Logo von Institutional Money
4/2021 | Steuer & Recht

Grüner Umbau ruckelt noch

Auch der Immobilienmarkt soll ökologischer werden, was mithilfe gesetzlicher Änderungen erreicht werden soll. Dass das in der Praxis gar nicht so einfach sein wird, zeigen Kollisionen neuer Vorgaben mit bestehenden Regelungen.

Der Teufel steckt auch bei der Ökologisierung der Immobilienwirtschaft im Detail. Nur wenn alle bestehenden Regelungen beim „grünen Umbau“ berücksichtigt werden, können die angestrebten Ziele erreicht werden.
Der Teufel steckt auch bei der Ökologisierung der Immobilienwirtschaft im Detail. Nur wenn alle bestehenden Regelungen beim „grünen Umbau“ berücksichtigt werden, können die angestrebten Ziele erreicht werden.© Fotostudio T.W. Klein, GMF

Den grünen Umbau wollen im Prinzip alle Regierungen Europas, und auf dem Weg dahin gibt es viele Gesetzesinitiativen. „Diese müssen aber gut mit allen anderen Gesetzen, beispielsweise mit der Steuergesetzgebung, verzahnt sein, sonst greifen sie in der Praxis nicht richtig“, sagt Martin Wolff. Er ist Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Kanzlei Curtis, Mallet-Prevost, Colt & Mosle LLP in Frankfurt und berät insbesondere institutionelle Immo­bilienbestandshalter wie Versicherungen und Versorgungswerke.

Ausbau Ladeinfrastruktur
Als ein Beispiel, das auch institutionelle Investoren betrifft, nennt er das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastrukturgesetz (GEIG), das seit 25. März 2021 anzuwenden ist. „Vom Grundsatz her verpflichtet das GEIG Bauherren und Eigentümer, die Wohn- und Nichtwohn­gebäude mit größeren Parkplätzen besitzen, diese mit Elektroladestationen auszustatten“, erklärt Wolff. Damit wollte die Bundesregierung auf das im Klimaschutzprogramm 2030 verankerte Ziel, bis zum Jahr 2030 sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge zuzulassen, hin­arbeiten. Für den Vermieter hat die Installation von Ladestationen den Vorteil, dass seine Immobilie damit als modern und attraktiv gilt und er außerdem mit dem Stromverkauf Geld verdienen kann.

Schädliche Nebeneinkünfte
Ein anderes Gesetz kann jedoch den Wunsch der Vermieter, Lade­stationen zu installieren, gehörig versalzen: das Gewerbesteuergesetz. „Die Installation von Ladestationen im ersten Schritt ist zwar unkritisch, aber im Anschluss daran stellt der Verkauf von Strom eine schädliche Nebeneinkunft im Sinne des Gewerbesteuergesetzes dar und hat das ­Potenzial, den gesamten Fonds gewerblich zu infizieren“, erklärt Torsten Haupt, Partner und Geschäftsführer der Steuerberatungskanzlei Crowe in Frankfurt. „Je nach Gemeinde und Hebesatz kommt es dann zur Belastung mit Gewerbesteuer in Höhe von 12 bis 17 Prozent, und zwar sowohl auf den Strom- als auch auf den reinen Vermietungsertrag.“

Erweiterte Kürzung
Er spricht die sogenannte „erweiterte Grundstückskürzung“ an. Diese stellt eine Möglichkeit dar, die Gewerbesteuerbelastung von Unternehmen zu mindern, deren Tätigkeit sich auf die ausschließliche Vermietung und Verpachtung des eigenen Grundbesitzes beschränkt. Mit der erweiterten Grundstückskürzung will der Gesetzgeber Gesellschaften, die allein kraft ihrer Rechtsform (z. B. GmbH) gewerbliche Einkünfte erzielen, gleichstellen mit Einzelunternehmern und Personengesellschaften, deren Tätigkeit sich ebenfalls ausschließlich auf die Vermietung des eigenen Grundbesitzes beschränkt, die aber aufgrund ihrer Tätigkeit und Rechtsform (z. B. OHG, KG) nicht dem Anwendungsbereich des Gewerbesteuer­gesetzes unterliegen.

Die erweiterte Kürzung wird auf Antrag gewährt und kommt nur für Unternehmen in Betracht, die ausschließlich eigenen Grundbesitz nutzen und verwalten. „Die erweiterte Grundstückskürzung ist einem sehr eng gefassten Ausschließlichkeitskriterium unterlegen“, erklärt Haupt. „Die Gesellschaft darf im gesamten gewerbesteuerlichen Erhebungszeitraum (in der Regel das Kalenderjahr) ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen und keine schädlichen Nebentätigkeiten erbringen. Erbringt sie aber z. B. Sonderleistungen für den Mieter, sind das vermietungsfremde Erträge, und sie führen zum Ausschluss der erweiterten Kürzung.“ Er verweist auf die teilweise schwer einzuschätzende Rechtsprechung: „Wenn die Nebentätigkeit für die Vermietungstätigkeit förderlich ist oder sie unterstützt, kann dies in wenigen Einzelfällen unschädlich sein. Aber es ist nicht immer sicher, wie das jeweilige Finanzamt oder gar Finanzgericht diese Unterstützungsfunktion auslegt.“

