Institutional Money, Ausgabe 2 | 2025
Die Ankündigung des schuldenfinanzierten Sonderver- mögens für Infrastrukturinvestitionen ist ein positives Signal für den Standort Deutschland. Zwar wurde die Höhe des Fonds bekanntgegeben, zur konkreten Umsetzung liegen jedoch bislang kaum Details vor. Der Fiskus hat die zentrale Rolle der deutschen Verkehrsinfra- struktur für die Stärkung der Leistungsfähigkeit erkannt. Ein er- heblicher Anteil der Gelder könnte in diesen Bereich fließen, um die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu sichern. Positiv ist auch der langfristige Finanzierungshorizont des Sondervermögens, da im Fall einer durchdachten Planung der staatlichen Investi- tionen mittel- bis langfristige Planungssicherheit für die betei- ligten Akteure geschaffen wird. Dies ermöglicht es den ausfüh- renden Firmen, Investitionen in notwendige Infrastruktur, Ma- schinen und Personal erfolgreich umzusetzen. Gleichzeitig bestehen Risiken wie einseitige Subventionen zugunsten staatlicher Betriebe, sofern keine ausgleichende Unterstützung für privatwirtschaftliche Unternehmen erfolgt. Daraus könnte eine Wettbewerbsverzerrung resultieren und die Rentabilität privater Investitionen nachhaltig beeinträchtigt werden. Entscheidend wäre eine Ausgestaltung der staatlichen Investitionen, entweder in Form von Kooperationsmodellen, bei denen private und öffentliche Akteure gemeinsame Projekte realisieren, oder als Multiplikatoren-Investments, die dazu bei- tragen, privatwirtschaftliche Investitionen in angrenzenden Wertschöpfungsbereichen zu fördern. Für eine gezielte Anpassung von Kapitalanlagen bleiben die regulatorischen Rahmenbedingungen entscheidend – sie gilt es nun abzuwarten. Roland Kaufmann, Senior Investment Manager bei Reichmuth Infrastructure, Zürich Die beschlossenen Ausgaben werden über die Zeit einen positiven Wachstumseffekt auslösen. Wie groß der Wachstumsimpuls ausfällt, wird – ceteris paribus – vom Multi- plikator abhängen. Wir gehen von einem niedrigen, allerdings über die Zeit ansteigenden Multiplikator für die Verteidigungs- ausgaben aus. Die Ausgaben für Infrastruktur sollten hingegen mit einem Multiplikator nahe eins einen direkteren Konjunk- turimpuls bewirken. In beiden Fällen erwarten wir die größten Effekte im Jahr 2026. Der Einfluss auf unsere Kapitalmarktstrategie ist signifikant. Der Anstieg des strukturellen Defizits wird zu einem Anstieg des neutralen Zinses im Euroraum führen und – konservativ ge- schätzt und isoliert betrachtet – die Rendite langlaufender deut- scher Staatsanleihen um 50 Basispunkte erhöhen. Der Euro soll- te davon profitieren. Am aktuellen Rand sind die globale Wirtschaft und der Kapital- markt signifikanten Unsicherheiten aufgrund der Politik der neuen US-Regierung ausgesetzt. Aktives Management, das die kurzfristigen Einflussfaktoren korrekt einordnet, aber gleich- zeitig die längerfristigen Auswirkungen stets im Blick hat, ist daher wichtiger denn je. Das aktuelle Marktumfeld bietet viel- zählige Opportunitäten. Michael Muck, Leiter Zins- und Währungs- strategie bei MEAG, dem Asset Manager der Munich Re Als Norddeutschlands größter Asset Manager mit einem verwalteten Vermögen in Höhe von knapp 45 Milliareden Euro verfügen wir über eine breite Expertise an den Kapitalmärk- ten und machen uns natürlich bereits seit Längerem Gedanken über die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Hier müssen wir leider feststellen, dass Deutschland international in den letzten Jahren immer mehr den Anschluss verloren hat. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir das beschlossene Fiskalpaket für Deutschland. Dabei erscheint auch die Öffnung der Schulden- bremse für mehr Verteidigungsausgaben aus sicherheitspoli- tischen Gründen unabdingbar. Notwendige Mehrausgaben für Brücken, Straßen, Schienen und Schulen dürften sich positiv auf die Konjunktur auswirken, wenngleich die Wirkung einen länge- ren Horizont hat und im Ausmaß von einer gleichzeitigen Ver- besserung der strukturellen Rahmenbedingungen (z. B. Büro- kratieabbau, beschleunigte Umsetzung beschlossener Maßnah- men) abhängt. Die Kehrseite dieses fiskalpolitischen „What ever it takes“ ist eine in den kommenden Jahren ansteigende Staats- verschuldung. Hier haben wir unmittelbar in erster Reaktion auf den Beschluss einen deutlichen Anstieg der Renditen für Bun- desanleihen gesehen. Aufgrund des perspektivischen Finanzie- rungsbedarfs ist dies schlüssig, und wir werden hier die weitere Entwicklung im Rahmen unserer Durationssteuerung beobach- ten, analysieren und gegebenenfalls daraus auch Allokations- entscheidungen ableiten. Dies gilt ebenso für die Steuerung der Aktienquote und auch hinsichtlich des Aspekts, welche Regio- nen favorisiert werden. Aber das kann nicht singulär erfolgen, da weitere Einflussfaktoren wie ganz aktuell die US-amerika- nische Zollpolitik oder auch Chinas Wirtschaftspolitik berücksichtigt werden müssen. Andreas Dimopoulos, Leitung Fonds- und Portfoliomanagement Renten, Signal Iduna Asset Management Bekanntlich haben politische Börsen kurze Beine, aber unabhängig davon sollte die Anlagenpolitik einer Stiftung ohnehin immer langfristig ausgerichtet sein. Daher gilt auch: Volatilität ist Volatilität und kein Risiko. Natürlich werden vom Infrastrukturprogramm und den Investitionen in Wehrtechnik bestimmte Branchen besonders profitieren, aber entsprechende Umsatz- und Gewinnentwicklungen sind bereits (siehe Rhein- metall) im Markt eingepreist. Insgesamt werden allerdings die investiven Mittel, sofern sie sinnvoll eingesetzt werden, eine positive konjunkturelle Entwicklung auslösen, sowohl für Deutschland als auch für Europa insgesamt. Da auch ein Donald Trump weiß, dass dauernde Unsicherheit Gift für die Märkte ist, wird sich die Diskussion um zusätzliche Zölle beruhigen. Wichtig ist, dass für eine positive konjunkturelle Entwicklung neben den investiven Mitteln auch der Zugang zu den Rohstoff- märkten gewährleistet bleibt, womit China eine entscheidende Rolle zukommt. Da ich davon ausgehe, dass auch die Chinesen kein Interesse an einem dauerhaften Konflikt haben, ist mit einer Marktberuhigung im zweiten Halbjahr zu rechnen. Insge- samt wäre mein Fazit, von einer mittelfristig wieder positiven Entwicklung auszugehen und die aktuellen Schwankungen am Markt insbesondere bei größeren Rücksetzern für Käufe im Aktienbereich zu nutzen. Was die zukünftige Erreichung von positiven Realrenditen am Anleihenmarkt angeht, bin ich zurzeit eher skeptisch und neige daher in diesem Bereich zur Zurückhaltung. Karsten Behr, Geschäftsführer der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung, Hannover N o . 2/2025 | institutional-money.com 37 Institutional Money Meinungsradar | THEORIE & PRAXIS FOTO: © CHRISTOPH HEMMERICH I WS, MEAG, SIGNAL IDUNA, BINGO » « » « » « » «
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