All-Time-High, aber …
Obwohl die Fondsbranche beim verwalteten Vermögen ein Allzeithoch erreicht hat, können sich Asset Manager nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Zu groß ist der Innovations- und Wachstumsdruck, der zu einer schärferen Fokussierung zwingt.

Die globale Asset-Management-Industrie sieht auf das Jahr 2024 mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück. Auf der positiven Seite sind die verwalteten Assets under Management (AuM) um zwölf Prozent auf einen Rekordstand in Höhe von 128 Billionen US-Dollar gestiegen, auf der anderen Seite haben sich aber auch die Kosten um sieben Prozent erhöht. Hinzu kommt, dass viele bestehende Produkte und Vertriebskanäle zumindest langfristig nicht als wettbewerbsfähig gelten. Zu diesem teilweise wenig schmeichelhaften Ergebnis kommt zumindest die Boston Consulting Group (BCG) in ihrem diesjährigen „Global Asset Management Report 2025“.
Der Bericht hebt kurz zusammengefasst drei Schlüsselfaktoren hervor, die die Branche prägen: Abgesehen von einem Fokus auf die Kosten sowie dem Bedarf an Konsolidierung und digitaler Transformation nennt der Report auch neue Produktmöglichkeiten aufgrund sich ändernder Anlegerbedürfnisse und in diesem Zusammenhang Wachstumschancen im Bereich aktiver ETFs sowie Private-Markets-Investments an Endkunden. „Erfolgreich sein im Asset Management bedeutet heute, mehr mit weniger zu erreichen – schlankere Modelle, intelligentere Technologie und eine schärfere Fokussierung auf den Kunden“, empfiehlt abschließend Ivana Zupa, Managing Director & Partner bei BCG und Mitautorin des Berichts.
Das, was BCG der Fondsindustrie empfiehlt, setzt J.P. Morgan AM offenbar schon längere Zeit erfolgreich um, wie das überdurchschnittliche Wachstum der Assets under Management (+13?%) im Vergleich zu den anderen Branchengrößen im Berichtszeitraum zweites Halbjahr 2024 zeigt. „Der Anstieg unserer Assets under Management ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, die sich positiv auf unsere Marktpositionierung und unser Wachstum ausgewirkt haben“, erklärt Clara Fiedrich, Leiterin institutionelle Kunden in Deutschland und Österreich bei J.P. Morgan AM, auf Anfrage von Institutional Money. Als einen Faktor nennt Fiedrich exemplarisch die stetigen Investments ihres Hauses in Research und Technologie, die schlussendlich der Performance und damit den Kunden zugutekommen sollen: „Jedes Jahr investieren wir mehr als 400 Millionen US-Dollar in unsere Researchkapazitäten und weitere 500 Millionen US-Dollar in Technologie. Laut McKinsey haben wir zudem mehr als 40 Prozent höhere Risikoaufwendungen als unsere Wettbewerber. Dies unterstützt die Investmentexperten und uns als Haus dabei, uns in einem sich schnell verändernden Marktumfeld zu behaupten.“ Auch der BCG-Empfehlung zu einer schärferen Fokussierung ist J.P. Morgan AM schon vor längerer Zeit gerecht geworden. „Wir haben vor Jahren eine strategische Entscheidung getroffen, uns ausschließlich auf aktives Management zu konzentrieren, und sind bereits zum zweiten Mal in Folge führend bei den aktiven Flows. Dies zeigt, dass unsere Strategien und deren Umsetzung von den Kunden geschätzt werden.“
An der Weiterentwicklung des eigenen Geschäfts arbeitet ebenfalls Morgan Stanley IM (MSIM), die wie J.P. Morgan AM um 13 Prozent wuchs – insbesondere im Bereich liquider Anlagen. „Gleichzeitig haben wir das bestehende Kundengeschäft durch zusätzliche Angebote ausgebaut, neue Anlageprodukte aufgelegt und unsere Plattform funktional weiterentwickelt. Weitere Impulse kamen durch Mandatsgewinne bei institutionellen Kunden, die bereichsübergreifende Lösungsansätze nachfragen“, erklärt Martin Pitzer, Managing Director und Deutschlandchef von MSIM. „Unsere breite Aufstellung in den Anlageklassen Aktien, Anleihen, Alternatives und Liquidität bietet eine stabile Ertragsbasis – auch in herausfordernden Marktphasen. Letztlich gilt: Je stärker das verwaltete Vermögen wächst, desto größer sind die Skaleneffekte – das unterstützt Margen und schafft Freiräume für Investitionen in die Weiterentwicklung des Geschäfts.“ Das erklärt, warum im Institutional Money Ranking bei den sehr großen Asset Managern in der Regel ein relativ stabiles Wachstum bei den Assets under Management zu beobachten ist und größere Rückgänge fast nie zu sehen sind. Manchmal gibt es jedoch Ausnahmen.