Schmutzgrenze eingeführt
Doch eine Erleichterung hat der Gesetzgeber eingeführt. „Durch das Fondsstandortgesetz (FoStoG) wurde im Juni 2021 eine Erweiterung des Katalogs der für die erweiterte Kürzung unschädlichen Nebentätigkeiten vorgenommen. Unschädlich für die erweiterte Kürzung ist die Lieferung von Strom für den Betrieb einer ­Ladestation, sofern die daraus resultierenden Einnahmen einen Schwellenwert von zehn Prozent der Einnahmen aus der Überlassung von Grundbesitz nicht übersteigen. Zu beachten ist, dass nur die „Lieferung“ von Strom unschädlich ist, das heißt, ein Vermieter kann den für die Ladestationen erforderlichen Strom nicht einfach am Markt einkaufen, sondern der Strom muss selbst produziert werden, beispielsweise durch eine auf dem vermieteten Grundstück befindlichen Photovoltaikanlage“, sagt Wolff. Durch die Erweiterung des Katalogs der unschädlichen Nebentätigkeiten wollte der Steuergesetzgeber politisch etwas für den grünen Umbau tun. „Die Praxis erwartet hierzu noch weitere Erläuterungen der Finanzverwaltung. Bisher liegt uns lediglich der Gesetzeswortlaut mit der Begründung vor“, so Wolff.

Die gewerbesteuerlichen Erleichterungen greifen also künftig, wenn die Einnahmen aus der Stromlieferung zehn Prozent der Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung nicht überschreiten. „Liegen sie drüber, kann die erweiterte Kürzung ins­gesamt nicht geltend gemacht werden mit der Folge, dass sämtliche Einnahmen auf Ebene der Vermietergesellschaft der Gewerbesteuer unterliegen. Damit wären auch Mieteinkünfte aus weiteren Mietobjekten der Vermietergesellschaft infiziert. Nur wenn der Zehn-Prozent-Schwellenwert jeweils nicht erreicht wird, unterliegen lediglich die Einnahmen aus der Stromlieferung der Gewerbesteuer“, präzisiert Wolff.

Monitoring erforderlich
Die Freigrenze bezieht sich auf das Kalenderjahr und auf die jeweilige Vermietergesellschaft, also nicht nur auf eine einzelne Immobilie. „Vermieter sind also gezwungen, die Zusammensetzung ihrer Einnahmen genauestens zu erfassen und laufend zu überwachen, was unter Umständen sehr aufwendig und auch fehleranfällig sein kann“, gibt Wolff zu bedenken. „Risiken ­ergeben sich auch dadurch, dass sich eine Überschreitung der Freigrenze unter Umständen erst im Nachhinein herausstellt, ­etwa infolge einer späteren Prüfung durch die Finanzverwaltung, was zur Folge hat, dass die erweiterte Kürzung rückwirkend versagt wird und die Vermietungseinnahmen der Gewerbesteuer unterliegen. „Zur Minimierung dieses Risikos sollte daher ­immer ein Sicherheitsabschlag bei der Überwachung der Zehn-Prozent-Freigrenze einkalkuliert werden“, empfiehlt Wolff.

Einführung kommt gut an
Die Einführung des Zehn-Prozent-Schwellenwerts für Stromlieferungen hatte sich Dr. Martin Leinemann, Vorstand beim Immobilien Asset Manager Arbireo Capital, eigentlich schon eher erhofft, aber mit der endgültigen Fassung des Fondsstandortgesetzes kam sie schließlich. „Wir sind froh über die Einführung des Schwellenwerts, da haben die vielen Eingaben im Gesetzgebungsprozess wohl etwas gebracht“, meint Leinemann. „Es werden ja immer mehr Wünsche, die den grünen Umbau ermög­lichen sollen, vom Gesetzgeber an die ­Finanzwelt herangetragen. Wenn wir dem als Investor nachkommen, sollten wir nicht auf der anderen Seite mit Gewerbesteuer bestraft werden.“

Er erklärt, dass sich in den Arbireo-Fonds viele Lebensmittelmärkte befinden und es sich hier anbietet, auf den vorgelagerten Parkplätzen E-Ladestationen zu installieren. „Das würde bei den Einzelhändlern, die bei uns mieten, für mehr Frequenz im Laden sorgen und ihnen damit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.“ Er gibt zu bedenken, dass aber nicht nur die E-Ladestationen zu gewerblichen Einnahmen in seinen Fonds führen könnten, sondern auch andere ­Betriebsvorrichtungen, angefangen bei Photovoltaikanlagen auf den Dächern bis hin zu Hebebühnen oder Lastenauf­zügen für die Verladung von Ware, wenn dafür ein Nutzungsentgelt verlangt wird.

