Institutional Money, Ausgabe 4 | 2025
Ausland. Dadurch entsteht ein Preiskeil, der verhindert, dass amerikanische Haushalte Schocks in vollemUmfang über zusätzliche Importe glätten können. Dieser Keil verändert unmittelbar die relevanteModellvariable: denGrenznutzen handelbarer Güter in den USA relativ zum Rest der Welt. Wenn US-Haushalte und Unternehmen auf wirtschaft- liche Schocks nicht mehr wie zuvor durch höhere Importe reagieren, reduziert sich die weltweite Relevanz amerikani- scher Nachfrageschwankungen – US-Schocks schlagen nicht mehr in gleichem Ausmaß auf die Weltmarktpreise durch, weil der eingeschränkte Handel ihre Wirkung nur noch begrenzt in die globale Wirtschaft weiterleitet. Wenn aber US-Schocks weniger durchschlagen, „verliert der Dollar an Korrelation mit globalen Stressindikatoren“, VR &R $XWRU +DVVDQ 'LHVH (QWZLFNOXQJ TXDQWLlj]LHUHQ GLH Autoren mithilfe einer eigenen Kalibrierung: Bei einem langfristig wirksamen Zollniveau von rund 12 bis 17 Pro- zent – wie es die Märkte im Frühjahr 2025 antizipierten – verändert sich die Struktur bereits spürbar. US-Zinsen steigen, US-Aktien weisen niedrigere Bewertungen auf, die Volatilität des Dollar-Wechselkurses nimmt zu. Das zeigt sich für dieses Szenario auch bei der Entwick- OXQJ GHU =LQVGLȬHUHQ] ]ZLVFKHQ GHQ 86$ XQG GHQ G10-Staaten (siehe Chart „Eskalationsmodell und Zinsen“) : Die US-Zinsen bewegen sich nach oben, während der Dollar gleichzeitig seine Risikoeigenschaften verliert. Der Gleichlauf von Risiko und Dollar, der für Jahrzehnte stabil war, schwächt sich ab. DasModell reproduziert damit exakt jenes Muster, das dieMärkte nach den Zollankündigungen durch die Trump-Administration zeigten: steigendeUS-Zin- sen, fallende US-Aktien und ein volatilerer Dollar. Genau diese Mechanismen beobachten wir momentan in Echt- zeit. Was derzeit noch eine Momentaufnahme ist, könnte sich als konsistente und vor allem nachhaltige Folge einer UHGX]LHUWHQ 9HUijHFKWXQJ GHU 86$ PLW GHP :HOWPDUNW herausstellen. Vor diesem Hintergrund untersuchen die Autoren anschließend, wie dauerhaft erhöhte Zölle das internatio- QDOH :ÌKUXQJVV\VWHP EHHLQijXVVHQ +LHU ZLUG GLH $QNHU- funktion des Dollars relevant. Viele kleine und mittlere Volkswirtschaften stabilisieren ihre Währungen gegen- über demDollar, um die Safe-Haven-Funktion des Green- backs zu übertragen und die eigenen Finanzierungskosten zu senken. Dieses Verhalten lässt sich imModell vollständig endogen ableiten. Staaten unterhalb einer gewissen Größe stabilisieren mit hoher Wahrscheinlichkeit gegenüber der größten und sicherstenWährung. Bislang ist das der Dollar. 'RFK DXFK GLHVH 6WUXNWXU LVW HPSljQGOLFK JHJHQĞEHU Veränderungen der Safe-Haven-Eigenschaften. Sinkt die Sicherheitsprämie des Dollars, reduziert sich der Nut- zen einer Stabilisierung. Der Chart „Eskalationsmodell und Sicherer Hafen“ zeigt die Auswirkung eines ansteigenden Zollniveaus auf die Attraktivität des Dollars als Ankerwäh- rung. Bis zu einem mittleren Tarifniveau bleibt die Struk- tur weitgehend stabil. Doch ab einembestimmten Schwel- lenwert löst sich die Stabilisierungskette auf. Die Gründe dafür sind laut den Autoren eindeutig: Die Zinsvorteile ver- schwinden, die Kapitalströme verlieren ihre Ausrichtung auf US-Vermögenswerte, und das weltweite Lohn- und Kapitalniveau reagiert entsprechend. Der Ankermechanis- mus verliert seine ökonomische Grundlage. Eskalationsmodell und Zinsen Wie sich ein Handelskrieg auf die US-Zinsen auswirkt. 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 20 I 15 I 10 12 17 I 5 0 I US-Zinsen Zölle Eskalationsmodell und Sicherer Hafen Wie ein Handelskrieg den Dollar als Ankerwährung untergräbt. -0,20 -0,15 -0,10 -0,05 0,00 20 I 15 I 10 I 5 0 I 12 17 Dollar-Sicherer-Hafen-Index Zölle Die Abbildung zeigt, wie ein Handelskrieg sowohl den Zinsabstand zwischen den USA und einer kleinen Volkswirtschaft als auch die Korrelation zwischen dem breiten US-Wechselkurs und dem Indikator für die Sicherheit des Dollars unter verschiedenen Vergeltungsszenarien beeinflusst. Der rote Punkt steht für einen US-Zoll von 17 Prozent bei einer Gegenmaßnahme von sieben Prozent, was einer Vergeltungsstärke von 40 Prozent ent- spricht und zirka dem Effekt eines US-Zolls von zwölf Prozent mit vollständiger Gegenreaktion gleichkommt. Quelle: „Trade War and the Dollar Anchor“ » Auf Basis von Daten vor 2025 kalibriert, reproduziert das Modell die Sicherheitsprämie des US-Dollars, die niedrigen Renditen amerikanischer Staatsanleihen und seine Rolle als weltweite Ankerwährung. « Thomas M. Mertens, Federal Reserve Bank of San Francisco, Studien-Co-Autor 124 N o . 4/2025 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Handelskrieg und Dollar
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