Standort Deutschland attraktiver (…) werden“.

Damit die gewünschten Effekte eintreten, müssten die neuen Vorgaben vor allem aus der Sicht von institutionellen Anlegern Vorteile bringen. Hier hält sich die Begeisterung aber noch in Grenzen. „Interessant für institutionelle Investoren am Zukunftsfinanzierungsgesetz war insbesondere, dass die ursprünglichen Gesetzesentwürfe vorsahen, das KAGB dahingehend zu erweitern, dass Immobilienfonds neben den zur Bewirtschaftung von Immobilien erforderlichen Vermögensgegenständen im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung der Immobilien auch Erneuerbare-Energien-Anlagen und Ladestationen erwerben und betreiben dürfen“, erklärt Andreas Böhme, Partner und Rechtsanwalt bei der Frankfurter Kanzlei King & Spalding. Sogar Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien auf unbebauten Grundstücken – sogenannte Freiflächenanlagen – sollten ermöglicht werden. „Hier hätte der Gesetzesentwurf noch nachgebessert werden müssen, weil bei Freiflächenanlagen auf Eigentum abgestellt wird. Was ist aber, wenn der Bauer das Land nicht verkauft, sondern verpachtet?“, fragt Böhme. Der deutsche Fondsverband BVI und der ZIA (Zentraler Immobilien Ausschuss) haben sich hier eingebracht, um auf eine gute und eindeutige Gesetzgebung hinzuwirken. Diese Neuerungen wurden allerdings nicht in den finalen Gesetzestext übernommen, sondern sollen in ein Jahressteuer­gesetz 2024 (JStG 2024) überführt werden.

Bis dato dürfen Immobilienfonds lediglich Immobilien und die dafür notwendigen „Bewirtschaftungsgegenstände“ wie Rasenmäher, Laubbläser, Putzmaschinen etc. erwerben. Ob und in welchem Umfang Erneuerbare-Energien-Anlagen im Rahmen von Immobilienfonds betrieben werden dürfen, ist bislang nicht ausdrücklich und rechtssicher ­gesetzlich geregelt. Nun wollte man die rigiden Grenzen ­lockern, die für die im Prinzip politisch gewollten PV-Anlagen auf Dächern oder die Wallboxen in den Tiefgaragen der Objekte gelten, die Immobilienfonds im Bestand haben.

„Die Einnahmen eines investmentsteuerlichen Investmentfonds (sog. Kapitel-2-Fonds) oder eines Spezial-Investmentfonds (sog. Kapitel-3-Fonds) aus dem Betreiben von ­Erneuerbare-Energien-Anlagen unterliegen auf Fondsebene der Gewerbesteuer, sofern sie als aktive unternehmerische Bewirtschaftung (auB) gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Investmentsteuergesetz (InvStG) angesehen werden. Das ist dann der Fall, wenn diese Einnahmen eine fünfprozentige Bagatellgrenze überschreiten“, erklärt Martin Wolff, Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Frankfurter Kanzlei King & Spalding. Maßgeblich sind alle weltweit erzielten Einnahmen ­eines Geschäftsjahres eines solchen Fonds. Die Gewerbe­steuer beträgt zwischen zwölf und 17 Prozent auf die gewerbesteuerpflichtigen Einkünfte, je nach Gemeinde und Hebe­satz. „Einkünfte des Fonds aus Vermietung und Verpachtung bleiben hingegen weiterhin gewerbesteuerfrei, da nur die Einnahmen aus dem Betreiben der PV-Anlagen als auB einen sogenannten wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bilden“, so Wolff.