„Solche als ‚unternehmerische Tätigkeiten‘ angesehenen Vorrichtungen können sich summieren. Im Fondsbereich müssen wir daher auch weiterhin die Fünf-Prozent-Grenze gut im Auge behalten. Etwas mehr Spielraum ergibt sich bei Immobiliengesellschaften wie GmbHs und gewerblich geprägten Personengesellschaften. Neben der Vermögensverwaltung dürfen diese künftig bis zu zehn Prozent der Gesamteinnahmen aus dem Verkauf von selbst erzeugtem Strom oder dem Betrieb von Ladesäulen und zusätzlich weitere fünf Prozent für weitere gewerbliche Einnahmen aus Vertragsbeziehungen mit den Mietern erzielen, ohne die erweiterte Gewerbe­steuerkürzung versagt zu bekommen. Auf Ebene eines offenen Sondervermögens gilt weiterhin die Fünf-Prozent-Grenze für gewerbliche Einnahmen“, erklärt Leinemann die Details.

Auslagern als Lösung
Er hat aber schon eine Lösung gefunden. „Wir haben Objekte mit 30.000 Quadratmeter und mehr Dachfläche, da können Sie viele Photovoltaikanlagen drauf installieren. Wir müssen aber die Frage beantworten: Wer investiert? Ist es das Sondervermögen, also der Fonds, der Mieter oder eine dritte Partei?“, führt Leinemann aus. „Wenn uns ein Mieter fragt, ob er Ladesäulen auf dem Parkplatz installieren darf, stimmen wir dem im Regelfall gern zu. Dann fallen auf Fondsebene schon mal keine gewerblichen Einnahmen an. Bei der Installation von Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen bemühen wir uns, eine Situation zu schaffen, dass wir nur die Dachflächen vermieten und eine andere Gesellschaft den Strom erzeugt und verkauft“. In der Praxis gründen Asset Manager wie Arbireo dann entweder eine weitere Gesellschaft, die die gewerblichen Aktivitäten bündelt, oder sie lagern solche Aktivitäten komplett aus.

„Mittlerweile gibt es spezialisierte Dienstleister, die auf Investoren zugehen“, beobachtet Torsten Haupt. „Sie mieten im Rahmen eines Mietvertrags beispielsweise Tiefgaragenstellplätze an und stellen – ­natürlich mit Erlaubnis des Vermieters – im eigenen Namen und auf eigene Rechnung dort Ladesäulen auf. So bleibt der Strom­erlös beim Dienstleister und nicht beim Vermieter.“

Interne Lösung
Anstatt diese Tätigkeiten an Dritte auszulagern, kommt auch eine „interne“ Auslagerungslösung in Betracht. Dabei gründet der Investor selbst eine sogenannte TGA-Gesellschaft (TGA = Technische Gebäudeausstattung), deren Hauptzweck es ist, Leistungen auszuführen, die für die Inanspruchnahme der erweiterten Kürzung eines Vermieters potenziell schädlich sein können, etwa die Vermietung von Betriebsvorrichtungen. Der Vermieter vermietet die Stellplätze an diese TGA-Gesellschaft.

Errichtung und Betrieb der Ladevorrichtungen sowie die Vermietung der Stellplätze an Mieter erfolgen dann durch die TGA-Gesellschaft. „Allerdings gibt es auch hierbei erhebliche steuerliche Fallstricke und Unwägbarkeiten, die beachtet werden müssen“, warnt Wolff.

Anders strukturieren
„Die Auslagerung an eine solche TGA-Gesellschaft für Betriebsvorrichtungen ist kein neues Thema; das gibt es im Rahmen der erweiterten Kürzung schon länger“, meint Haupt. „Aber mit dem GEIG und dem Rechtsanspruch des Mieters auf ­Installation von E-Ladesäulen hat die Thematik jetzt eine zusätzliche Brisanz bekommen.“ Auch wenn die interne oder externe Auslagerung aus steuerlicher Sicht eine ­Lösung darstellen kann, bleibt der Wermutstropfen, dass eine weitere Gesellschaft eine zusätzliche Struktur darstellt, die am Ende die Investition komplexer und umständlicher macht. Schließlich müssen die geschaffenen Strukturen laufend überwacht und ­administriert werden. Leinemann sieht aber auch Vorteile: „Die Zusammenfassung von gewerblichen Aktivitäten in einer separaten Gesellschaft kann sinnvoll sein. Beispielsweise können Sie durch die Bündelung Nachfragemacht erreichen und dadurch bessere Konditionen erzielen. Das ist bei den großen Anbietern von Contracting-Modellen sicher der Fall. Außerdem können Sie auf diese Weise auch Spezial-Know-how ins Haus holen, beispielsweise über die rechtliche und steuerliche Konzeptionen von Photovoltaikanlagen oder die Funk­tions­weise und die Preiskalkulation. Das können Sie nicht einfach so nebenher machen“, meint Leinemann und verrät: „Wir planen, eine solche Bündelungsgesellschaft aufzulegen.“

Anke Dembowski

Dieses Seite teilen