Comeback-Chance
Die Pandemie hat auch der Tourismusbranche eine beispiellose Krise beschert. Die Frage, ob sich der Einstieg in Hotelimmobilien heute schon lohnt, ist trotz einer erkennbaren Erholung nicht leicht zu beantworten. Marktkenner sehen am ehesten im Budget- und Midscale-Bereich Opportunitäten.
Vor Covid lag der Anteil des Reise- und Tourismusgeschäfts nach Angaben des World Travel & Tourism Councils mit 9,6 Billionen US-Dollar bei mehr als zehn Prozent der globalen Wirtschaftsleistung, im Jahr 2020 halbierte sich dieses Volumen in etwa. 2021 brachte zwar ein Plus von fast 22 Prozent oder rund 1.000 Milliarden US-Dollar, zu den alten Höchstwerten ist es aber noch ein weiter Weg, und angesichts der drohenden Rezession in vielen Regionen erscheint der Tourismus aktuell nicht unbedingt die naheliegendste Investitionsidee zu sein. Andererseits kauft man erfahrungsgemäß nur dann billig, wenn die Aussichten ungünstig sind, daher dürften sich derzeit durchaus einige langfristig agierende Investoren die Frage stellen, ob das Immobiliensegment „Hotel“ nicht doch Chancen bietet. Die Stimmung auf der Immobilienmesse ExpoReal Anfang Oktober zeigte, dass die Branche langsam zu ihrem Optimismus zurückfindet, was das Hotelsegment betrifft: „Vieles deutet auf ein Comeback dieser Assetklasse hin. Aktuell bieten sich in diesem Segment durchaus attraktive Opportunitäten für Immobilieninvestoren. Dabei ist jedoch mehr denn je auf die Qualität zu achten: Immobilienqualität, ESG-Eignung, Lage und erstklassige Mieter sowie deren Konzepte“, meint Tomasz Dukala, Board Member bei EPH European Property Holdings.
„Bis März 2020 war die Hotelwelt wachstumsverwöhnt, weshalb sich Hotels zum Liebling der Immobilienwelt entwickelt hatten“, meint Martin Schaffer, Managing Partner beim MRP Hotels, die strategisches Hotelconsulting anbieten. „Corona war dann der Showstopper. Wir sind zwar schon wieder überzeugt von der Hotel- und Tourismussparte, aber die Investoren stehen noch auf der Bremse, was Transaktionen betrifft.“ Daniela Bense, Head of Hotel Transaction beim Immobilienberater Lübke Kelber, sieht aber auch positive Signale: „In einigen Regionen Deutschlands sind die Übernachtungszahlen bereits wieder über das Vor-Corona-Niveau hinaus gestiegen.“ Die Transaktionsanzahl habe 2021 marginal angezogen, allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau.
Höhere Renditeansprüche
Über die Krise und mit dem Zinsanstieg haben sich auch die Renditeansprüche der Investoren geändert: „Vor Corona lag die Spitzenrendite für eine Hotelimmobilie bei etwa 3,65 Prozent, aber die Coronakrise hat insbesondere gezeigt, dass das Hotelsegment gewisse Risiken birgt. Aufgrund der höheren Volatilität gegenüber anderen Immobiliennutzungsarten und der gestiegenen Zinsen erwarten Investoren jetzt höhere Renditen, und die gibt es auch“, beobachtet Bense.
Die Verhältnisse haben sich durch die Pandemie verändert: Während bis zur Coronakrise oft die Vermieter eine stärkere Verhandlungsposition hatten, hat sich die Situation geändert: „Durch die Pandemie-Erfahrung haben die Betreiber mehr denn je lernen müssen, das Betreiberrisiko nachhaltig einzuschätzen und zu verteilen, sodass wir heute mehr Hybridverträge zwischen Betreibern und den Immobilieneigentümern sehen. Bis 2019 waren Mietverträge mit einer festen Miete pro Zimmer die Regel. Jetzt sehen wir zunehmend auch Verträge mit einer niedrigeren Mindestmiete pro Zimmer, aber zusätzlich einer an den Hotelumsatz gekoppelten Komponente“, erklärt Bense. So werden die der Hotelimmobilie inhärenten Betreiberrisiken zumindest in Teilen an den Immobilieneigentümer weitergegeben und kommen letztlich auch dem Interesse des Investors nach einem wirtschaftlich stabilen Betreiber entgegen.
