Gekauftes Wachstum
Vermögensverwalter mit Wachstumsambitionen haben zuletzt stärker auf die Übernahme von Mitbewerbern und deren Assets under Management gesetzt. Vor allem in Europa und speziell in Frankreich drehte sich das Übernahmekarussell dynamisch.
Vor dem Hintergrund eines hochkompetitiven Marktumfelds, in dem Fondsgesellschaften um jedes Mandat und um jeden Marktanteilsgewinn hart kämpfen müssen, gleichzeitig aber auch immer wieder Vermögensverwalter zum Verkauf stehen, sind Übernahmen zur Steigerung der eigenen Assets under Management nicht nur eine naheliegende, sondern fast schon eine zwingende Notwendigkeit. Das zeigte sich jedenfalls im ersten Halbjahr 2024, in dem zahlreiche Fusionen unter Fondsgesellschaften abgeschlossen wurden und die beim Käufer zu deutlichen Zuwächsen beim verwalteten Vermögen führten.
So konnte Franklin Templeton das verwaltete Vermögen von zirka 1,3 auf 1,5 Billionen Euro steigern, indem man dem US-Versicherer Great-West-Lifeco die Investmentgesellschaft Putnam abkaufte. Begründet wurde die Übernahme mit dem Ziel, das Produktangebot zu verbreitern.
Der Anstieg bei Generali Investments beruht auf der Übernahme von Conning Holdings, die Anfang des zweiten Quartals endgültig abgeschlossen wurde. Mit Conning wurden auch deren Töchter Octagon Credit Investors (Spezialist für Bank Loans und CLOs), Global Evolution (Emerging Market Debt) und Pearlmark (Real Estate Debt und Real Estate Equity) übernommen und dem Boutiquenkranz von Generali einverleibt. Mit dem Kauf erweitert Generali nicht nur seine bestehende Expertise in der Vermögensverwaltung für Versicherungs- und institutionelle Kunden, sondern verbessert gleichzeitig auch das Produktangebot und insbesondere das Drittgeschäft in den USA und Asien. Laut Generali-Group-CEO Philippe Donnet ermöglichen und erleichtern die Übernahme von Conning und die daraus resultierende langfristige Partnerschaft mit Ex-Inhaber Cathay Life (die im Gegenzug nun an der Generali Group beteiligt ist) sowie die getätigten Investitionen in die Vertriebskapazitäten die Erschließung neuer wichtiger Märkte.
Französische Fusionen
Auch bei La Française, die ihre Assets um beachtliche 238 Prozent steigern konnte, sind eine Übernahme respektive ein Zusammenschluss der Grund für diesen Zuwachs. Mutterkonzern Crédit Mutuel Alliance Fédérale, eine der führenden Banken Frankreichs, hat gleich acht ihrer Vermögensverwaltungstöchter im ersten Halbjahr in die neu aufgestellte Group La Française integriert, um auf eine kritische Masse beim verwalteten Vermögen zu kommen und Synergiepotenziale zu heben. Die neue La Française umfasst nunmehr Crédit Mutuel AM, La Française Systematic AM, La Française REM, CIC Private Debt, Crédit Mutuel Impact, Cigogne Management, Crédit Mutuel Gestion und New Alpha AM und kam damit zum Stichtag Ende Juni 2024 mit mehr als 1.000 Mitarbeitern in zehn Ländern auf ein verwaltetes Vermögen von 152 Milliarden Euro. Alle Gesellschaften unter dem La-Française-Dach arbeiten nun unter einer gemeinsamen Governance und teilen sich über diese operative Plattform ein IT-System.
