Institutional Money, Ausgabe 2 | 2025
gung von Wärme ießen. Das heißt: Langfristig ist nicht die Stromerzeugung unser Problem, es ist die Erzeugung von Wärme.Und ich spreche nicht von Wärme, die wir zum Be- treiben unserer Heizung oder zum Kochen von Wasser be- nötigen. Die große Herausforderung ist die Bereitstellung von hohen Temperaturen jenseits von 400 Grad, die zur in- dustriellen Nutzung von Wärme benötigt werden. Das müssen Sie erläutern. Prof. Andreas Pautz: Für rund die Hälfte der verbrauchten Wärmeenergie reichen relativ niedrige Temperaturen aus. Da sprechen wir von der Wärmeerzeugung zum Betreiben von Heizungen, die Bereitstellung von Fernwärme für Haus- halte oder auch die Meerwasserentsalzung. Das ist der Bereich, der sich größtenteils durch Wärmepumpen und dergleichen abdecken ließe. Bleiben aber noch immer rund 25 Prozent unseres gesamten Energieverbrauchs, den wir für die Bereitstellung von Wärme jenseits der genannten 400 Grad für industrielle Zwecke wie in der chemischen Indus- trie benötigen.Das lässt sich mit Solar und Wind nicht sinn- voll darstellen. Selbst wenn man alle erdenklichen Möglich- keiten der Elektri zierung zur Bereitstellung von Energie nutzen würde, bliebe am Ende noch ein Viertel des Bedarfs, bei dem man nach unseren Erkenntnissen nicht an einer sinnvoll eingesetzten Kernenergie, die gleichzeitig Strom und Wärme produziert, vorbeikäme. Dann hätten Sie aber immer noch nicht das Problem der Entsor- gung von radiotoxischen Abfällen gelöst. Prof. Andreas Pautz: Da kann ich nur sagen: Aus wissen- schaftlicher Sicht ist das „Problem“ gelöst. Denn es besteht ein weitgehender Konsens darüber, dass wir inzwischen längst über ein Entsorgungskonzept verfügen, das die un- zweifelhaft hohen Anforderungen an die Sicherheit erfüllt. Wie sieht das denn Ihrer Ansicht nach aus? Prof. Andreas Pautz: Indem ich radioaktiven Abfall in ein 800 Meter tiefes Endlager verbringe, z.B. in einer Tonschicht wie in der Schweiz, von der ich weiß, dass sie den Abfall so hermetisch einschließt, dass daraus keine Strahlung entwei- chen kann, die demMenschen oder der Umwelt gefährlich werden könnte. Ich bin mir vollkommen bewusst, dass die Diskussion um die Entsorgung atomaren Abfalls auch künf- tig sehr emotional geführt werden wird, aber in der nüch- tern wissenschaftlichen Betrachtung besteht das Problem nicht darin, Mensch oder Umwelt vor diesem Abfall zu schützen, sondern den Abfall vor dem Zugri des Men- schen. Aber auch das wird mit dem Endlagerkonzept er- reicht: Es ist schlicht und einfach schwer vorstellbar, dass ein Terrorist Atommüll aus einem viele hundert Meter unter der Erdober äche be ndlichen Endlager ausgraben würde, um damit andere zu schädigen oder zu bedrohen. Fühlen Sie sich trotz Ihrer wissenschaftlich gestützten Argumente nicht manchmal wie der Rufer in der Wüste? Prof. Andreas Pautz: Seltsamerweise tri t das selbst in Europa nur auf den deutschsprachigen Raum zu.Neben Frankreich, das bei der Energieerzeugung ohnehin zu zwei Dritteln auf die Kernenergie setzt, oder auch den meisten osteuro- päischen Ländern bauen und planen auch die Briten, Schweden, Finnen und Niederländer neue Kernkraftwerke. Selbst Japan, das seine Atompolitik nach der Nuklear- katastrophe von Fukushima im Jahr 2011 stark überdacht hat, hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 wieder gut 30 Pro- zent seiner Energie mit Kernkraft zu erzeugen und neue Kernkraftwerke zu bauen. Daher sehe ich mich eher bestärkt in meiner wissenschaftlichen Arbeit innerhalb die- ses Spannungsfelds zwischen Sicherheitsbedenken, einer ausreichenden Energieversorgung und dem Erreichen von Klimazielen. Wir danken für das Gespräch! HANS HEUSER 58 N o . 2/2025 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Prof. Andreas Pautz, Paul Scherrer Institut & Dr. Stefan Hasenböhler, Reichmuth & Co FOTO: © PABLO FACCINETTO » Auch institutionelle Investoren stellen sich die Frage, wie es mit dem Aspekt Kernenergie weitergehen wird und wie sie mit dem Thema umgehen sollen. « Dr. Stefan Hasenböhler, Reichmuth Investment Management
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