Theodor Kubak, Geschäftsführer der Arbireo-Hospitality-Plattform, meidet allerdings Verträge mit Umsatzkopplung. „Aus regulatorischen Gründen ist es wichtig, dass es sich um Festpachtverträge handelt, deren Miete nicht an Umsatz oder Gewinn gekoppelt ist.“ Reine Indexklauseln stellten in dieser Hinsicht allerdings kein Problem dar. Arbireo Capital ist ein Asset und Investment Manager, der sich überwiegend an institutionelle Investoren wendet, für die die Frage der Gewerblichkeit eine wichtige Rolle spielt.
Tatsächlich sei der Hotelmarkt in der Vor-Corona-Zeit bis 2019 relativ teuer geworden, meint Schaffer: „Wir haben Renditen von nur vier Prozent gesehen, in Bestlagen sogar unter drei Prozent. Dort wurde 2019 teilweise deutlich über das 25-Fache hinaus gezahlt. Jetzt stehen auf dem Wunschzettel der Investoren Renditen von fünf Prozent. Die gibt es in der Stadthotellerie schon wieder, weil sich teilweise die Faktoren reduziert haben“, so Schaffer. „Für Trophy Assets kommt man allerdings auch heute noch lediglich auf drei Prozent, denn in Topinnenstadtlagen sind die Kaufpreise kaum runtergegangen.“ Die Preise für B- und C-Lagen waren hingegen weniger wertbeständig. „Dort sehen wir jetzt deutlich niedrigere Preise als vor Corona, wobei es derzeit wenig echte Evidenz gibt, da wenig verkauft wird beziehungsweise wurde“, so Schaffer.
Value-Add-Bereich
Bei höheren Renditeerwartungen müssen Investoren in den Value-Add-Bereich vordringen. „Das sind Hotels, bei denen ein Betreiberwechsel notwendig ist oder ein Umbau ansteht“, erklärt Schaffer, gibt aber zu bedenken: „Bei Adressen außerhalb der Citylagen ist es aktuell schwierig, einen neuen Pächter zu finden, und Umbauten sind momentan teuer und außerdem schwer kalkulierbar.“ Überhaupt sei eine Neuverpachtung momentan nicht einfach, weil nur wenige Betreiber in der Lage sind, die dafür notwendige Bankgarantie zu hinterlegen. „In dieser Situation tun sich Investoren leichter, die keinen Pachtvertrag brauchen, sondern auch mit einem reinen Managementvertrag arbeiten können“, so Schaffer. Ketten wie Hilton und Marriott arbeiteten überwiegend so – oder auch der Investor und Projektentwickler Art-Invest Real Estate, der Hotels kauft und einige dann von sich selbst – über eine eigene Pachtgesellschaft – pachtet. „Früher wollte man in der Hotellerie asset light sein; jetzt sehen wir hier einen Weg zurück. Es gibt mittlerweile wieder mehr Kombinationen aus Besitzen und Betreiben“, so Schaffer. Genau bei solchen Fragestellungen berät sein Unternehmen Hotelbesitzer und vermittelt auch passende Betreiber. Kubak sieht diesen Trend ebenfalls, gibt aber zu bedenken: „Aufgrund ihrer Regulatorik müssen die typischen institutionellen Investoren Pachtverträge abschließen, die ja letztlich auch gute und stabile Renditen bieten. Für regulierte Produkte schränkt dies die Möglichkeit ein, in den Value-Add-Bereich zu investieren, denn aktuell ist es hier nicht leicht, einen neuen Pächter zu finden“, so Kubak.
Wie weit die Preise noch fallen werden, ist die Frage, die sich viele stellen. „In Zeiten steigender Zinsen ist grundsätzlich auch mit steigenden Renditen bei Immobilien zu rechnen. Im Hotelsektor allerdings wurde ein großer Teil der Renditeanpassungen bereits während der Pandemie vorweggenommen“, meint Andreas Löcher. Er leitet das Hospitality-Investment-Management-Team von Union Investment. Der genossenschaftliche Asset Manager sieht bereits seit über 40 Jahren gute Chancen im Hotelsegment und investiert darin. „In unseren Immobilienfonds investieren wir seit vielen Jahren in Hotels als Beimischung. Im Augenblick liegt der Anteil bei etwa 15 Prozent der Fondsvermögen. Vor acht Jahren haben wir zusätzlich einen Immobilien-Spezialfonds gezielt für Hotelinvestments aufgelegt, der auf großes Interesse gestoßen ist.“
Inlandsfokus
Löcher hält trotz der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Situation viel von Hospitality-Investments. „Hotels sind frühzyklisch und reagieren somit direkt mit der wirtschaftlichen Entwicklung. Für besonders resilient halten wir auch in dieser Krisenphase das Budget- und Midscale-Segment, das deutlich kosteneffizienter ist; aber auch das Luxussegment, in dem Gäste tendenziell wenig preissensitiv sind – auch in rezessiven Phasen“, erklärt Löcher. Voll-Hotels, die das gesamte Programm von Logis über Food & Beverage bis hin zu Fitness- und Wellnessanlagen anbieten, tun sich in der aktuellen Lage hingegen schwerer, weil höhere Personal- und Energiekosten auf die Margen drücken.
