Institutional Money, Ausgabe 2 | 2023

D ass auch institutionelle und andere professionelle Investoren wie Fondsmanager nicht gegen verhal- tensökonomisch begründetes Fehlverhalten gefeit sind, ist seit Langem nachgewiesen. So zeigen auch institu- tionelle Anleger ein Herdenverhalten, wie beispielsweise der US-Finanzmarktforscher Richard W. Sias schon 2004 in „Institutional Herding“belegen konnte. Dazu kommen ein Home Bias, nachgewiesen von Norman C. Strong und Xinzhong Xu 2003 in „Understanding the Equity Home Bias: Evidence from Survey“ und die Aversion gegenüber Verlusten, zu finden in „Do Behavioral Biases Affect Prices?“ von Joshua D. Coval und Tyler Shumway, publiziert 2005. Und das hat auch Auswirkungen auf die Volatilität ganzer Volkswirtschaften, wie die Weltbank 2015 in „Institutional Investors: The Unfulfilled 100 Trillion Dollar Promise“ fest- hielt.Dort wird unter anderem das prozyklische Investitions- verhalten gerügt. Dass Großanleger teilweise irrational agieren, steht also fest, nicht klar ist bislang, ob dies aber auf weibliche Akteure im selben Ausmaß zutrifft wie auf männliche. Prof.Monika Gehde-Trapp, Inhaberin des Lehrstuhls für Risikomanage- ment an der Universität Hohenheim, Stuttgart, und ihre wis- senschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin Linda Kling- ler haben vor Kurzem eine Forschungsarbeit vorgelegt, in der sie sich auf diese Frage konzentrierten. Gehde-Trapp zu- folge ist dieser Bereich relativ wenig erforscht, entsprechende Erkenntnisse wären daher insbesondere imHinblick auf die Delegation im Portfoliomanagement wünschenswert. Immerhin gibt es anekdotische Hinweise darauf, dass Fondsmanagerinnen vom Temperament her bessere Inves- toren sein könnten. Ein Beispiel dafür lieferte Sarah Whitley von Baillie Gifford, die 2018 in den Ruhestand ging. In einem Interview erklärte sie ihre Überzeugung, dass Fonds- managerinnen besser darin seien, „Noise“zu vermeiden, sich gegen die Herde zu stellen und auf ihre eigene Sichtweise zu konzentrieren. Sollte sich herausstellen, dass Frauen Kapital tendenziell ertragreicher investieren können als Män- ner, wäre das eine unerfreuliche Erkenntnis für die Invest- mentwelt, denn das weibliche Geschlecht ist in dieser Bran- che traditionell extrem schwach vertreten. Mehr Klarheit in diesem Punkt könnte somit sogar die Personalpolitik in der Investmentbranche verändern. Grundsätzlich müssten aber alle professionellen Marktteilnehmer an einer Antwort auf die Frage, ob das Geschlecht einen Einfluss darauf hat, wie Fondsmanager beziehungsweise Fondsmanagerinnen auf das Markt-Sentiment reagieren, interessiert sein. Die Fähig- keit, sich einer marktbreiten Stimmungslage entziehen zu können, senkt einerseits das Risiko, in Bullen- und Bärenfal- len zu treten, und ermöglicht es andererseits,mittels Gegen- positionen irrationale Marktentwicklungen zur Erzielung von Mehrerträgen zu nutzen – beides Dinge, die sich auch institutionelle Kunden von ihren Geldverwaltern wünschen. Zwei Hypothesen Gehde-Trapp und Klinger bauten ihre Arbeit auf zwei Hypothesen auf. Sie unterstellten ausgehend von früheren Forschungsergebnissen, dass rational arbeitende Fondsmana- ger irrationales Sentiment als Handelschance erkennen und nützen. Ist die Stimmung gut beziehungsweise zu gut, sind Überbewertungen wahrscheinlich; ist sie schlecht, gilt der Reagieren Fondsmanagerinnen auf irrationales Sentiment an den Aktienmärkten anders als ihre männlichen Kollegen? Eine neue Studie beleuchtet eine weitere Facette in der Geschlechterdebatte. Ruhigere Hände 88 N o . 2/2023 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Fondsmanagement FOTO: © UNIVERSITÄT HOHENHEIM (2) » Männer reagieren deutlich stärker auf irrationales Sentiment, das macht sich aber nicht bezahlt. « Prof. Dr. Monika Gehde-Trapp, Inhaberin des Lehrstuhls für Risikomanagement an der Universität Hohenheim, Stuttgart » Weder Fondsrenditen noch risikoadjustierte Performances von Frauen und Männern unterscheiden sich. « Linda Klingler, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin für Risikomanagement an der Universität Hohenheim, Stuttgart

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=