Institutional Money befragte Lutz Overlack, Head of Sales (DACH) von La Française, wie sich diese Neuaufstellung, die auch zu einer gemeinsamen Vertriebsplattform geführt hat, hierzulande auf das Service- und Produktangebot auswirken und inwieweit dies Anlegern Vorteile bringen könnte: „Durch den Zusammenschluss ergeben sich einige positive Effekte. Zum einen ergänzen sich die Produktpaletten nahezu perfekt, was zu einer Verbreiterung der angebotenen Asset-Management-Strategien führt“, erklärt Overlack. „Zum anderen können die jeweiligen Asset Manager weiterhin ihre Stärken einbringen, was das Produktangebot auch qualitativ sehr attraktiv macht. Und das im Bereich der Aktien, Renten, Mixed Assets, Immobilien, Overlay/Risk Management und alternative Investments.“
Des Weiteren sind Overlack zufolge die lokalen Vertriebsteams personell zusammengewachsen, was es den Franzosen ermöglicht, ihre Kunden „noch individueller“ zu begleiten: „Und das bei institutionellen Kunden, im Wholesale-Segment und auf der Retailseite“, betont Overlack.
Das nunmehr wesentlich höhere Vermögen hat nebenbei auch dafür gesorgt, dass La Française vom zweiten in den ersten Cluster aufgestiegen ist. Das gelang darüber hinaus auch Danske Invest, Acadian AM, AQR Capital Management, Wisdom Tree und VanEck. Absteiger in den zweiten Cluster gab es keinen.
Französische Fondsgesellschaften stechen dieses Mal klar heraus, was hohe Vermögenszuwächse aufgrund von Übernahmen anbelangt. Das gilt im zweiten Cluster beispielsweise für La Financière de l’Échiquier (LFDE). Dieser kommen die Fusion mit Tocqueville Finance und die Integration ihres Fondsmanagements per 1. April 2024 zugute. Hinzu komme organisches Wachstum, betont John Korter, Head of European Sales bei LFDE. „Wir haben bei institutionellen Kunden einige Erfolge verzeichnen können. Unsere internationale Aktienstrategie, die von der Stockpicking-Expertise von David Ross geprägt ist, aber auch unsere europäischen Nebenwertestrategien unter der Leitung von Stéphanie Bobtcheff waren besonders gefragt, ebenso wie Hybridanleihen.“ LFDE ist vor allem für seine wachstumsorientierten Aktienfonds in den Bereichen europäische Small und Mid Caps, Themenfonds wie KI, Weltraumwirtschaft oder Impact Investing mit konzentrierten Portfolios bekannt. Durch die Fusion mit Tocqueville hat sich die Fondspalette erweitert, erklärt Korter: „Durch die Hinzunahme der Tocqueville-Fonds können wir zusätzlich Strategien anbieten, die etwas breiter aufgestellt und vor allem in die Kategorie ,Blend‘ einzuordnen sind. Dies erlaubt uns in Zukunft in den europäischen Ländern, wo wir präsent sind, andere Segmente und Kundenwünsche bei der Anlage zu erschließen beziehungsweise zu bedienen. Mit 20 zusätzlichen Fondsmanagern und Analysten wachsen auch die Möglichkeiten bei der Suche, Analyse und Umsetzung neuer Investmentideen bei LFDE.“
Wie die La-Française-Gruppe und LFDE profitierte auch die ebenfalls französische Mandarine Gestion von einem Zusammenschluss mit einer anderen Fondsgesellschaft. In diesem Fall wurde Meeschaert Asset Management Anfang des Jahres in Mandarine Gestion integriert, wie uns Katja Boeder, Director International Markets & Client Solutions bei Mandarine Gestion, beim Übermitteln der Zahlen über die zur Verfügung stehende „Kommentarfunktion“ dankenswerterweise wissen ließ. Ebenfalls von einer Übernahme, jedoch nur „indirekt“, profitierte HAGIM (H&A Global Investment Management). Zur Erklärung muss man ein wenig ausholen: Der rein auf institutionelle Investoren wie insbesondere Pensionskassen und Versicherungen ausgerichtete Asset Manager mit Standorten in Frankfurt und München verantwortet unter anderem die Kapitalanlage seines Mutterkonzerns, der Frankfurter-Leben-Gruppe (FLG). Da die Frankfurter-Leben-Gruppe als „Run-off“- respektive Abwicklungsplattform jüngst die Versicherungsbestände der Generali Deutschland Pensionskasse sowie der Landeslebenshilfe übernahm, hat ihr Asset Manager HAGIM automatisch mehr Assets under Management vorzuweisen.
