INSTITUTIONAL MONEY KONGRESS 2011
Vorträge der Starreferenten
Niall Ferguson
Ein Historiker als Star-Ökonom

Harvard-Professor Niall Ferguson gilt als führender Experte für Finanz- und Wirtschaftsgeschichte und sucht immer wieder den Brückenschlag zwischen Geschichts- und Wirtschaftswissenschaften. Sein jüngstes Buch "The Ascent of Money", die wohl lesbarste Weltgeschichte der Finanzwirtschaft, genießt Bestsellerstatus.
Vortrag des Referenten im pdf-Format
Vortrag: 28. Februar 2011
Saal Harmonie: 09:45 – 10:35
Die Fiskalpolitik ist außer Kontrolle
Niall Ferguson spricht über das Vertrauen der Marktteilnehmer, das nur durch eine längerfristige Haushaltskonsolidierung statt kurzfristiger Wirtschaftsstimuli...
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NIALL FERGUSON
Die Fiskalpolitik ist außer Kontrolle
Niall Ferguson spricht über das Vertrauen der Marktteilnehmer, das nur durch eine längerfristige Haushaltskonsolidierung statt kurzfristiger Wirtschaftsstimuli zurückgewonnen wird.
Vortrag: 28. Februar 2011
Saal Harmonie: 09:45 - 10:35
Ein Historiker als Star-Ökonom
Niall Ferguson hält nichts davon, in der aktuellen Krise auf das keynesianische Programm steigender Staatsverschuldung zu setzen, und warnt davor, Zombie-Banken am Leben zu erhalten.
Vom TIME Magazin wurde Niall Ferguson schon 2004 unter die100 wichtigsten Persönlichkeitender Welt gewählt. Der Historiker und Professor für Geschichte an der Universität Harvard, dessen Leidenschaft den Finanz- und Wirtschaftswissenschaften gilt, hat durch seine Arbeiten zur Wirtschaftsgeschichte und zum Thema Geld Weltruhm erlangt. Ferguson, der Ausnahmeakademiker mit Ecken und Kanten, schreckt auch vor unpopulären Ansichten nicht zurück. So unterstützte er einst die Außenpolitik des früheren US-Präsidenten George W. Bush und befürwortete die Irak-Invasion von 2003. Nachdem ihm die Bush-Regierung aber zu lax bei der Kürzung von Sozialmitteln vorging, entzog er dem Präsidenten bei den Wahlen 2004 seine Gunst. Niall Ferguson geht nicht erst seit gestern mit der traditionellen Wirtschaftswissenschaft hart ins Gericht. Die Debatte, die er sich seit geraumer Zeit mit Nobelpreisträger Paul Krugman liefert, ist nur ein Beleg dafür. Darauf angesprochen, erklärt er: "Diese Auseinandersetzung hat eher etwas mit der Praktikabilität oder Brauchbarkeit eines keynesianischen Programms zur Finanzierung eines Staatsdefizits zu tun. Die Debatte hat meines Erachtens gezeigt, dass es grundlegende Unterschiede in der Herangehensweise von Historikern und Wirtschaftswissenschaftlern gibt. Professor Krugman wie auch andere Ökonomen betrachten die Welt als eine relativ simple Maschine, bei der ein Rückgang des privaten Verbrauchs durch einen starken Anstieg der Nachfrage aus dem öffentlichen Sektor kompensiert werden kann, selbst wenn diese Nachfrage durch eine enorm hohe Verschuldung finanziert werden muss. Die Erkenntnisse aus der Geschichte widersprechen dem eher, denn in der Vergangenheit hat eben eine riesige Ausweitung der öffentlichen Verschuldung nicht zu einer schnellen Erholung geführt."
Todesspirale
Er warnt vor einer "Todesspirale" aus steigenden Zinsen, steigenden Defiziten, sinkender Kreditwürdigkeit, die folglich noch höhere Zinssätze auslösen könnte. Nach Einschätzung Fergusons werden innerhalb der kommenden zehn Jahre die Schuldentilgungen eine größere Position einnehmen als der Verteidigungsetat im US-Haushalt und damit militärische Operationen im Ausland wie beispielsweise in Afghanistan oder im Irak unfinanzierbar machen, da ausländische Gläubiger wie China (hält rund 847 Milliarden an US-Dollar-Schuldtiteln) die US-Administration dahingehend unter Druck setzen werden.
