Institutional Money, Ausgabe 2 | 2023
W as früher fast unmöglich war, ist heute ver- gleichsweise einfach: Als Investor kann man sich ein Bild von der Persönlichkeit eines Fondsmanagers machen. Einerseits veröffentlichen viele Investmenthäuser selbst Interviewvideos mit ihren Vermö- gensverwaltern, andererseits werden diese heute von einer Vielzahl von Medien zu ihren Einschätzungen befragt. Als Großanleger hat man darüber hinaus in der Regel auch kein Problem, das Managment eines Fonds persönlich zu treffen, falls man das wünscht. Im Zentrum des Interesses werden dabei wahrscheinlich meist die Markteinschätzung und die daraus abgeleitete Strategie der Fondsverantwort- lichen stehen, dabei bekommt man aber durchaus auch einen Eindruck von deren Persönlichkeit.Und darauf beson- ders zu achten kann sich lohnen, vor allem dann, wenn man es mit jemanden zu tun hat, der augenscheinlich extrem von sich selbst überzeugt zu sein scheint. Psycholo- gische Forschungsergebnisse legen nämlich nahe, dass die Entscheidungen narzisstischer Persönlichkeiten auf mindes- tens zwei grundlegende Arten systematisch beeinflusst wer- den: Einerseits führt der übersteigerte Selbstglaube dazu, dass die Wahrscheinlichkeit eines Misserfolgs falsch – näm- lich als zu gering – eingeschätzt wird, was sich in einem risikoreicheren Entscheidungsverhalten äußert. Andererseits halten sich Narzissten für überlegen gegenüber anderen,was dazu führt, dass sie sich mit höherer Wahrscheinlichkeit über Normen und Regeln hinwegsetzen. Drei Forscher von der Universität Marburg, Professor Dr. Oscar Stolper und die wissenschaftlichen Mitarbeiter Anna- Lena Bauer und Dominik Scheld wollten die Rolle des Narzissmus bei Fondsmanagern analysieren. Sie argumen- tieren, dass Narzissmus ein Risikofaktor ist, der im Zusam- menhang mit aktivem Fondsmanagement untersucht wer- den sollte, weil die Auswirkungen von Narzissmus für das Ergebnis der delegierten Vermögensanlage von großer Bedeutung sein können. So nehmen die Autoren im Hin- blick auf die verzerrte Wahrscheinlichkeitsgewichtung an, dass der hochgradig narzisstische Manager eine Alternative, die von seiner Peergroup als sehr riskant eingestuft wird, in Bezug auf ihre Auszahlungswahrscheinlichkeit überbewer- tet. Unter sonst gleichen Bedingungen sollte dies zu einer geringeren risikobereinigten Performance von Fonds führen, die von narzisstischen Managern geführt werden. Zweitens: In Anbetracht der Tatsache, dass Narzissten Schwierigkeiten haben, sich an Konventionen zu halten, vermuten die Auto- ren, dass narzisstische Charaktäre eher dazu neigen, vom offiziell kommunizierten Investitionsschwerpunkt abzu- weichen. Sowohl eine erhöhte Risikobereitschaft als auch eine Inkonsistenz beim Anlagestil wirken für Anteilseigner potenziell nachteilig. Obwohl die Management- und Organisationsliteratur den bedeutenden Einfluss von Narzissmus auf die Handlungen und Entscheidungen von Führungskräften in Unternehmen dokumentiert, hat sich die Forschung bisher nicht mit den potenziellen Folgen dieser Persönlichkeitsstörung in der Ver- mögensverwaltung auseinandergesetzt. Ten Brinke, Aimee Kish und Dacher Keltner analysierten 2018 in „Hedge Fund Managers with Psychopathic Tendencies Make for Worse Wenn Fondsmanager narzisstische Eigenschaften an den Tag legen, ist für Fonds- investoren äußerste Vorsicht geboten. Es drohen chronische Underperformance und Abweichungen vom vereinbarten Anlagestil. Gefährliches Selbstvertrauen 104 N o . 2/2023 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Managerselektion FOTO: © PHILIPPS UNIVERSITÄT MARBURG (2) Narzissmus wurde bisher nicht bei Fondsmanagern, sondern hauptsäch- lich in Bezug auf CEOs untersucht. » Unsere Hauptergebnisse unterstreichen die Bedeutung von Teamarbeit im Asset Management. « Dr. Oscar Stolper, Professor für Behavioral Finance an der Philipps Universität Marburg » Selbst in Teams unterminieren Narzissten im Fondsmanagement die risikobereinigten Erträge. « Dr. Dominik Scheld, Institut für Behavioral Finance, Philipps Universität Marburg
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