„Neben dem Risiko, dass die Erträge gewerbesteuerpflichtig werden, geht es bei Überschreiten der Freigrenze bei den Kapitel-3-Fonds auch um den dauerhaften Verlust des investmentsteuerlichen Status als Spezial-Investmentfonds“, erklärt Wolff. Wie kommt es zum Verlust dieses steuerlich attraktiven Status? Entweder, wenn die fünf-prozentige Bagatellgrenze überschritten wird, und zwar durch andere Einnahmen als aus der Erzeugung oder Lieferung von Strom aus Erneuerbare-Energie-Anlagen. Der Statusverlust droht aber auch in einem zweiten Fall: Wenn die fünf-prozentige Bagatellgrenze zwar nur durch die Einnahmen aus Erzeugung oder Lieferung von Strom aus Erneuerbare-Energie-Anlagen und gleichzeitig auch die 20-prozentige Bagatellgrenze überschritten wird. In beiden Fällen muss es sich nach den Umständen des Einzelfalls um einen wesentlichen Verstoß gegen die investmentsteuerlichen Anlagebedingungen handeln. Die 20-prozentige Bagatellgrenze ergibt sich aus § 26 Nr. 7a Satz 2 InvStG und umfasst explizit Einnahmen aus der Erzeugung oder Lieferung von Strom aus Erneuerbare-Energie-Anlagen. „Ein Statusverlust hätte zur Folge, dass der Kapitel-3-Fonds als aufgelöst gilt und auf Anlegerebene die Anteile an dem (aufgelösten) Kapitel-3-Fonds als veräußert und Anteile an einem fiktiv neu aufgelegten Kapitel-2-Fonds als angeschafft gelten“, sagt Wolff. Etwaige Gewinne aus dieser (fiktiven) Anteilsveräußerung unterliegen grundsätzlich der Besteuerung. Die vorgenannte 20-Prozent-Grenze wurde zwar durch das Ende März 2024 in Kraft getretene Wachstumschancengesetz von zehn Prozent kommend verdoppelt, „dennoch sind eine detaillierte Vorausplanung und ein enges Monitoring erforderlich, um im Rahmen der vorgenannten Grenzen zu bleiben. Dies gerade auch vor dem Hintergrund schwankender Stromerzeugung und -erträge oder potenzieller Mieterausfälle. Der damit verbundene administrative Aufwand, insbesondere bei einer Vielzahl von Objekten, ist nicht zu unterschätzen“, gibt Wolff zu bedenken.

Keine Aufbruchstimmung

Um investmentsteuerliche Risiken zu vermeiden, können beispielsweise Dachflächen der von den Fonds gehaltenen Immobilien langfristig an einen Dritten vermietet werden, etwa an einen Energieversorger, der dann die PV-Anlage montiert, betreibt und den Mietern den erzeugten Strom zur Verfügung stellt. Alternativ könnte ein Fonds auf ­Dächern PV-Anlagen installieren, die langfristig an Dritte verpachtet werden, die die PV-Anlagen betreiben. „Das ist zwar machbar, ist aber aufwendig, da entsprechende Dienstleister hinzuzuziehen sind“, erklärt Wolff.

Tatsächlich stellt die Grenze in der Praxis der Immobilieninvestoren eine erhebliche Hürde dar. „Auch eine 20-Prozent-Grenze ist bei vielen Logistik- oder Fachmarktzentren bald erreicht. Da gibt es riesige Dachflächen, die gut geeignet sind für die Installation von PV-Anlagen. Aber der Gesetzgeber zwingt uns, eine Akrobatik anzuwenden, die die Dinge komplizierter macht, als sie ohnehin schon sind“, erklärt ­Sebastiano Ferrante, Head of Europe bei PGIM Real Estate. Es ist richtig, dass man als Bestandshalter überlegen kann, die Dachflächen zu verpachten. „Aber es stellen sich dann viele Fragen: Was ist, wenn der Stromerzeuger bei der Montage Schäden an der Außenhaut der Immobilie verursacht? Wer erzeugt überhaupt den Strom? Oft handelt es sich dabei um Start-up-Firmen, die auch insolvent werden können. Wer ist bei einem eventuellen Ausfall des PV-Anlagen-Betreibers der Stromerzeuger? Werde ich dann doch wieder zum Stromerzeuger? Oder muss ich in dem Fall eine Auffang­gesellschaft gründen?“ Das sind viele Überlegungen und Klimmzüge, und viele Bestandshalter sind der Meinung, dass sie dafür nicht ausreichend entschädigt werden. „Denn selbst wenn alles gut läuft, fließt der Großteil der Einnahmen aus der Stromerzeugung nicht an den Bestandshalter, sondern an den Energieerzeuger, dem die Dachfläche verpachtet wurde. Für uns, die wir die Dachflächen verpachten, sind die Einnahmen überschaubar“, findet Ferrante.

Er argumentiert, dass die großen Immobilienbestandshalter eine viel größere Durchschlagskraft bei der Transformation hätten als die spezialisierten Unternehmen, die zwar dynamisch, aber meistens jung und gering kapitalisiert seien.

Dass die Freigrenze für die gewerblichen Einnahmen auf 20 Prozent angehoben wurde, findet er gut, aber eigentlich möchte Ferrante die Grenze deutlich höher sehen: „Im ­Gesetz sollte stehen, dass der „überwiegende“ Teil der Einnahmen eines Immobilienfonds aus Vermietung und Verpachtung stammen muss. Das wären dann mindestens 51 Prozent.“ Eine solche Formulierung hält er für ein echtes ­Incentive, das den großen Bestandshaltern angeboten werden sollte. „Schließlich sind sie es, die die Transformation leisten und bezahlen sollen. Eine solche Regelung hätte viel mehr Durchschlagskraft als die Verpflichtung für Häuslebauer, hier und da eine Dämmung anzubringen“, meint ­Ferrante und zuckt verständnislos mit den Schultern. „Auf der einen Seite greift der Staat in die Entscheidungsfreiheit der privaten Haushalte ein, und auf der anderen lässt er ­offensichtlich vorhandene Ressourcen ungenutzt liegen!“