Unorthodoxer Wissenschaftler
Niall Ferguson wurde im April 1964 im schottischen Glasgow geboren. Neben seiner Professur als Historiker an der Harvard Universität unterrichtet er seit Kurzem gleichzeitig an der London School of Economics. Er gilt als Experte für Finanz- und Wirtschaftsgeschichte und sucht in seiner Forschungsarbeit den Brückenschlag zwischen Geschichts- und Wirtschaftswissenschaften. Ferguson ist Autor zahlreicher Publikationen und Bücher. Zu seinen bekanntesten Werken zählt eine Chronik über die Familiengeschichte der Rothschilds sowie "The Pity of War" (deutscher Titel: "Der falsche Krieg"), eine Analyse des Ersten Weltkriegs, die für Furore nicht nur unter Historikern gesorgt hat. Seit Mai 2009 schreibt Ferguson eine eigene Kolumne in der "Financial Times". Darin lieferte er sich unter anderem eine öffentliche Fehde mit Nobelpreisträger Paul Krugman. Sein jüngstes Buch "The Ascent of Money" (deutscher Titel: "Der Aufstieg des Geldes"), eine populärwissenschaftliche Weltgeschichte der Finanzwirtschaft, erreichte Bestsellerstatus.
Kenneth S. Rogoff
Optimistischer Krisenexperte

Harvard-Professor Kenneth S. Rogoff zählt zu den meistzitierten internationalen Ökonomen. Er war zwischen 2001 und 2003 Chefökonom und Wissenschaftlicher Direktor des Internationalen Währungsfonds. Rogoff ist vor allem wegen seiner konstruktiv-kritischen Haltung zur aktuellen Systematik unserer Finanzmärkte bekannt und geachtet.
Vortrag: 28. Februar 2011
Saal Harmonie: 14:25 – 15:15
Gibt es einen Weg zurück zur Normalität?
Kenneth S. Rogoff spricht in seinem Referat über die Konsequenzen, die es aus der Finanzkrise zu ziehen gilt. Er zeigt dabei nicht nur mögliche Wege zurück zur Normalität auf...
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KENNETH S. ROGOFF
Gibt es einen Weg zurück zur Normalität?
Kenneth S. Rogoff spricht in seinem Referat über die Konsequenzen, die es aus der Finanzkrise zu ziehen gilt. Er zeigt dabei nicht nur mögliche Wege zurück zur Normalität auf, sondern auch, zu welchen Zugeständnissen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf diesem Weg bereit sein müssen.
Vortrag: 28. Februar 2011
Saal Harmonie: 14:25 – 15:15
Optimistischer Krisenexperte
Seine erstaunlich treffsicheren Prognosen im Zuge der Finanzkrise bescherten Kenneth S. Rogoff Weltruhm. Seine aktuellen Einschätzungen sind zwar alles andere als euphorisch, dennoch bleibt er optimistisch.
Als Kenneth Rogoff im August 2008 auf einer Investorenkonferenz erklärte, demnächst werde die erste große US-Bank von der Pleite bedroht sein, nahmen ihn viele nicht ernst. Nur knapp einen Monat später sollte seine Prognose durch die Insolvenz von Lehman Brothers zur bitteren Wahrheit werden. Ende 2009 mahnte er, dass auf Bankpleiten häufig ein Staatsbankrott folge. Ein Jahr später kam die Griechenland-Pleite, und die EU spannte ihren 1-Billion-Dollar-Rettungsschirm auf. Kein Wunder also, dass Rogoff inzwischen einer der meistzitierten Ökonomen der Welt ist, wenn es um Fragen der Finanzkrise und deren Lösung geht. In seinem jüngsten Buch "Dieses Mal ist alles anders", das er gemeinsam mit seiner Wissenschaftskollegin Carmen Reinhart verfasst hat, geht es um die Finanzkrisen der vergangenen 800 Jahre. Mit diesem Werk festigte Rogoff seinen Ruf, eine unangefochtene Kapazität für dieses Thema zu sein. Auch mit seinen jüngsten Prognosen ließ Rogoff erneut aufhorchen. Zuletzt warnte der Harvard-Professor vor dem Zusammenbruch des Immobilienmarktes in China mit schlimmen Konsequenzen für das Banksystem der Region. Dass die Planwirtschaft dort eine Krise umgehen kann, glaubt Rogoff nicht. Er erwartet vielmehr, dass die schuldengetriebene Immobilienblase platzen wird und die Wirtschaft mitreißen könnte. China prophezeit er innerhalb der kommenden zehn Jahre ein Sinken des Wachstums auf zwei Prozent und eine regionale Rezession. Davon würden seiner Einschätzung nach auch auch die rohstoffexportierenden Länder Lateinamerikas betroffen sein.