Angesichts der Empfehlung, sich auf den Kunden zu fokussieren, sticht umso mehr dieses Mal im ersten Cluster, der alle Asset Manager über 100 Milliarden Euro umfasst, der massive Rückgang bei Western Asset Management in Höhe von 27 Prozent ins Auge. Der Grund dafür? Bei dem US-Vermögensverwalter mit Fokus auf institutionelle Investoren und Fixed Income wurde ein Betrug bekannt. Der ehemalige Co-Investmentchef Ken Leech soll bei frisch eingegangenen Derivateinvestments nicht gleich eine Verbuchung vorgenommen haben, sondern erst deren weitere Kursentwicklung abgewartet und allfällige Gewinne seinen von ihm selbst verwalteten Fonds, Verluste hingegen Fonds seiner Kollegen zugewiesen haben. Dieses „Cherry Picking“ ist streng verboten, führte zu mehreren Anklagen und vor allem dazu, dass Investoren nach Bekanntwerden einen dreistelligen Milliarden-US-Dollar-Betrag abzogen.
Auf dem Weg nach oben
Keine Abflüsse, sondern Nettomittelzuflüsse sorgten beim Asset Management der SEB dafür, dass die Schweden im zweiten Halbjahr den Aufstieg vom zweiten in den ersten Cluster geschafft haben. Ähnliches wird zukünftig wohl auch Record Currency Management und DNB Asset Management gelingen, die im zweiten Cluster an der Spitze liegen. Knapp gefolgt von der BayernInvest und Erste Asset Management, die der C-Quadrat-Gruppe den Nachhaltigkeitsspezialisten Impact Asset Management abgekauft hat, der immerhin Assets in Höhe von etwas mehr als vier Milliarden Euro mitbrachte. Weiterhin dynamisch wächst Assenagon AM, die nach einem bereits starken ersten Halbjahr auch im zweiten einen Zuwachs von 26 Prozent verzeichnete. „Erfreulicherweise ist es uns bei Assenagon im vergangenen Jahr erneut gelungen, an die positive Wachstumsdynamik der Vorjahre weiter anzuknüpfen“, erklärt Matthias Kunze, Geschäftsführer und Head of Distribution bei Assenagon, angesichts eines Zuwachses im Jahr 2024 von anfangs knapp 47 auf rund 72 Milliarden Euro per ultimo. „Damit gehören wir auch weiterhin zu den am schnellsten wachsenden Asset Managern Europas.“ Als Treiber dieser Entwicklung nennt Kunze vor allem die starke Performance der hauseigenen Portfoliomanagementteams über alle Assetklassen hinweg. Das hat Folgen: „Die sehr gute Performance unserer Teams wurde von unseren Investoren mit kontinuierlichen Mittelzuflüssen belohnt.“
Getoppt wird diese Entwicklung von einem etwas kleineren Mitbewerber, der dieses Mal den Sprung vom dritten in den zweiten Cluster geschafft hat: Pacific Asset Management. Diese Investmentboutique hat trotz ihres Namens den Firmensitz nicht im pazifischen Raum, sondern in London. Seit der Gründung im Jahr 2016 zeigt die vor allem für ihre Multi-Asset-Expertise bekannte Gesellschaft ein beachtliches Wachstumstempo und konnte allein im zweiten Halbjahr einen Zuwachs in Höhe von fast 100 Prozent vorweisen. Dahinter stehen mehrere Kooperationen beziehungsweise strategische Partnerschaften mit diversen Vermögensverwaltern, die ihre eingesammelten Gelder von Pacific AM managen lassen. So vertraute beispielsweise der britische Finanzplaner The Private Office (TPO) Pacific AM rund 1,4 Milliarden britische Pfund an. „Unser Wachstum im Jahr 2024 spiegelt unser Engagement für innovative, spezialisierte ,handgefertigte‘ Anlagestrategien sowie für technologieorientierte Beraterlösungen wider“, ergänzt Mary Murphy, Global Head of Institutional Sales von Pacific AM. „Wir verzeichneten eine starke Nachfrage nach Single-Manager-Lösungen einschließlich unserer Emerging-Markets-Strategien, die von einem außergewöhnlichen Team mit Value-Bias und einer konsistenten Outperformancebilanz geleitet werden. Wir haben eine Core-Global-EM-Strategie als UCITS und einen an der Nasdaq notierten aktiven ETF aufgelegt.“
Direkt hinter Pacific AM im Ranking liegt Swiss Finance Property. Die Schweizer gewannen sowohl neue Mandate als auch zusätzliche Fondsinvestments im Immobilien- und Infrastrukturbereich. „Das zweite Halbjahr 2024 und auch das erste Quartal 2025 haben gezeigt, dass Immobilien und Infrastruktur – verbunden mit aktiven Investitionsstrategien – auch in einem volatilen Umfeld nachhaltige Werte schaffen können. Wir setzen weiterhin auf Qualität, Resilienz und zukunftsorientierte Entwicklungen“, erklärt Adrian Murer, CEO der Swiss Finance & Property Group.