Hinter dem Volumenanstieg bei Assenagon steht keine M&A-Aktivität, sondern ganz klassisches, überdurchschnittlich starkes organisches Wachstum: Nach einem Anstieg der Assets under Management von knapp zehn Milliarden Euro auf insgesamt fast 47 Milliarden im Jahr 2023 stiegen die Assets in den ersten beiden Quartalen 2024 um weitere zehn Milliarden auf ein Gesamtvolumen von über 57 Milliarden Euro. Dafür verantwortlich waren nach Auskunft von Matthias Kunze, Head of Distribution und Geschäftsführer bei Assenagon, die weiterhin überdurchschnittliche Performance der hauseigenen Portfoliomanagementteams und die daraus resultierenden Mittelzuflüsse. „So konnten jüngst drei unserer Publikumsfonds die bedeutende Marke von 500 Millionen Euro an Fondsvolumen knacken. Neben dem Assenagon Multi Asset Conservative, unser Flaggschiff-Mischfonds, hat mit dem Assenagon Funds Value Size Global einer unserer Aktienfonds sowie mit dem Assenagon Short Term Income ein geldmarktnaher Fonds 500 Millionen Euro an Fondsvolumen überschritten“, berichtet Kunze, um anzufügen: „Diese Entwicklung ist für uns besonders erfreulich, da sie zeigt, dass sich die sehr gute Performance über die verschiedenen Assetklassen hinweg in kontinuierlichen Nettomittelzuflüssen spiegelt.“
Beim Blick auf den unteren Bereich des zweiten Clusters fällt bei Acatis, die sich in den vergangenen Jahren von einer kleinen Investmentboutique mit Assets von lediglich ein paar hundert Millionen Euro aus dem vierten Cluster in den zweiten Cluster mit in der Spitze rund 13,6 Milliarden Euro an Assets hochgearbeitet hat, ein ungewohnter Rückgang auf. Immerhin ist das Volumen gesamthaft um zehn Prozent und die Summe der institutionellen Gelder im ersten Halbjahr um ein Viertel, also 25 Prozent, geschrumpft. Ein Grund dafür sind jene Querelen, die es aufgrund der Trennung vom Fondsmanagement respektive den Beratern des milliardenschweren Acatis Value Event Fonds gab. In der Folge ist ein Teil der Anlagegelder den ausgeschiedenen Fondsberatern Uwe Rathausky und Henrik Muhle gefolgt.
Nicht nur Acatis im zweiten Cluster verspürte Gegenwind, sondern auch mehrere bekannte Namen aus dem dritten Cluster mussten ein Minus verzeichnen. Dazu zählt beispielsweise die Warburg Invest KAG. „Der Rückgang unserer Assets under Management resultiert aus dem strategischen Verkauf der Warburg Invest AG in Hannover an Bantleon. Infolgedessen wechselte das Overlay Team der Warburg Invest samt Mandaten zu Bantleon“, erklärt Matthias Mansel, Geschäftsführer der Warburg Invest KAG.
Von Rückgängen bei den verwalteten Geldern betroffen sind zum Teil auch jene Investmentboutiquen, die sich auf einzelne Marktsegmente spezialisiert haben, die jedoch derzeit nicht in der Investorengunst stehen. Ein Beispiel ist der Emerging-Markets-Spezialist Matthews Asia, der an der zumindest im ersten Halbjahr 2024 noch immer schwachen Stimmung gegenüber Schwellenländeraktien litt. „Mit der beginnenden Zinssenkung in den USA und der Vorstellung eines neuen Konjunkturprogramms in China beginnt sich diese Stimmung gegenüber der Anlageklasse jedoch zu verbessern. Wir glauben, dass diese positiven Entwicklungen einen Wendepunkt für institutionelle Allokationen markieren könnten, weil sie ihre Schwellenländerportfolios nun neu bewerten“, erklärt Neil Steedman, Head of International Distribution von Matthews Asia, auf Anfrage.