Keine Patentlösung
Auch warnt Rogoff die USA und Europa vor schnellen Lösungen in Form weiterer hoher Staatsverschuldung. Da es eine Dekade gebraucht habe, das Finanzdesaster zu schaffen, dauere es nun eben eine Weile, um die Krise zu überwinden, betont Rogoff. In seiner kürzlich erschienenen Kolumne in der "Financial Times" erklärt er dazu: "Während Amerika fiskalpolitisch an seine Grenzen stößt, hat die Geldpolitik noch Handlungsspielraum. Da die Kreditmärkte beeinträchtigt sind, könnte die US-Notenbank mehr Staatsanleihen oder Wertpapiere kaufen, die mit Privat- und Unternehmenskrediten besichert sind. Außerdem erwähnte US-Notenbankchef Ben Bernanke kürzlich die Möglichkeit, das mittelfristige Inflationsziel vorübergehend anzuheben. Diese letzte Option erscheint mir als die beste unter vielen sehr schlechten Möglichkeiten. Denn öffentlicher und privater Sektor müssen massiv Schulden abbauen. Eine kurzzeitig höhere Inflation ist einer Deflation bei Weitem vorzuziehen."
Schachgenie und Ökonom
Kenneth Rogoff (56) studierte in Yale und am MIT Wirtschaft. Von 1980 bis 1983 war er für das Board of Governors des Federal Reserve Systems tätig. Seine erste Professur erhielt er 1989 in Berkeley. 1992 wechselte er für sieben Jahre an die Universität in Princeton, danach wurde er an die Harvard University berufen, wo er eine Professur für Public Policy erhielt, parallel dazu war er von 2001 bis 2003 Chefökonom und Wissenschaftlicher Direktor des IWF. In seiner Jugend war Rogoff einer der besten Schachspieler der USA, 1978 erhielt er den Titel eines Internationalen Großmeisters vom Weltschachverband FIDE.
Reinhard Selten
Anwalt der eingeschränkten Rationalität

1994 wurde ihm der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften verliehen. Selten lehrte in Berkeley, Berlin und Bonn, wo er das Laboratorium für experimentelle Wirtschaftsforschung aufgebaut hat.
Vortrag des Referenten im pdf-Format
Vortrag: 28. Februar 2011
Saal Harmonie: 17:45 – 18:35
Entscheidungsverhalten in neuem Licht
Reinhard Selten geht in seinem Referat davon aus, dass das tradierte Bild des "Homo oeconomicus", wie es...
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REINHARD SELTEN
Entscheidungsverhalten in neuem Licht
Reinhard Selten geht in seinem Referat davon aus, dass das tradierte Bild des "Homo oeconomicus", wie es noch weite Teile der Wirtschaftswissenschaften bestimmt, nicht mehr tragfähig ist. Er plädiert dafür, es durch ein auf experimenteller Forschung basierendes Modell eingeschränkter Rationalität zu ersetzen.
Vortrag: 28. Februar 2011
Saal Harmonie: 17:45 – 18:35
Anwalt der eingeschränkten Rationalität
Reinhard Selten ist der einzige deutsche Wirtschaftswissenschaftler, der für seine herausragenden Arbeiten den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten hat.
Weltweite Anerkennung erhielt Reinhard Selten für seineArbeiten zur Spieltheoriemit der Verleihung des Nobelpreises im Jahr 1994. Und auch wenn er heute im Alter von 80 Jahren als Professor emeritus von den Alltagsgeschäften eines Hochschullehrers befreit ist, so lässt ihn die Beschäftigung mit der Wissenschaft doch nicht los. Professor Reinhard Selten sitzt fast jeden Wochentag an seinem Schreibtisch in seinem Büro im Laboratorium für experimentelle Wirtschaftsforschung in Bonn – kurz BonnEconLab –, dessen Forschungsarbeit er als wissenschaftlicher Koordinator unterstützt. Außerdem leitet er seit Anfang 2006 die Arbeitsstelle "Rationalität im Lichte der experimentellen Wirtschaftsforschung" der nordrhein-westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Hartnäckig verfolgt er sein Ziel, eine umfassende ökonomische Theorie des menschlichen Verhaltens zu entwickeln.
