Institutional Money, Ausgabe 2 | 2025
liegenden Annahmen nicht mehr mit der Realität über- einstimmen, verliert das Modell seine Steuerungswirkung. Conlon formuliert das folgendermaßen: „Die Diskrepanz zwischen tatsächlichem und erwartetem Risiko, verursacht durch fehlerhafte Modellierung, untergräbt das Risiko- management und die Kontrolle.“ Besonders in Stressphasen, in denen Marktbeziehungen kollabieren, liefern viele Modelle keine belastbaren Ergebnis- se mehr. Das liegt nicht zuletzt daran, dass diese Ereignisse, obwohl sie in jüngerer Vergangenheit häu ger auftreten, schlicht nicht oft genug materialisieren, um statistisch belast- bare Datenmengen zu liefern. Dieses Problem wird nicht zuletzt in der historischen Simulation schlagend: Sie extra- poliert ausschließlich aus der Vergangenheit – ein Problem, wenn künftige Marktverhältnisse fundamental anders sind. Da extreme Ereignisse per De nition selten sind, werden sie in historischen Stichproben oft nicht ausreichend repräsen- tiert. So entsteht ein systematisches Blindfeld für Tail-Risiken. Ähnliches gilt für die CFE: Zwar erlaubt sie eine Einbe- ziehung höherer Verteilungsmomente, doch gerade deren Schätzung ist anfällig. Fama und French zeigten, dass Rendi- ten über kurze Horizonte stark von der Normalverteilung abweichen – mit ausgeprägter Schiefe und Leptokurtosis. In solchen Fällen potenzieren sich selbst kleine Ausreißer in den Berechnungen. „Die Cornish-Fisher-Expansion ist“laut Con- lon besonders anfällig für Schätzfehler bei höheren Momen- ten,was die Genauigkeit der Risikoeinschätzung beeinträch- tigen kann.“ Copula-Modelle adressieren ein anderes Pro- blem: die asymmetrische Abhängigkeit von Basiswert und Future in den Extremen. Sie sind in der Theorie besonders wertvoll für die Modellierung gemeinsamer Extrembewe- gungen. Doch auch hier zeigen sich praktische Schwächen. Die Parameter dieser Modelle – etwa bei der Clayton-Copu- la – müssen präzise geschätzt werden. Datenmangel oder sich verändernde Marktregime führen leicht zu Fehlanpas- sungen. Die Folge: Die modellierte Abhängigkeit stimmt nicht mit der Realität überein, und der Hedge greift ins Lee- re. Zudem besteht stets das Risiko des Over tting – eine gu- te Anpassung an die Vergangenheit ist kein Garant für künf- tige Validität. Spezifische Schwächen Auch die auf Semivarianz basierenden Modelle – sowohl in ihrer klassischen Form als auch in der Variante der Upside- Semivarianz – bringen spezi sche Schwächen mit sich. Die klassische Semivarianz minimiert ausschließlich negative Abweichungen vom Erwartungswert und blendet damit mögliche symmetrische Risiken oder unerwartete positive Ausreißer aus. Diese einseitige Perspektive kann in volatilen Märkten zu unvollständigen Absicherungspro len führen. Noch ausgeprägter zeigt sich dieses Manko bei der Up- side-Semivarianz, die sich ausschließlich auf extreme Gewin- ne konzentriert – ein Ansatz, der im Kontext der Verlustver- meidung für viele institutionelle Anleger wenig Relevanz hat, allerdings sehr wohl als statistischer Schock gewertet werden kann und durch inverse Korrelationen durchaus In welchen Sog gerät der Markt nach der nächsten Krise? Diese Frage stellen sich viele Marktteilnehmer. Gezieltes Hedging kann diese Frage obsolet machen, da die implementierte Absicherung automatisch funktionieren sollte – mit Betonung auf „sollte“. N o . 2/2025 | institutional-money.com 79 Tail-Risk-Hedging | THEORIE & PRAXIS FOTO: © YUPARET | STOCK.ADOBE.COM
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