Löcher erwähnt, dass Union Investment der erste institutionelle Investor war, der in Motel One investiert hat. „Brands wie Motel One oder Premier Inn passen sehr gut zu uns“, erzählt Löcher. Auch Apartmenthotels beziehungsweise Long-Stay-Konzepte hält er für spannend. „Hier haben wir bereits in ein Adina in Stuttgart oder in Staycity in London investiert.“ Ferner hält er auch Ferienhotels in erdgebundenen Destinationen für attraktiv. Speziell für den deutschen Hotelmarkt sieht Löcher einen positiven Effekt: „Im Freizeitbereich unternehmen die Menschen weniger Fernreisen, weil sie lieber erdgebunden und damit nachhaltiger und auch sicherer reisen. Sie bleiben daher im eigenen Land beziehungsweise im näheren Ausland.“
Im Bestand hat Union Investment etwa 90 Hotels, verteilt über verschiedene Publikums- und Spezialfonds. „Wir haben eine breite Diversifikation an Hotelimmobilien erreicht – von kleineren Orten wie Rostock bis zu den großen internationalen Gateway Citys wie New York oder Chicago und auch über die verschiedenen Brands von Motel One über Steigenberger bis Adina“, so Löcher. Im ersten Quartal 2022 habe man gerade ein größeres Objekt in Barcelona nahe der Sagrada Família erworben.
Energetische Ausstattung
Bei Ankäufen achtet Löcher neben der zentralen Citylage insbesondere auf die energetische Ausstattung. „Die wird immer wichtiger. Vor allem wegen der explodierenden Energiekosten, aber auch weil sich sowohl Gäste als auch Investoren zunehmend für das Thema Nachhaltigkeit interessieren.“ Bei Ankäufen schaut er sich weniger die Zertifizierungen der Häuser an (z. B. nach DGNB, LEED, BREEAM), als vielmehr die Konformität mit den Anforderungen der EU-Taxonomieverordnung und des Carbon Risk Real Estate Monitor (CRREM), um zu verstehen, wie Energieverbrauch und CO2-Emissionen eines Hauses über die Zeit reduziert werden. „Wir berücksichtigen das sowohl im Ankauf als auch im Asset Management im laufenden Betrieb“, so Löcher. „Dazu schauen wir uns mit den Hotelbetreibern gemeinsam die Daten an.“
Nachhaltigkeit sei aktuell eine Frage wirtschaftlicher Überlegungen, meint Martin Schaffer. „Ein Hotelbetrieb ist sehr energieintensiv. Vor dem Anstieg der Energiepreise haben die Energiekosten etwa fünf bis sechs Prozent vom Umsatz ausgemacht. Eine Verdopplung oder Verdreifachung der Energiekosten kann den Hotelbetrieben schnell die gesamte operative Gewinnmarge wegfressen, wenn sie keine Vorkehrungen getroffen haben“, malt Schaffer ein düsteres Bild. Er schätzt, dass etwa 60 bis 80 Prozent der Hotelbetriebe davon betroffen sein werden. Doch er hat einen Lösungsvorschlag: „Hotels müssen Erdwärme- und Solaranlagen nachrüsten, um die Energiekosten in den Griff zu bekommen.“ Oft seien sich Eigentümer und Betreiber aber nicht einig, wer die Kosten für die energetische Sanierung tragen soll. „Hier müssen sich die beiden Parteien zusammensetzen und zu einer fairen Kosten-Ergebnis-Teilung über die Restlaufzeit des Pachtvertrags kommen“, so Schaffer. Das treffe ganz besonders die Luxus- und Ferienhotellerie, da diese noch energieintensiver sei als die Stadthotellerie. „Da können Sie noch so sehr auf Handtuch-wechsel und Zimmer putzen verzichten. Das wirkliche Einsparpotenzial liegt im Heizen und Kühlen“, sagt Schaffer.