Nutzen für die Praxis
Den praktischen Nutzen seiner preisgekrönten wissenschaftlichen Arbeit sieht Selten vor allem darin, dass Vorhersagen über sehr viele interessante Marktsituationen, insbesondere Oligopole, dadurch besser möglich seien. Außerdem habe sich durch seine Forschungen ein neues wissenschaftliches Gebiet entwickelt, die sogenannten "New Industrial Economics", zu Deutsch neue Industrieökonomik, bevor die Spieltheorie dann auch in einer Reihe anderer Felder der Wirtschaftstheorie Einzug gehalten habe. Selten weiter: "Die Erkenntnisse der New Industrial Economics waren deshalb so wichtig, weil man dadurch erfahren hat, dass das Ergebnis, das in einer bestimmten, genau definierten Situation als rationale Lösung angesehen werden kann, nicht übereinstimmt mit dem, was man als Ergebnis erhält, wenn man die gleiche Situation in einem Laboratorium experimentiert. Anders gesagt: Die Vorhersagen eines bestimmten Modells halten einer praktischen experimentellen Überprüfung nicht stand. Ein Grund dafür ist, dass in wirtschaftstheoretischen Modellen meistens vorausgesetzt wird, dass die Menschen nur ihren eigenen materiellen Nutzen maximieren wollen. Unsere Experimente haben gezeigt, dass das eben in der Wirklichkeit nicht der Fall ist. Es ist vielmehr so, dass es durchaus eine interaktive Motivation gibt, bei der Fairness, Vertrauen und Reziprozität eine sehr wichtige Rolle spielen. Anders gesagt, der Mensch strebt eben auch in nichtkooperativen Spielen eine faire Lösung an, die dann nicht unbedingt im Gleichgewicht ist, und vertraut eben darauf, dass der andere sich ebenfalls als anständig erweist. Je nach Situation findet man aber auch eine negative Reziprozität vor, bei der Bestrafung oder Rache als sehr wichtige Motivation auftreten."
Ein Leben für Experimente
Reinhard Selten, deutscher Volkswirt und Mathematiker, wurde im Oktober 1930 in Breslau geboren. In Frankfurt hat Selten Mathematik studiert, um danach in Volkswirtschaft zu promovieren. Das war 1961, bevor er zunächst als Gastprofessor nach Berkeley ging. Zurück in Deutschland, lehrte Selten von 1969 bis 1972 an der Freien Universität Berlin und von 1972 bis 1984 an der Universität Bielefeld. Dann folgte er dem Ruf an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn, wo Selten das Laboratorium für experimentelle Wirtschaftsforschung aufbaute, an dem er auch heute noch tätig ist. Seit dem Jahr 2006 leitet er zudem ein Forschungsprojekt der nordrhein-westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste, das sich mit der "Rationalität im Lichte der experimentellen Wirtschaftsforschung" auseinandersetzt. Gemeinsam mit seinen Wissenschaftskollegen John Forbes Nash und John Harsanyi wurde Selten im Jahr 1994 als bisher einziger Deutscher mit dem Wirtschaftsnobelpreis für seine Leistungen auf dem Gebiet der Spieltheorie ausgezeichnet.
Christopher A. Pissarides
Erforscher der nicht perfekten Märkte

Nobelpreisträger Christopher A. Pissarides liefert mit seinen Forschungsarbeiten wichtige Beiträge zur Analyse des Arbeitsmarktes, der Geldtheorie und des Immobilienmarktes. Er lehrt an der London School of Economics.
Vortrag des Referenten im pdf-Format
Vortrag: 1. März 2011
Saal Harmonie: 09:30 – 10:20
Aus Erkenntnissen anderer Märkte lernen
Christopher Pissarides wagt in seinem Vortrag den Brückenschlag zwischen...
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CHRISTOPHER A. PISSARIDES
Aus Erkenntnissen anderer Märkte lernen
hristopher Pissarides wagt in seinem Vortrag den Brückenschlag zwischen Erkenntnissen aus der Arbeitsmarktforschung und den Lehren, die die Finanzwissenschaft daraus ziehen kann. Sein Credo: Der Finanzmarkt ist wie der Arbeitsmarkt dadurch gekennzeichnet, dass sie eben nicht wie im Lehrbuch funktionieren. Von Gleichgewicht könne man eben nur dann sprechen, wenn es regelmäßig zur Deckung von Angebot und Nachfrage kommt.