Strom da produzieren, wo er verbraucht wird

Der Vorteil des Vorschlags von Ferrante bestünde darin, ­großen Bestandshaltern einen Anreiz zu bieten, die Dächer ihrer Immobilien mit PV-Anlagen auszustatten und auch sonst überall, wo es sich anbietet, stromerzeugende Anlagen aufzustellen. „So würde die Energieerzeugung direkt am Objekt geschehen, dort, wo der Strom verbraucht wird. Genau das will man doch, weil die Stromtrassen vom Norden in den Süden noch nicht da sind“, argumentiert der PGIM-Manager. Bei Datenzentren sei das besonders wichtig. „Die verbrauchen immens viel Strom, und durch die zunehmende Anwendung von KI und den entsprechenden Datenbedarf brauchen wir davon in Zukunft eher mehr als weniger. Lokale Mikronetzwerke mit grüner Stromversorgung wären hier angebracht, um Spitzenlasten auszugleichen. Hier würde ich mir deutlich mehr Kreativität seitens der Regulierer wünschen!“, meint Ferrante. „Das ist ein Thema, das wirklich priorisierungswürdig ist. Wir wären mit unseren Investitionen gern dabei, werden jedoch steuerlich und regulatorisch immer noch zu stark eingeschränkt. Dabei setzt die Politik doch laut eigenen Angaben auf private Gelder bei der Transformation.“ Ein eigenes Thema ist das Fondsdomizil, so hat PGIM beispielsweise viele Luxemburger Vehikel. „Wenn wir uns an deutsche Investoren wenden, müssen wir naturgemäß trotzdem die Auflagen des deutschen Gesetzes einhalten, sonst sind die Luxemburg-Vehikel nicht immobilienquotenfähig“, sagt Ferrante. Insofern hole man sich beispielsweise über deutsche Pensionskassen die Problematik mit der Gewerblichkeit in die Luxemburg-Vehikel. „Die deutsche Regelung wird damit indirekt nach ganz Europa exportiert“, so Ferrante. „Bei unserer Fondsserie im Value-Add-Bereich wollen wir flexibel sein, wie wir mit PV-Anlagen umgehen. Dann müssten wir aber deutsche Investoren ausschließen“, bedauert er. Sie könnten diese Vehikel dann allenfalls in die Private-Equity-Quote nehmen, die allerdings viel kleiner ist als die Immobilienquote. Das Wachstumschancengesetz ist Ende März 2024 in Kraft getreten. Der volle Gesetzesname lautet „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness“; Spaßvögel reden lapidar von „WC-Gesetz“.

Dieses Gesetz enthält neben der Verdoppelung der investmentsteuerlichen Bagatellgrenze bezogen auf Einnahmen aus Erzeugung oder Lieferung von Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen auf jetzt 20 Prozent eine ganze Sammlung an Klimaschutz-Incentives, Forschungsförderung und Verlustverrechnungsmöglichkeiten. Das Gesetz, mit dem ­Finanzminister Christian Lindner die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken will, umfasst insgesamt 50 steuerpolitische Maßnahmen. Gefördert werden unter anderem Investitionen in bewegliche Wirtschaftsgüter, die der Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz eines Unternehmens dienen, und auch die Forschung wird steuerlich umfänglicher gefördert. Immerhin soll das Steuerpaket jährlich 3,2 Milliarden Euro an Steuermindereinnahmen kosten und den Unternehmen eine jährliche Bürokratieentlastung in ­Höhe von zirka 1,44 Milliarden Euro bringen.

Das Jahressteuergesetz 2024 soll es richten

Immobilieninvestoren freuen sich über die Einführung ­einer zeitlich befristeten degressiven Absetzung für Abnutzung (AfA) für neue Wohngebäude in Höhe von fünf Prozent, die das Wachstumschancengesetz bringt. „Im JStG 2024 sollen die aus dem Zukunftsfinanzierungsgesetz her­ausgenommenen fondsspezifischen Regelungen zu Erneuerbare-Energien-Anlagen, abgestimmt mit weiteren steuer­lichen Regelungen, zusammengeführt werden. Ein Referentenentwurf des JStG 2024 ist für die erste Jahreshälfte 2024 angekündigt“, sagt Wolff.