Rückschläge
Zurückgehende Assets verzeichneten im zweiten Cluster unter anderem Jupiter AM, GAM und Comgest. Die Franzosen hatten das Pech, dass im zweiten Halbjahr vor allem jene Branchen gut performten, die aus Gründen des übergeordneten Risikomanagements in der Regel keine oder nur beschränkt Aufnahme in die Comgest-Portfolios fanden und Anleger daher Alternativen vorzogen. Darüber hinaus belastete der Trend weg von Growth und Quality und hin zu Value. „In der zweiten Jahreshälfte bestimmte der ,Trump-Trade‘ das Geschehen an den Börsen. Davon konnten vor allem zyklische Sektoren wie Finanzdienstleistungen, Industrietitel und Energie profitieren“, berichtet Thorben Pollitaras, Geschäftsführer Comgest Deutschland, um anzumerken: „Energie und Finanzdienstleistungen sind jedoch Sektoren, in denen wir kaum Unternehmen finden, die die Kriterien unseres Qualitätswachstumsansatzes wie etwa wirtschaftliche Burggräben, sichtbares Gewinnwachstum, einen stabilen Free Cashflow und Preissetzungsmacht aufweisen. Daher waren wir in diesen Sektoren untergewichtet.“
Am Ende des zweiten Clusters liegt Acatis, die im zweiten Halbjahr die Folgen der Trennung von Gané bei den Assets under Management spürte. „Nach der Trennung vom ehemaligen Anlageberater unseres Acatis Value Event Fonds im ersten Quartal 2024 hatten wir Mittelabflüsse antizipiert“, erklärt Thomas Bosch, Geschäftsführer bei Acatis Investment, auf Anfrage. Diese Abflüsse kamen mehrheitlich von Großanlegern wie Dachfonds, die nach dem Eintritt der Veränderung aufgrund ihrer Statuten ihr Engagement reduzieren oder ganz auflösen mussten. „In den für uns besonders bedeutsamen Retailanteilsklassen hielten sich die Mittelabflüsse in Grenzen. Für das Jahr 2025 rechnen wir mit einer Volumenssteigerung unseres großen Mischfonds“, betont Bosch. Darüber hinaus wurden bei Acatis zwei große institutionelle Aktienmandate im Jahr 2024 aufgrund einer Asset Re-Allocation auf Investorenseite von Aktien in Anleihen beendet.