Vortrag: 1. März 2011
Saal Harmonie: 09:30 – 10:20
Erforscher der nicht perfekten Märkt
Nobelpreisträger Christopher A. Pissarides liefert mit seinen Forschungsarbeiten wichtige Beiträge zur Analyse des Arbeitsmarktes, der Geldtheorie und des Immobilienmarktes.
Suchen und Finden – egal ob Arbeit, Liebe oder Immobilien–, darum dreht sich, vereinfacht ausgedrückt, die Forschungsarbeit von Christopher A. Pissarides, der nun für seine Erkenntnisse gemeinsam mit den Wirtschaftstheoretikern Peter A. Diamond und Dale Mortensen den Wirtschaftsnobelpreis erhalten hat. Mit ihren Forschungen revolutionierten sie das Verständnis vom Suchen und Finden in großen Märkten. Weite Teile der modernen Arbeitsmarktpolitik basieren auf ihren Annahmen. Wie ist es möglich, dass es gleichzeitig hohe Arbeitslosigkeit und freie Stellen gibt? Antwort auf diese Fragen gibt das Mortensen-Pissarides-Modell. Während Diamond wichtige Beiträge zur fundamentalen Theorie lieferte, entwickelten Mortensen und Pissarides das Modell weiter und machten es für die Analyse des Arbeitsmarktes anwendbar. Denn die klassische Theorie von Angebot und Nachfrage ging davon aus, dass sich alles findet, Pissarides und Mortensen bezogen aber ganz neue Faktoren in ihre Betrachtungen mit ein.
Suchkosten spielen eine Rolle
Auf einem idealen Markt finden sich Käufer und Verkäufer unmittelbar, sie verfügen über alle nötigen Informationen über die Preise von Waren und Dienstleistungen, Angebot und Nachfrage sind im Gleichgewicht. In der klassischen Gleichgewichtstheorie mussten bei Unterbeschäftigung die Löhne nur so lange gesenkt werden, bis der Arbeitsmarkt ins Lot kam. In der Praxis ist die Suche von Käufern nach Verkäufern und umgekehrt jedoch oft mit beträchtlichen Kosten verbunden. Da keine volle Transparenz über die Preise herrscht, kommt es regelmäßig zu keinem Geschäftsabschluss. Das sogenannte SearchMatching-Modell von Pissarides und Mortensen berücksichtigt jene Faktoren, die ausschlaggebend dafür sind, wie intensiv Stellen gesucht und angeboten werden. Die Suchtheorie leistet auch wichtige Beiträge zur Analyse des Wohnungsmarktes, der Geldtheorie, der öffentlichen Ökonomie und der Familienökonomie etc. Schon geringe Transaktionskosten zwischen Käufer und Verkäufer beeinflussen Angebot und Nachfrage massiv. Das zeigt sich gemäß den Forschern etwa auf dem Arbeitsmarkt: Je höher die Kosten für Anstellung und Entlassung eines Angestellten sind, desto schlechter funktioniert der Markt. Gemäß dieser Theorie erhöhen deshalb rigide Arbeitsmarktgesetze die Sockelarbeitslosigkeit. Eine höhere Sockelarbeitslosigkeit ist ebenfalls zu erwarten, wenn die Angestellten zu wenig mobil sind.
Auf einen Blick
Christopher A. Pissarides, Professor an der London School of Economics, wurde im Oktober dieses Jahres gemeinsam mit seinen Wissenschaftskollegen Peter A. Diamond, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, und Dale T. Mortensen, Professor an der Northwestern University in Evanston nördlich von Chicago, mit dem diesjährigen Wirtschaftnobelpreis ausgezeichnet. Der 62-Jährige hat sich auf die Wechselwirkung zwischen Arbeitsmarkt und Makroökonomie spezialisiert und forscht insbesondere über Arbeitslosigkeit und Arbeitsmarktpolitik. Sein bereits 1990 erschienenes Buch mit dem deutschen Titel "Gleichgewichts-Theorie der Arbeitslosigkeit" gilt in der wissenschaftlichen Fachwelt als Standardwerk. Zuletzt hat sich der in Zypern geborene Pissarides in seiner wissenschaftlichen Arbeit aber auch mit den Themen Wachstum und Strukturwandel auseinandergesetzt. Pissarides gilt zudem als jemand, der sich nicht scheut, sich in aktuelle politische Debatten zum Arbeitsmarkt einzumischen.
