Institutional Money, Ausgabe 2 | 2025
Pautz wird ja noch erläutern, warum er davon überzeugt ist, dass es nicht ausreichen wird, sich ausschließlich auf Sonne und Wind zu verlassen, um die Versorgung von Menschen und Unternehmen sicherzustellen. Aber unser eigenes Inter- esse war natürlich nicht der einzige Grund, weshalb wir ihn als unseren Keynote Speaker eingeladen haben. Was noch? Dr. Stefan Hasenböhler: Das Nuklearthema zieht auch bei Investoren, wie uns die hohe Teilnehmerzahl von knapp 70 interessierten Vertretern aus den Bereichen Versicherungen, Versorgungswerke und Pensionskassen zeigt, die unsere Kon- ferenz besucht haben. Denn auch sie stellen sich die Frage, wie es mit dem Aspekt Kernenergie weitergehen wird und wie sie mit dem Thema umgehen sollen angesichts der Ver- p ichtung aus dem Green Deal der Europäischen Union, die Gelder ihrer Kunden nachhaltig zu investieren. Prof. Andreas Pautz: Das kann ich aus anderen Vorträgen, die ich gehalten habe, durchaus bestätigen. Gerade die institu- tionelle Investorenschaft in den deutschsprachigen Ländern steckt da in gewisser Weise in einem Dilemma. Einerseits steht man dem Thema noch mit einer enormen Skepsis ge- genüber, andererseits bleibt auch der Investorenseite nicht verborgen, dass die Diskussion über eine künftig ausreichen- de Energieversorgung und den Preis, den man dafür zahlen muss, erheblich an Bedeutung gewonnen hat. Darauf komme ich zurück, aber zunächst die Frage an Herrn Hasenböhler, warum sich eine Gesellschaft wie Reichmuth ent- schieden hat, sich auf das Thema Infrastruktur zu spezialisieren. Dr. Stefan Hasenböhler: Als wir 2012 mit unserer Investment- lösung InRoll – ein diversi ziertes Güterwagenportfolio, in dem wir heute 455 Millionen Euro verwalten – gestartet sind, steckte das Investmentthema Infrastruktur gewisser- maßen noch in den Kinderschuhen.Was uns aber schon in unseren Anfängen überzeugt hat, ist die Kette von drei we- sentlichen Kriterien, die mit entsprechenden Investments verbunden sind: ein essenzieller Realwert, eine damit ver- bundene stabile Rendite und zudem ein ausgeprägter In a- tionsschutz. Inzwischen gehören wir von der Größenord- nung her zu den Mid-Market-Playern und verwalten mit insgesamt 28 Mitarbeitern ein Gesamtvolumen von 2,4 Mil- liarden Euro in über 20 Portfoliounternehmen auf unserer europäischen Infrastrukturplattform. Rund 80 Prozent unse- rer Kunden sind institutionelle Investoren, zu einem Fünftel investieren wir für vermögende Privatkunden. Was allerdings auffällt, ist die selbst gewählte Beschränkung auf lediglich drei von fünf wesentlichen Sektoren, in die Sie Ihr Thema einteilen. Was steckt dahinter? Dr. Stefan Hasenböhler: Es ist schon richtig, dass wir uns sehr bewusst auf die drei in Ihrer Eingangsfrage genannten Bereiche konzentrieren. Mit unseren Portfolios nanzieren wir in mehreren europäischen Ländern Anlagen für erneuer- bare Energien wie Wind-, Solar- und Wasserkraftwerke, aber auch im Transportsektor in Güterwaggons und Lokomoti- ven für die unter ESG-Gesichtspunkten und einer notwen- digen CO 2 -Reduktion zunehmend bedeutender werdende Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Unter dem Begri Kreislaufwirtschaft verstehen wir alles, was mit Recy- cling und einer nachhaltig organisierten Müllentsorgung zu tun hat. Das sind die Bereiche, in denen wir uns inzwischen extrem gut auskennen und wo wir ein umfangreiches Spe- zialwissen erlangt haben. Daher haben wir auch in absehba- rer Zeit nicht vor, in Sektoren wie der digitalen Infrastruktur oder dem Bereich Soziales aktiv zu werden, weil man bei beidem ganz anderen Bedingungen ausgesetzt ist. Inwiefern? Dr. Stefan Hasenböhler: Beim Sektor soziale Infrastruktur – da sprechen wir zum Beispiel vom Bau und Betrieb von Krankenhäusern, Universitäten und so weiter – bewegt man sich eigentlich eher im Segment professionelles Immobilien- management.Da verfügen wir nicht über eine ausreichende Expertise. Und um uns erfolgreich in der digitalen Infra- 52 N o . 2/2025 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Prof. Andreas Pautz, Paul Scherrer Institut & Dr. Stefan Hasenböhler, Reichmuth & Co FOTO: © PABLO FACCINETTO » Selbst wenn man alle Möglichkeiten der Energie- gewinnung zusammenzählt, wird man nicht weit über einen Anteil von 60 Prozent des Einsatzes volatiler Energielieferanten wie Sonne und Wind hinauskommen. « Prof. Andreas Pautz, Paul Scherrer Institut
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