Institutional Money, Ausgabe 2 | 2023
I n den letzten Jahrzehnten wurde in Studien wiederholt festgestellt, dass die Kapitalflüsse von Investmentfonds positiv mit der vergangenen Wertentwicklung zusam- menhängen und dass die Beziehung beständig und konvex ist. Das heißt, dass Fonds mit einer überdurchschnittlichen Performance in der jüngeren Vergangenheit überproportio- nal hohe Mittelzuflüsse sahen, während Fonds mit schlech- ter Performance vergleichsweise geringere Abflüsse verzeich- neten. Aus der Sicht der Produktanbieter war dieses Parado- xon naturgemäß erfreulich, allerdings blieb es nicht dabei. Anhand einer Stichprobe breit angelegter US-amerikani- scher Aktien- und Branchenfonds stellten die US-Finanz- marktforscher Caitlin D. Dannhauser und Jeffrey Pontiff 2019 in einem Working Paper mit dem Titel „Flow“ fest, dass die Konvexität dieser Beziehung in den letzten Jahren verschwunden zu sein scheint.Wenn das so ist, was sind die Gründe für diese Veränderung? Uneinheitliche Forschungsergebnisse Wie sich die Konkurrenz durch passive Fonds auf die Ren- diten aktiv gemanagter Fonds und deren Performance-Flow- Beziehung auswirkt, beschäftigt die Theoretiker schon seit geraumer Zeit. Eindeutige Ergebnisse dazu liegen allerdings noch nicht vor, die vorhandene Literatur offeriert unter- schiedliche Schlussfolgerungen. Ein Teil der Arbeiten über die Auswirkungen des Wettbewerbs durch passive Fonds auf die Renditen aktiv verwalteter Fonds geht davon aus, dass das Vorhandensein von „Noise Traders“ – etwa Privatanle- gern – den Profis den Wert von Information bei der Bestim- mung des fundamentalen Wertes von Assets verschleiert. Sanford J. Grossmann und Nobelpreisträger Josef E. Stiglitz argumentierten 1980 in „On the Impossibility of Informa- tionally Efficient Markets“, dass Umschichtungen in passive Fonds die Erträge aus den Informationssuchaktivitäten akti- ver Investmentfonds erhöhen sollten. Das andere Lager der Finanzmarktforscher und -akteure argumentiert, dass Kleinanleger die Preise von den Funda- mentaldaten wegbewegen, was aktiven Fondsmanagern die Möglichkeit bietet, Renditen zu erzielen, indem sie die Prei- se wieder ins richtige Verhältnis zu den Fundamentaldaten rücken. Praktiker wie Christoph Bruns, Mastermind der Loys Fonds und ein nimmermüder Verfechter aktiven Managements, betonen immer wieder: Je mehr Assets in passive Fonds fließen, desto höher seien die Chancen für aktive Manager, Outperformance zu generieren. Wiederum anders ist der Ansatz von Philip Bond und Diego Garcia. Die beiden argumentierten 2018 in „The Equilibrium Consequences of Indexing“, dass mehr Invest- ments in passive Fonds durch Retailinvestoren das Ausmaß des Rauschens – sogenannte Noise Trades – im Markt ver- ringern.Diese Reduktion von Noise Trades verringert ihrem Ansatz zufolge dann die Möglichkeiten professioneller Investoren, positive aktive Renditen zu erzielen. In ähnlicher Weise sind die Vorhersagen wissenschaft- licher Arbeiten darüber, wie sich der Wettbewerb durch pas- sive Fonds auf die Beziehung zwischen Performance und Kapitalflüssen auswirkt, ebenfalls uneinheitlich. Leonard Kostovetsky und JeroldWarner gelangten 2020 in „Measuring Innovation and Product Differentiation: Evidence from Mutual Funds“ zum Schluss, dass ein geringeres Ausmaß an Wettbewerb unter den Anlageprodukten zu einer geringe- ren Sensitivität der Mittelflüsse in Bezug auf die Perfor- mance führt, weil es für Anleger schwieriger ist, ihr Geld in ein vergleichbares Produkt zu investieren. Jennifer Huang, Kelsey D.Wei und Hong Yan wiesen jedoch 2007 in „Parti- cipation Costs and the Sensitivity of Fund Flows to Past Lange Zeit galt für aktive Fonds: Outperformance bewirkt rasche Zuflüsse, Under- performance eher langsame Abflüsse. Neue Forschungsarbeiten zeigen, dass dies heute anders ist. Passive Alternativprodukte lassen Anleger rascher reagieren. Raschere Umschichtung THEORIE & PRAXIS | Indexing 132 N o . 2/2023 | institutional-money.com FOTO: © UNIVERSITÄT BIELEFELD Die Konvexität von Performance und Zu- beziehungs- weise Abflüssen ist heute nicht mehr gegeben. Warum? » Wettbewerb durch passive Fonds kann ein wichtiger Anreizmechanismus für aktive Fondsmanager sein. « Dr. Peter Limbach, Professor of Corporate Finance and Governance an der Universität Bielefeld
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