Horace "Woody" Brock
Vermittler zwischen Theorie und Praxis

Horace "Woody" Brock greift die aus seiner Sicht bedeutenden Probleme der heutigen Volkswirtschaften auf und kommt dabei oft zu ganz anderen Schlussfolgerungen als die meisten Marktteilnehmer.
Vortrag des Referenten im pdf-Format
Vortrag: 1. März 2011
Saal Harmonie: 15:25 – 16:15
Aufstieg des Ostens – Abstieg des Westens
Horace "Woody" Brock setzt sich mit den tatsächlichen Konsequenzen der mittlerweile schon zum Konsens...
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HORACE "WOODY" BROCK
Aufstieg des Ostens – Abstieg des Westens
Horace "Woody" Brock setzt sich mit den tatsächlichen Konsequenzen der mittlerweile schon zum Konsens gewordenen Erwartung eines wirtschaftlichen Aufstiegs der Schwellenländer bei gleichzeitigem Niedergang der westlichen Industriestaaten auseinander. Dabei versucht er, die wirklich bestimmenden Kausalzusammenhänge für diese Entwicklung herauszuarbeiten, die seiner Auffassung nach am Ende dazu führen werden, dass diese Entwicklung sehr viel länger dauern wird als bisher angenommen.
Vortrag: 1. März 2011
Saal Harmonie: 15:25 – 16:15
Vermittler zwischen Theorie und Praxis
Horace "Woody" Brock greift die aus seiner Sicht bedeutenden Probleme der heutigen Volkswirtschaften auf und kommt dabei oft zu ganz anderen Schlussfolgerungen als die meisten Marktteil nehmer.
Er gilt als einer jener Vordenkerwirtschaftlicher und gesellschaftlicher Fragen, die den Brücken-schlag zwischen Wissenschaft und praktischer Anwendung schaffen: Horace "Woody" Brock ist Vorstand des Researchund Analyseinstituts "Strategic Economic Decisions" (SED), das er – unterstützt von 20 bedeutenden Finanzinstituten wie etwa Fidelity, GE Capital und IBM Pension Fund – bereits im Jahr 1985 gegründet hat. Als Schüler der beiden Nobelpreisträger John C. Harsanyi und Kenneth J. Arrow, bei dem er promoviert hat, konzentriert sich Brock mit seinem Institut auf die praktische Anwendung der sogenannten "Economics of Uncertainty", der Analyse wirtschaftlicher Entscheidungen unter Unsicherheit. Das Ziel seiner weitreichenden Arbeiten sind die Prognose und die Risikobeurteilung von Entwicklungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Brock ist nicht nur gerngesehener Gastautor in zahlreichen Medien und wissenschaftlichen Publikationen, er gilt auch als exzellenter und scharfsinniger Redner, der es versteht, komplexe mathematische und wirtschaftliche Zusammenhänge in einen sozialen und kulturellen Gesamtkontext zu stellen. Brock konzentriert sich auf die aus seiner Sicht tatsächlich bedeutenden Probleme, denen unsere Gesellschaft aktuell gegenübersteht. Dazu zählen für ihn die vielen und oft immer noch offenen Fragen einer ausreichenden Altersvorsorge, eines funktionierenden Gesundheitswesens oder auch der Diskussion darüber, ob ein Staat seine Rohstoffressourcen verstaatlichen sollte.
Historischer Wendepunkt
Vor diesem Hintergrund glaubt Brock, dass das Jahr 2010 so etwas wie einen Wendepunkt für die USA und andere westliche Länder darstellen wird. "Es gibt verschiedene Arten von solchen Wendepunkten oder revolutionären Entwicklungen", glaubt Brock. Die Situation, vor der die Gesellschaft heute stehe, sei nicht zu vergleichen mit Ereignissen wie dem Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989, die Brock eher als reines "Nachrichten-Event" bezeichnet. Vielmehr befinde sich die Gesellschaft in einem grundlegenden Veränderungsprozess der Art und Weise, wie Menschen ihre Zukunft, insbesondere ihr Leben im Alter beurteilen.
Joachim Nagel
Kommunikator mit Gespür für die Märkte

Mit Joachim Nagel leitet seit Kurzem ein ausgewiesener Experte mit internationaler Erfahrung den Zentralbereich Märkte im Vorstand der Deutschen Bundesbank.