Für ein Investment in Hotels spricht unter anderem, dass es aktuell einen sehr liquiden Markt gibt. „Seit einigen Jahren findet in der Hotellerie ein Generationenwechsel statt: Viele familiengeführte Hotels bleiben nicht länger in Familienhand, weil die junge Generation etwas anderes machen möchte. Große Hotelketten haben sich daher zuletzt auch Standorte in B- und C-Städten gesichert – einfach weil sie auf den Markt kamen und innerhalb der Stadt zumeist zentral liegen und keine professionell geführten Konkurrenzbetriebe vorhanden waren“, erklärt Bense und ergänzt: „Die privaten Betreiber haben oft nur wenig in ihre Häuser investiert, sodass die Hotelketten die übernommenen Betriebe erst einmal umfassend modernisieren mussten.“
Digitalisierung tut Not
Vom Einbau moderner Bäder über energetische Sanierungen bis hin zu generellen Modernisierungen steht hier einiges an. Phillip Rohweder sieht insbesondere bei der technischen Ausstattung großen Nachholbedarf. „Früher waren Hotels Vorreiter bei der Digitalisierung. Sie haben z. B. früh Keycards oder TV on Demand eingeführt. Aber jetzt kommt mir ein Besuch in einem herkömmlichen Hotel eher wie eine Zeitreise in die Vergangenheit vor“, meint Rohweder. Er ist Director Real Estate beim Hotelbetreiber und Investor Numa, der stark auf neue Technologien setzt. „Hotels müssen personal-lean werden und ihre Prozesse stärker digital verknüpfen“, so Rohweder. Die Personalintensität von Hotels und die aktuelle Knappheit von Fachpersonal treiben sie dazu. „Ein Dreisternehaus erreicht bei einem Zimmerpreis von 70 Euro pro Nacht in etwa seinen Break-even. Das Personal macht hier etwa 30 Prozent der Kosten aus, Energie inzwischen acht bis 15 Prozent, je nach Objekt und Ausstattung“, rechnet Rohwedder vor. „Wir schauen, dass wir für ein gutes, modernes Boutique-Apartment im Schnitt zwischen 140 und 160 Euro pro Nacht erzielen. Dabei machen wir unsere Preise täglich und nutzen unseren Technologievorsprung.“
Digitalisierungsfortschritte
80 Prozent der internen Prozesse bei Numa sind bereits digitalisiert, von Buchung und Zimmervergabe bis hin zu Housekeeping, Buchhaltung, Checkout. Weil die Objekt-Daten systematisch gesammelt und ausgewertet werden, kennt Numa die Auslastung seiner Häuser auf Knopfdruck. „So können wir Verwaltungsaufwand und Betriebskosten deutlich reduzieren. Das hält uns skalierbar und kosteneffizient und hilft uns, auch starke Marktschwankungen zu überstehen“, so Rohweder. Gerade in der jetzigen Zeit interessierten sich Investoren dafür, ob der Betreiber krisensicher ist. Auch den Kunden käme das Technologie-Upgrade zugute. „Wir erfassen die Kundendaten nur einmal, sodass die Gäste nicht jedes Mal neu ihre Daten im Meldeschein eintragen müssen. Über KI-Systeme werten wir Beschwerden zimmerbezogen aus. So können wir schnell ermitteln, wenn ein Zimmer besonders laut oder die Klimaanlage defekt ist, und Maßnahmen ergreifen.“
Was die Lage der Numa-Hotels betrifft, setzt Rohweder auf Topstandorte: „Corona hat gezeigt, dass persönliche Kontakte nicht wegzudenken sind. Die Leute reisen vielleicht eher mit der Bahn an als früher und wollen dann in A-Lagen wohnen, und zwar in modern geführten Häusern.“
Bei PGIM Real Estate ist man für den Hotelsektor weniger optimistisch, zumindest kurzfristig und mit Ausnahme des Low-Budget-Segments. „Die Zeit der Corona-Lockdowns war schwierig, aber dank staatlicher Unterstützungsprogramme kam es nur zu wenigen Hausschließungen. Wenn, dann wurden überwiegend Häuser im unteren Fünfsternesegment geschlossen“, betrachtet Sebastiano Ferrante den Markt. Er ist Deputy Head of Europe bei PGIM Real Estate. Auch verzeichnete der Hotelsektor ein starkes erstes Halbjahr 2022. „Hotels hatten wieder ähnliche Belegungszahlen wie vor Corona“, so Ferrante. „Was den Hotelbetreibern derzeit zu schaffen macht, sind die hohen Energiepreise, fehlendes Fachpersonal und eine rezessive Situation, in der es schwieriger wird, hohe Preise für Hotelübernachtungen durchzusetzen“, zählt Ferrante die Schwierigkeiten auf. „Vermutlich werden die Energiepreise nicht wieder auf das Niveau von 2021 runtergehen“, wagt er einen Blick in die Zukunft. Daher käme es heute mehr als früher darauf an, darauf zu achten, dass der Betreiber operativ stabile Strukturen habe.