Seine Assets fast verdreifachen konnte 21Shares und liegt damit an der Spitze des dritten Clusters (Assets von einer bis zehn Milliarden Euro). Der Anstieg der Bewertungen am Kryptomarkt, insbesondere von Bitcoin und Ethereum, trug wesentlich zu den Marktwertgewinnen bei. „Parallel dazu verzeichneten wir anhaltende institutionelle Allokationen in unsere physisch besicherten und renditesteigernden ETPs beziehungsweise ETFs, unterstützt durch erweiterte Vertriebskanäle und zunehmende Platzierungen dieser Produkte an wichtigen europäischen und US-amerikanischen Börsen“, erklärt 21Shares-CEO Russell Barlow. Erstmals im Ranking vertreten, und das gleich im dritten Cluster, ist Gané Investment, bei der es, wie weiter oben bereits kurz erwähnt, zu einer für viele Marktbeobachter überraschenden Trennung von der langjährigen Geschäftspartnerin und KVG Acatis kam. Nachdem der erste Trennungsschock verdaut war, startete Gané Investment neu aufgestellt mit neuem Elan durch und erfreut sich laufender Zuflüsse. „Die einseitige Aufkündigung der Fondspartnerschaft durch unsere ehemalige KVG war sicher ebenfalls ein Treiber für die hohen Zuflüsse, da viele Kunden und Partner die von uns erdachte Originalstrategie auch in Zukunft gesichert wissen wollen“, erklärte Gané-Gründer und Vorstand Henrik Muhle auf Anfrage. „In unserem Gané Value Event Fund führen wir nahtlos unseren erfolgreich entwickelten hauseigenen Value-Event-Ansatz mit dem Gané-Scoring-Modell (GSM), dem Konzept der Eigenkapital- und Fremdkapitalanleihe, der antizyklischen Kapitalallokation, einem tiefen Verständnis für die besten Geschäftsmodelle der Welt und für verschiedene Sondersituationen fort.“
Tabula IM konnte das verwaltete Vermögen um beachtliche 166 Prozent steigern. Das liegt nicht nur an der hohen Nachfrage nach dem hauseigenen Gold-ETF, sondern auch an diversen Credit-ETFs, die speziell für institutionelle Investoren konzipiert wurden. Strategisch wichtig war der Einstieg von Janus Henderson Global Investors, die mit ihrem weltweiten Vertriebsapparat konstante Nettomittelzuflüsse liefern. Der Mutterkonzern kann seinerseits durch die nunmehrige 100-Prozent-Tochter der weltweiten Kundennachfrage nach einem ETF-Wrapper für seine Anlagestrategien gerecht werden. Laut Ignacio De La Maza, Head of EMEA & LatAm Client Group bei Janus Henderson Investors, kann sein Haus über Tabula die Beziehungen zum britischen und europäischen Kundenstamm ausbauen, der sich zunehmend für aktive ETFs interessiert. „Der Start ist geglückt, und wir sind nun als vertrauenswürdiger und glaubwürdiger Akteur auf dem europäischen ETF-Markt positioniert.“
Etablierte Vermögensverwalter und Newcomer
Zuwächse meldete die schon lange am Markt agierende Heemann Vermögensverwaltung. Gründer und Vorstand Ernst Heemann nannte als Faktoren dafür deutliche Zuwächse an neuen Mandaten in der Vermögensverwaltung aufgrund der erzielten attraktiven Renditen und vor allem signifikante Mittelzuflüsse beim hauseigenen monatlich ausschüttenden Rentenfonds.
Erstmals im Ranking vertreten ist die 2011 gegründete Vates Invest aus Obertshausen in Hessen, die den Sprung über die 200-Millionen-Euro-Grenze bei den verwalteten Assets under Management schaffte. Dafür sorgten die beiden Flaggschifffonds: auf der einen Seite der Vates Parade Fonds, bei dem auf täglicher Basis entschieden wird, wie hoch die Aktienquote sein soll. Beim Vates Aktien USA hingegen analysieren die Vates-Experten die Meldedaten der besten Stockpicker der USA an die SEC und setzen daraus ein Portfolio mit hohem Alpha-Potenzial zusammen. Dieses bietet laut Benjamin Bente, Geschäftsführer von Vates Invest, eine nachvollziehbare und nachhaltige Performance und einen signifikanten Mehrertrag gegenüber den US-Indizes – und das trotz einer deutlichen Untergewichtung der Magnificent-Seven-Aktien.
Die erst vor wenigen Jahren gegründete, rein auf institutionelle Investoren auf Kundenebene und Credits auf Produktebene spezialisierte unabhängige Hamburger Investmentboutique Fountain Square AM kann dank hoher Zuflüsse in ihren Flaggschifffonds FS Colibri Event Driven Bonds Assets in Höhe von mittlerweile 234 Millionen Euro aufweisen und ist damit ebenfalls erstmals im Ranking vertreten. Der auf Sondersituationen im liquiden europäischen Unternehmensanleihenmarkt fokussierte, täglich liquide UCITS-Fonds richtet sich an jene Institutionelle, die über dieses Segment eine Diversifikation im liquiden Credit-Segment suchen. „Mit unserem Fokus auf Sondersituationen im Credit besetzen wir eine Nische und dienen als Satellitenlösung und Diversifikation“, erklärt Andreas Meyer, Gründer und CIO von Fountain Square AM.
Anton Altendorfer