Institutional Money, Ausgabe 4 | 2025
S eit jeher ist die Investmentwelt auf der Suche nach Methoden, mit denen sich zukünftige Erfolgsaus- sichten bei der Kapitalanlage verbessern lassen – wer zuverlässige Prognosen für Unternehmensgewinne erstellt, schlägt den Markt. Denn Ray Ball and Philip Brown zeig- ten schon 1968 in „An Empirical Evaluation of Accounting Income Numbers“, publiziert im Journal of Accounting Research, dass Gewinne in direktemZusammenhang mit Aktienrenditen stehen. Renditeerwartungen können sogar direkt aus prognostizierten Gewinnen in Formder implizi- ten Kapitalkosten eines Unternehmens abgeleitet werden, hielten als Erste Joseph Gordon and Myron J. Gordon in „The Finite Horizon Expected Return Model“ fest. Hartnäckiges Problem Leider ist die Ertragsprognose ein hartnäckiges Problem, ZHLO LQ HLQHU NRPSOH[HQ 5HDOLWÌW GDIĞU XQ]ÌKOLJH (LQijXVV- faktoren berücksichtigt werden müssten. Seit es Compu- ter gibt, wird daher versucht, durch die maschinelle Ana- lyse von Unternehmenskennzahlen dem zu erwartenden Gewinn auf die Spur zu kommen. Anfangs waren statis- tische Ansätze eher einfach und linear und entsprechend aussagearm. Mit dem Aufkommen fortschrittlicherer sta- tistischer Modelle, insbesondere von Machine-Learning- Ansätzen, wurden aber von Kapitalmarktforschern ver- VFKLHGHQH ijH[LEOHUH0HWKRGHQ YRUJHVFKODJHQ 0DVFKLQHOOHV Lernen bietet dabei Flexibilität in drei Dimensionen: Ers- tens berücksichtigt es komplexe Funktionsformen. Das heißt, im Gegensatz zu den traditionellen linearen Ansät- zen, die zur Gewinnprognose verwendet wurden, ermög- licht maschinelles Lernen komplexe nichtlineare Funk- tionsformen. Zweitens ermöglicht maschinelles Lernen die Nutzung großer Informationsmengen, wodurch bisher unentdeckte Zusammenhänge aufgedeckt werden können. Drittens nutzt maschinelles Lernen fortschrittliche Opti- PLHUXQJVWHFKQLNHQ ZLH 5HJXODULVLHUXQJ XP 2YHUljWWLQJ (eine Form der Überanpassung) zu vermeiden. Komplexerer Ansatz gefordert Dieter Hess, Inhaber des Lehrstuhls für Corporate Finance an der Universität zu Köln, sowie seine beiden Mitstreiter, die Research-Assistenten Frederik Simon und Sebastian Weibels – beidemittlerweile promoviert –, kamen in „Inter- pretable Machine Learning for Earnings Forecasts: Lever- aging High-Dimensional Financial Statement Data“ zur Erkenntnis, dass sich die Forschung zur Gewinnprognose vor allem auf die erste Dimension konzentriert. Anders ausgedrückt: Kapitalmarktforscher haben den Einsatz ver- schiedener Arten von maschinellen Lernalgorithmen vor- geschlagen, um die möglicherweise komplexe Funktional- form zu approximieren, die Prädiktoren und zukünftige Gewinne zueinander in Beziehung setzt. Komplexere Modelle des maschinellen Lernens führen imAllgemeinen wahrscheinlich zu genaueren Gewinnprognosen. Tatsäch- lich zeigten Bryan T. Kelly, Semyon Malamud und Kan- gying Zhou 2022 in „The Virtue of Complexity in Return 3UHGLFWLRQĺ GDVV HLQH ]XQHKPHQGH .RPSOH[LWÌW GHljQLHUW als das Verhältnis von Modellparametern zu Daten, die Out-of-Sample-Vorhersageleistung bei der Renditeprogno- se durchgängig verbessert. Sie empfehlen ausdrücklich die 9HUZHQGXQJ NRPSOH[HU QLFKWOLQHDUHU 0RGHOOVSH]LljNDWLR- nen anstelle einfacher linearer. Hess, Simon und Weibels argumentieren, dass weitere Forschung in dieser Dimen- Lassen sich Unternehmensgewinne über mehrere Jahre hinweg mithilfe moderner Machine-Learning-Verfahren besser vorhersagen, wenn man auf die Analyse kompletter Jahresabschlüsse setzt? Präzisere Gewinnprognosen? » Unser Ansatz verbessert die Prognose für ein Jahr im Voraus um elf Prozent im Vergleich zum besten traditionellen linearen Ansatz. « Prof. Dr. Dieter Hess, Inhaber des Lehrstuhls für Corporate Finance an der Universität zu Köln 104 N o . 4/2025 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Marktprognosen FOTO: © UNIVERSITÄT KÖLN
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