Bense beobachtet in dem Zusammenhang ein neues Preisgestaltungsphänomen: „Teilweise sehen wir, dass Hotelbetreiber zusätzlich zur regulären Zimmerrate noch eine Energiepauschale ausweisen.“ Ähnliche Preisgestaltungen konnte man in der Vergangenheit schon bei Airlines mit der Kerosinpauschale beobachten.
Die größten Chancen sieht Ferrante aktuell im Low-Service-Bereich, etwa bei Boutique- und Budget-Hotels, sowie im Lean-Luxury-Segment. „Die Menschen wollen oder müssen trotz der Rezession reisen, aber sie sind bei den Übernachtungen jetzt sparsamer und buchen eher eine Klasse günstiger als vor Corona“, so Ferrante, „Häuser, die technisch und digital gut aufgestellt sind, können im Low-Service-Bereich hohe Margen erzielen.“ Man sehe dies bereits an Häusern, die keine Rezeptionen mehr besetzen, und am eingeschränkten Service, dass z. B. die Handtücher seltener gewechselt und die Zimmer nicht mehr täglich gereinigt würden.
Gute Chancen sieht er auch im Bereich Long-Term-Lease und Open Air. „Wir folgen der Private-Equity-Schiene und investieren in die für Touristen vergleichsweise preisgünstigen Segmente Mobile Home, Tiny House, Campingplätze. Dabei handelt es sich um äußerst resiliente Segmente des Hospitality-Bereichs, selbst dann, wenn die Rezession anhält und die Energiepreise hoch bleiben“, so Ferrantes Überlegung. Im Rahmen seiner Value-Add-Strategie plant PGIM Real Estate bis zu 150 Millionen Euro in Open-Air- Tourismus zu investieren, überwiegend in Italien. „Dort ist die Saison länger als in Deutschland, die Margen sind attraktiv, und Deutsche, Österreicher und Niederländer fahren gern nach Italien“, erklärt Ferrante. Campingplätze seien eine oft unterschätzte Cashcow mit starken operativen Margen „Zweistellige Eigenkapitalrenditen sind im Segment Camping machbar. Allerdings ist es schwierig, an Investments zu kommen, weil viele Campingplätze im Familienbesitz sind“, so Ferrante. Aber durch den Generationenwechsel, der auch hier im Gange ist, ergeben sich zuweilen interessante Sourcing-Chancen.
Preisgünstiges Segment
Arbireo Capital setzt zwar nicht auf Campingplätze, aber ebenfalls auf „Lean Management“-Strategien, erklärt Theodor Kubak, Geschäftsführer der Arbireo-Hospitality-Plattform. Bei der Auswahl von Hotelimmobilien achtet Kubak auf drei Kriterien: „Zum einen muss das Hotel zeitgemäß und darf kein Auslaufmodell sein. Insbesondere auch ein jüngeres Publikum sollte sich angesprochen fühlen.“ In diese Kategorie fallen Brands wie Motel One, Ruby oder B&B, aber auch relativ junge Brands, die versuchen, sich einen Namen zu machen, etwa Moxy von Marriott. „Zweitens muss die Pacht nachhaltig erzielbar sein“, so Kubak. Dazu achtet Arbireo darauf, dass der operative Gewinn aus dem Betrieb nicht nur die Pacht abdeckt, sondern einen Überschuss einbringt. „Unsere Zielvorstellung ist eine Pachtabdeckung von mindestens 1,5. Wenn die Pacht 100 beträgt, sollte der Ertrag des Hotels bei 150 liegen“, präzisiert Kubak. „Und drittens setzen wir auf professionelle Betreiber, die gezeigt haben, dass sie über Jahre hinweg einen Betrieb führen und die Pacht bezahlen können.“ So würde Arbireo nicht als Erstes in eine Marke investieren, deren Name noch nicht etabliert ist. Ob Hotels wohl wieder so gut laufen werden wie vor der Corona-Pandemie? „Ich glaube schon“, meint Kubak, „denn wir alle haben während der Coronazeit die Erfahrung gemacht, dass der persönliche Austausch nicht vollständig durch virtuellen Kontakt ersetzt werden kann.“ Er glaubt allerdings, dass Geschäftsreisen heute anders aussehen. „Wir werden nicht mehr für jedes Meeting in die nächste Stadt fliegen, sondern kumuliert reisen. Das heißt, es werden mehrere Treffen zusammengefügt, die Anzahl der Reisen verringert, aber dafür die Tage des Aufenthalts erhöht“, meint Kubak.
