Institutional Money, Ausgabe 2 | 2025
W ährend Tail Risks, also Extremrisiken, in der Vergangenheit oft in einem Atemzug mit Schwarzen Schwänen genannt wurden, scheint dieser Vergleich inzwischen zu hinken, da derartige Ereignisse inzwischen schlicht viel zu oft auftreten. Ereignis- se, die früher als epochal gegolten hätten, treten inzwischen in kurzen Abständen auf – das bei Redaktionsschluss zweit- jüngste Beispiel ist der von US-Präsident Donald Trump los- getretene globale Zollkon ikt, der im Extremszenario auf eine Au ösung von Bretton Woods und damit des gesam- ten weltweiten Währungs- und Finanzsystems hinauslaufen könnte – dazu an anderer Stelle in diesem Heft mehr. Wel- che Auswirkungen, die neu aufge ammten Feindseligkeiten zwischen Pakistan und Indien nach sich ziehen, ließ sich bei Redaktionsschluss nicht abschätzen. An dieser Stelle wollen wir uns aber ohnehin nicht mit einer Analyse der geopoli- tischen Risiken beschäftigen, sondern uns vielmehr den Her- ausforderungen und den massiven Steuerungsproblemen, die mit diesen einhergehen, widmen und die Frage beant- worten, wie man sich als Investor am besten gegen eben- diese absichert. Oft hört man in diesem Zusammenhang, dass die Absicherungen immer besser funktionieren, weil die dahinter stehende Methodik immer stärker verfeinert – also komplexer – wird. Doch ist das tatsächlich so? Steigert die Komplexität von Hedging-Strategien deren E zienz? Genau dieser Frage sind Min Cao und Thomas Conlon, beide University College Dublin, in ihrer brandaktuellen Studie „Tail Risk Hedging: The Superiority of the Naïve Hedging Strategy“ nachgegangen. Wie der Titel nahelegt, verfechten die beiden Autoren die These,, dass einfache Hedging-Strategien oft robuster sind als komplexe, modell- basierte Ansätze. Ihr Befund: Wer auf den sogenannten nai- ven Hedge setzt, fährt in Krisenzeiten häu g besser – und dies über unterschiedliche Märkte, Risikomaße und Zeit- räume hinweg. Simpler Ansatz auf Prüfstand Die Autoren analysieren sechs gängige Methoden zur Absi- cherung über Futures-Kontrakte. Im Zentrum steht dabei aber der naive Hedge – eine simple Eins-zu-eins-Absiche- rung, bei der für jede Einheit des Basiswerts eine Futures- Position gehalten wird. Keine Kalibrierung, kein Rebalan- cing, keine Annahmen über Volatilität, Korrelationen oder Verteilungsformen: Die Hedge Ratio bleibt konstant. Dem stehen fünf anspruchsvollere Verfahren gegenüber: historische Simulationen (HS), die Cornish-Fisher-Expansion (CFE), Copula-Modelle, die Semivarianz-Minimierung sowie Upside-Semivarianzmodelle.Diese Modelle operieren jeweils mit eigenen Prämissen: HS schätzt Risiken rein vergangen- heitsbasiert, Copulas modellieren Extremkorrelationen zwi- schen Basiswert und Future, CFE berücksichtigt höhere Momente wie Schiefe (Skewness) und Wölbung (Kurtosis). Semivarianzbasierte Verfahren gewichten negative oder positive Abweichungen vom Erwartungswert unterschied- lich stark. Allen gemeinsam ist ein hoher Bedarf an statisti- scher Kalibrierung. Risiko: Komplexität Gerade dieser Kalibrierungsbedarf und die damit einherge- hende hohe Komplexität von Rechengang und Auswertung tragen relativ hohe Risiken in sich. Denn je detaillierter ein Modell, desto größer das Modellrisiko: Wenn die zugrunde Angesichts der immer häufiger auftretenden Extremrisikoszenarien rückt für Investoren eine möglichst effiziente Absicherung verstärkt in den Fokus des Interesses. Doch welche Strategie fängt besagte Tail Risks am besten auf? Weniger ist mehr 78 N o . 2/2025 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Tail-Risk-Hedging FOTO: © UNIVERSITY COLLEGE DUBLIN » Die Diskrepanz zwischen tatsächlichem und erwartetem Risiko, verursacht durch fehlerhafte Modellierung, untergräbt das Risikomanagement und die Kontrolle. « Thomas Conlon, University College Dublin
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