Vortrag des Referenten im pdf-Format
Vortrag: 1. März 2011
Saal Harmonie: 16:30 – 17:20
Finanzmärkte vor neuen Herausforderungen
Joachim Nagel wird sich in seinem Referat mit den neuen Herausforderungen auseinandersetzen...
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JOACHIM NAGEL
Finanzmärkte vor neuen Herausforderungen
Joachim Nagel wird sich in seinem Referat mit den neuen Herausforderungen auseinandersetzen, denen sich die unterschiedlichen Marktteilnehmer gegenüber sehen. Dabei versucht er aufzuzeigen, wie sich einerseits ein Umfeld aus immer noch sehr niedrigen Zinsen auf versicherungsförmige Institutionen auswirken wird und wie andererseits neue Eigenkapitalregeln bei Banken und bankenähnlichen Instituten für ein Umdenken in der Anlage-, aber auch der Geschäftspolitik insgesamt sorgen werden.
Vortrag: 1. März 2011
Saal Harmonie: 16:30 – 17:20
Kommunikator mit Gespür für die Märkte
Mit Joachim Nagel leitet seit Kurzem ein ausgewiesener Experte mit internationaler Erfahrung den Zentralbereich Märkte im Vorstand der Deutschen Bundesbank.
Er ist ein "Eigengewächs" der Deutschen Bundesbank: Mit Joachim Nagel hat Anfang November ein Finanzmarktexperte die Verantwortung für den Zentralbereich Märkte übernommen, der nicht nur als erstklassiger Kenner der Finanzmärkte und ihrer beteiligten Institutionen gilt, sondern auch über reichlich internationale Erfahrung verfügt. Dabei hat Nagel seinen Posten in einer für die Bundesbank extrem schwierigen Zeit übernommen. Schließlich musste der 43 Jährige die Nachfolge von Thilo Sarrazin antreten, der im Zuge der zunehmenden Empörung über seine umstrittenen Thesen zur fehlenden Integrationsbereitschaft von Muslimen am Ende selbst um seine Abberufung gebeten hatte. Dass mit Nagel nun ein Mann aus den eigenen Reihen in den Bundesbank-Vorstand einzieht, spricht nach den Äußerungen aus der Politik "für die personelle Qualität einer so geachteten Institution wie der Bundesbank", wie es der des rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck formuliert hat. Bevor Nagel 1999 zur Bundesbank kam, hatte er nach Abschluss seines Volkswirtschaftsstudiums an der Universität Karlsruhe im Jahr 1991 dort zunächst eine Stelle als wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl Geld und Währung angenommen. 1994 arbeitete er für einige Monate als Referent für Wirtschafts- und Finanzpolitik beim SPD-Parteivorstand in Bonn. Nach seiner Promotion im Jahr 1997 nahm er ein Forschungsstipendium in Washington D.C. auf. Als Nagel 1999 in die Dienste der Bundesbank trat, arbeitete er zunächst als Büroleiter des Präsidenten der damaligen Landeszentralbank in Bremen, Niedersachsen und Sachsen Anhalt, Hans-Helmut Klotz, in Hannover. Im Jahr 2003 wechselte er nach Frankfurt, wo er zunächst für das "Liquiditätsmanagement" in der Zentrale der Deutschen Bundesbank verantwortlich war. Bereits 2004 wurde er Leiter der Hauptgruppe "Marktanalysen, Berichtswesen", und im Jahr 2005 übernahm er schließlich die Leitung der Abteilung "Marktanalysen, Portfolios". Schon seit Februar 2008 hat Nagel den Zentralbereich Märkte der Bundesbank geleitet. In der Finanzkrise war dieser Bereich über seine Grundsatzaufgaben hinaus für den Finanzkrisenstab der Bundesbank zuständig. Auf internationaler Ebene vertritt Nagel die Deutsche Bundesbank zudem in den High-Level-Gremien des "Markets Operations Committee" im Eurosystem und im "Markets Committee" bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Nagel gilt als jemand, der in der Lage ist, komplexe Sachverhalte auch Nicht Fachleuten verständlich zu vermitteln. Bereits nach seinem Forschungsstipendium in den USA wurde er mit dem Klaus Tschira-Preis (Tschira ist einer der Gründer des Softwareunternehmens SAP) für verständliche Wissenschaft im Bereich Wirtschaft ausgezeichnet.