Auch das Thema ESG könne den Businesshotels in die Karten spielen, meint Tomasz Dukala, etwa wenn es um die Einschränkung von Geschäftsflügen aufgrund von Dekarbonisierungsmaßnahmen geht: „Wenn dadurch mehrere Termine verbunden werden, um die Zahl der Flüge zu reduzieren, oder eine Zugreise nicht am gleichen Tag zurück geht, könnte das die Aufenthaltsdauer verlängern. Ebenso wenn Termine frühmorgens stattfinden, erfolgt die Anreise schon am Vorabend. Das könnte auch zur Anhebung der Übernachtungszahlen beitragen“, meint Dukala. Doch selbst wenn die Zahl der Übernachtungen steigt, stellt sich die Frage, wie gut sich künftig höhere Preise durchsetzen lassen. Angesichts der rezessiven wirtschaftlichen Lage kann sich Kubak nicht vorstellen, dass sich die Übernachtungspreise absehbar analog zur aktuell hohen Inflation anheben lassen. „Da wird es an der einen oder anderen Stelle zu Einbußen kommen. Aber es steigen ja auch nicht alle Kosten eines Hotels analog zur Inflation.“ Außerdem habe man in der Hotellerie gelernt, effizienter zu agieren. Er verweist auf digitale Check-in-Kiosks, den Rechnungsversand per E-Mail oder den Verzicht auf tägliche Zimmerreinigung. „Diese Dinge schränken den Service für den Kunden nicht spürbar ein, entlasten aber einen Hotelbetrieb enorm“, so Kubak. Die Notwendigkeit zur Effizienzsteigerung sieht auch Schaffer. „Energie, Wareneinkauf und Mitarbeiter machen den Großteil der Kosten eines Hotels aus. In diesen drei Bereichen liegt die Teuerung aber über der allgemeinen Inflationsrate. Daher ist eine effizientere Betriebsführung unbedingt notwendig“, so Schaffer. Er meint zwar, dass die Gäste momentan bereit seien, höhere Preise zu zahlen, bezweifelt aber, dass sich Preissteigerungen von 20 bis 25 Prozent durchsetzen lassen. „Da ist uns die Airline-Industrie einen Schritt voraus. Die waren in der Lage, seit Mai die Flugpreise um 25 Prozent zu erhöhen“, meint Schaffer.
Zurückhaltung der Banken
Bleibt noch die Frage der Finanzierung. Die allgemeine Situation hat dazu geführt, dass es schwieriger geworden ist, die Banken von einer nötigen Fremdkapitalisierung zu überzeugen. „Heute müssen die Investoren definitiv mehr Eigenkapital mitbringen als vor der Coronakrise, und wohin die Zinsentwicklung gehen wird, ist noch nicht klar“, so Bense. Das bestätigt auch Schaffer. „Bei den Banken schrillen immer noch Alarmglocken, wenn sie Hotel hören, sie verlangen hohe Risikoaufschläge. Während man früher vielleicht 25 Prozent Eigenkapital mitbringen musste, fordern die Banken jetzt eher 50 Prozent“, so Schaffer. Jetzt kämen die All-Cash-Investoren und nehmen Eigenkapital raus. „Diese Investoren haben hohe Zinserwartungen auf ihr eingesetztes Kapital. Die sind aber mit Hotels schwer zu verdienen.“
Anke Dembowski
Anke Dembowski