Sowohl in Anwaltskanzleien als auch bei Investoren und Consultants befasst man sich mit den Möglichkeiten, die das Paket aus den drei Gesetzen bieten wird; so auch Henry Fritzsche, COO bei x.project. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen, das Technik- und IT-Dienstleistungen sowie Beratung rund um die Immobilie bietet. Fritzsche freut sich zwar über die Bonbons, die die drei Gesetze für die Transformation bringen sollen, aber für einen wirklichen Gamechanger hält auch er den bisherigen gesetzlichen Vorstoß nicht. „Als technischer Berater mit starkem Fokus auf IT begrüße ich die jüngsten gesetzlichen Initiativen, die die Digitalisierung vorantreiben und Planungs- sowie Genehmigungsverfahren beschleunigen. Der effiziente Bürokratieabbau ist ein entscheidender Schritt, um die Unterstützung für Unternehmen in ihrer digitalen Transformation zu verstärken.“ Diese Maßnahmen hält er für fundamental, um nachhaltige Investitionen zu fördern und den technologischen Fortschritt in der Wirtschaft zu beschleunigen. „Die Herausforderungen, die diese neuen Gesetze mit sich bringen, sehe ich als Chance, innovative Lösungen zu entwickeln und plattformbasiert umzusetzen. Nur durch Qualitätsdaten lassen sich die Prozesse der Datenerhebung und -verarbeitung effizient verbessern und die Informationsökonomie im Hinblick auf z.?B. das Nachhaltigkeitsreporting verbessern“, so Fritzsche. Aber auch wenn er überzeugt ist, dass diese Entwicklungen eine Bewegung hin zu einer nachhaltigen Zukunft darstellen können, plädiert er für deutlich mehr Anreize: „Ich betrachte den erleichterten Zugang zu Fördermitteln als eine wesentliche Möglichkeit zur Finanzierung und Überwindung von Anwendungshürden.“ Zuverlässige Fördertöpfe, die nicht über Nacht ausgeschöpft sind, hält er für unverzichtbar, um es Unternehmen zu ermöglichen, effektiv voranzukommen und ihre Ziele bei der Unterstützung der Transformation zu erreichen. „Klarheit und Planbarkeit sind die Voraussetzung. Wenn diese gegeben sind, freue ich mich darauf, meine Expertise einzubringen und mit diesen ver­besserten Rahmenbedingungen Unternehmen effektiv zu unterstützen“, meint Fritzsche. Wenn es um die Frage der ­Finanzierbarkeit regenerativer Energien geht, verweist er auf das Motto der Ökostrom-Fans: Sonne und Wind schicken keine Rechnung: „Im Prinzip ist das zwar richtig, aber die Infrastruktur muss erst aufgebaut werden, damit der Strom auch dort ankommt, wo er verbraucht wird. Und diese ­Kosten muss jemand tragen, und dafür benötigen wir stabile gesetzliche Bestimmungen und eben auch Fördermittel.“ Die Erwartungshaltung der vollständigen Finanzierung einer Infrastruktur durch den gewerblichen Nutzer und Investor über die privaten Endverbraucher hält Fritzsche für illusorisch. Er verweist auf die jüngsten Zahlen, die die Wirtschaftsprüfer von EY veröffentlicht haben. Demnach betragen die Kosten für den grünen Umbau des Landes bis 2030 insgesamt 721 Millionen, und bis 2035 sogar mehr als 1,2 Billionen Euro. Böhme stimmt ihm zu: „Wenn die Politik die Energiewende will und verlangt, dass private Investoren bei der Transformation helfen, dann muss sie den entsprechenden Rechtsrahmen dafür schaffen. Er muss attraktive und planbare Investitionen ermöglichen.“ Ferrante würde sich ebenfalls über Fördermöglichkeiten und klare Regelungen freuen, aber ihm ist auch eine Beschleunigung der Prozesse wichtig. „Es ist dringend notwendig, dass wir eine Baugenehmigung wieder deutlich schneller durchbekommen; früher ging das auch in zwölf bis 18 Monaten. Heute dauert das drei bis vier Jahre, und am Bau ist Zeit Geld, denn jemand muss das Grundstück finanzieren“. Als Grund sieht er komplexe Vorschriften und eine Verwaltungsinfrastruktur, die in gewissen Bereichen überfordert ist. „Das liegt auch an der fehlenden Digitalisierung in Deutschland; zum Glück ist der digitale Bauantrag auf dem Weg. Auch die unterschiedlichen Vorschriften in den einzelnen Bundesländern tragen dazu bei, dass alles länger dauert“, bemängelt Ferrante. Die fünfprozentige Sonder-AfA beim Mietwohnungsbau, die das Wachstumschancengesetz bringt, sei schon mal ein guter Schritt. „Zumindest hilft das bei Projekten, die vorher aufgrund der gestiegenen Baukosten und Bauzinsen gerade nicht oder gerade eben break-even waren.“

Alles in allem scheint es noch einiges zu brauchen, um die viel beschworenen privaten Geldmittel in die Transformation und den Wohnungsbau zu lenken, aber einige der Themen hat der Gesetzgeber offenbar bereits erkannt und in Angriff genommen.

Anke Dembowski

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