Institutional Money, Ausgabe 2 | 2023
W er hätte gedacht, dass das Thema „Nachhaltiges Investment“ für manche Marktteilnehmer zu einem Albtraum werden würde? Nämlich in jenen Fällen, in denen sie – begründet oder unbegründet – des Greenwashings bezichtigt werden. Mittlerweile stellen die juristischen Risiken und die Reputationsschäden, die daraus erwachsen können, für etliche Akteure eine echtes Risiko dar, das man möglichst minimieren möchte. Doch wie lässt sich das Risiko, mit Greenwashing-Vorwürfen kon- frontiert zu werden, managen? Ein Lösungsweg heißt „zu- rückrudern“: Man beendet Allianzen oder kategorisiert bis- lang „nachhaltige“Fonds wieder um. So hat die Münchener Rück Ende März 2023 ihre Mitgliedschaft in der Net-Zero Insurance Alliance (NZIA) gekündigt. Das Haus begründet diesen Schritt mit der Begrenzung rechtlicher Risiken, wobei hier offenbar Kartellrechtsrisiken eine Rolle spielen. Es folgte die Zurich mit einem Austritt. Man wolle aber weiter an seinen Klimazielen festhalten und sich „darauf konzentrieren, seine Kunden auf demWeg zu mehr Klima- schutz zu unterstützen“, erklärte der Konzern Anfang April. Das lässt darauf schließen, dass man die Gefahr sieht, durch Mitgliedschaft in einer Allianz möglicherweise einen fal- schen Anschein zu erwecken. Umorganisationen im Unternehmen Andere Unternehmen reduzieren ihre Risiken durch Um- organisationen: Mittlerweile gilt es als risikoträchtig, das Thema Nachhaltigkeit in der Marketingabteilung angesie- delt zu haben. Üblich ist jetzt eine Zuordnung zu den Be- reichen Legal &Compliance oder Risikomanagement. „Frü- her beschäftigten sich nur die Nachhaltigkeitsbeauftragten mit diesem Thema. Jetzt interessiert sich auch der Vorstand dafür. Mittlerweile berichten die ESG-Verantwortlichen in vielen Unternehmen unmittelbar an den Vorstand“, beob- achtet Hannah Helmke, Mitgründerin des Unternehmens right° und Pionierin in Sachen „Temperature Alignment“ von Immobilien, Unternehmen und Investments. Auch die DWS hat ihre Strukturen aufgrund der sich dynamisch verändernden ESG-Landschaft angepasst: „Dies geschieht nicht erst seit den Greenwashing-Vorwürfen und nicht nur in Bezug auf Nachhaltigkeit, sondern generell für unser Unternehmen“, erklärt die Unternehmenssprecherin und nennt Beispiele: „Im Lauf des Jahres 2022 haben wir unsere Nachhaltigkeits-Governance angepasst und ein Team für die Nachhaltigkeitsstrategie etabliert, welches den Vorsit- zenden der Geschäftsführung der DWS bei der Entwick- lung unserer Nachhaltigkeitsstrategie unterstützt und sicher- stellt, dass diese in die Unternehmensstrategie eingebettet ist. Seit Januar 2023 wird die Geschäftsführung zudem durch einen Ausschuss, das Group Sustainability Committee, unterstützt, der befugt ist, Entscheidungen zur Umsetzung unserer Nachhaltigkeitsstrategie zu treffen. Darüber hinaus haben wir ein Sustainability Oversight Office eingerichtet, das darauf abzielt, eine effektive Nachhaltigkeits-Governance in der gesamten Organisation sicherzustellen und das Group Sustainability Committee zu unterstützen.“ Umetikettierungen von Fonds Sichtbare Reaktion der Branche war auch, dass Produkte umgelabelt wurden: Fonds, denen man vielleicht etwas forsch das Etikett Artikel-9-Fonds angeheftet hatte, wurden in Artikel-8-Fonds zurückgestuft, und Artikel-8-Fonds wur- den als Artikel-6-Fonds umetikettiert. Das dürfte vor allem an den technischen Standards (RTS) der SFDR Level 2 lie- gen, die im Januar 2023 in Kraft getreten sind. Laut Mor- ningstar-Daten kam es insbesondere im vierten Quartal 2022 Grüne Farbe ist nicht mehr so günstig zu haben wie früher, denn Greenwashing- Vorwürfe stellen für die Unternehmen mittlerweile ein erhebliches juristisches und Reputationsrisiko dar. Wie können Unternehmen dem begegnen? Risiko in „Grün“ 242 N o . 2/2023 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Greenwashing FOTO: © GOLDING CAPITAL PARTNERS Mittlerweile müssen die Anbieter eines Artikel-8-Fonds kon- kret sagen, welche Umwelt- oder sozia- len Merkmale durch die Strategie geför- dert werden sollen. » Das lässt sich nicht vergleichen mit der Ener- gieklasse bei einer Waschmaschine, die sich über den Energieverbrauch definieren lässt. « Christian Schütz, ESG-Officer beim Alternatives-Asset-Manager Golding Capital Partners
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