Ähnlich wie Matthews Asia (–12?%) ist die insbesondere für ihre Wandelanleihenexpertise bekannte Fisch Asset Management (–13?%) derzeit mit einer Durststrecke konfrontiert. „Auch bei vielen institutionellen Anlegern existieren Investmentzyklen. Wir stellen fest, dass die Investoren trotz der guten Performance der Anlageklasse Wandelanleihen in diesem Jahr noch nicht wieder zurückgekehrt sind. Bei zahlreichen Investoren müssen Expertise und Vertrauen in diese Anlageklasse neu aufgebaut werden“, sagt Torsten von Bartenwerffer, CEO bei Fisch AM. Er betont, dass Wandelanleihen aufgrund ihres exzellenten Risiko-Ertrags-Profils über längere Zeiträume einen Platz in der Asset Allocation verdienen. „Wir bleiben zuversichtlich, dass wir 2025 wieder Inflows sowohl bei Wandelanleihen als auch bei unseren anderen Fixed-Income-Lösungen generieren können. Zur Vorbereitung darauf haben wir unsere Vertriebseinheit wieder stark aufgestellt. Diese wird uns zurück auf Erfolgskurs bezüglich der Assets under Management bringen.“
Eine Fokussierung auf einzelne Marktsegmente kann sich auch auszahlen, wie bei der auf digitale Vermögenswerte spezialisierten 21Shares zu sehen ist. Diese profitierte einerseits vom Preisanstieg bei Bitcoin und Co., anderseits von Nettomittelzuflüssen im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich. Inzwischen verwaltet 21Shares allein in Europa mehr als 40 ETPs und hat einen Marktanteil von 38 Prozent. „Immer mehr Institutionelle erkennen den Mehrwert von Krypto-ETPs als essenziellen Bestandteil eines gut strukturierten Portfolios, sei es für ein effizientes Core-Krypto-Exposure oder als effektives Vehikel zur Umsetzung von Handelsstrategien“, erklärt Bernhard Wenger, Head of Northern Europe.
Der Wiederaufstieg vom vierten in den dritten Cluster gelang BIT Capital, dieser ist insbesondere dem Zuwachs im institutionellen Kundensegment zu verdanken. „Neben der guten Performance der konzentrierten Auswahl wachstumsstarker Portfoliotitel ist die positive AuM-Entwicklung des ersten Halbjahres 2024 auf verschiedene Erfolgsfaktoren zurückzuführen“, hält Marcel Oldenkott, Geschäftsführer und Co-CIO bei BIT Capital, fest. Abgesehen von einem guten Händchen bei der Einzeltitelauswahl, bei denen opportunistisch aktiv getradet wird, um Alpha zu erzielen, konnten die Berliner darüber hinaus bei Profianlegern mit verbesserten Risikomanagementprozessen punkten, um rascher als andere Fondshäuser auf versteckte Risiken auf Makro- und Mikro-Ebene reagieren zu können.
Während BIT Capital vom vierten Cluster aufstieg, musste B&I Capital in diesen absteigen. Neu im vierten Cluster sind die neu gegründete Sara Fund Management sowie (aufgrund des Überschreitens der 200-Millionen-Euro-Schwelle) die Daniels, Gritzka, Kraft & Co. Vermögensverwaltung.
„Mit unserem Zwei-Säulen-Modell einer auf institutionelle Investoren abgestimmten individuellen Vermögensverwaltung einerseits und dem Macro Allocation Fund als Publikumsfonds andererseits ist MainSky weiter auf Wachstumskurs“, begründet Dr. Eckhard Schulte, Vorstandsvorsitzender von MainSky Asset Management, die erfreuliche Entwicklung. Überdurchschnittlich hohe Zuwächse, insbesondere im institutionellen Segment, gibt es bei Robert Beer Investment. Deren Gründer und Geschäftsführer Robert Beer nennt als Gründe ein eingespieltes Vertriebsteam sowie marktgetriebene Ursachen: „Nach den deutlichen Zuwächsen bei Aktienindizes fragen institutionelle Kunden verstärkt nach risikoadjustierten Strategien. Hier haben wir mit dem RB LuxTopic Aktien Europa und dem RB LuxTopic Flex zwei Lösungen, die bereits seit über 20 Jahren am Markt sind und bewiesen haben, die Balance zwischen Rendite und Risiko sehr gut zu meistern.“
Anton Altendorfer