Institutional Money, Ausgabe 2 | 2025

der Regulatoren und der Politik agieren“, sieht Rama die Ver- sicherungsbranche hier nicht in der Verantwortung. Ohne- hin habe sie in Bezug auf die Altersversorgung womöglich einen Schweizer Bias. „Ich glaube, die Menschen müssen zunehmend auch selber die Verantwortung übernehmen. Sich allein auf den Staat zu verlassen, geht sicher nicht mehr!“Sie weiß allerdings, dass dies speziell für Politiker ein schwer zu lösender Kon ikt ist: „Auf der einen Seite haben die Älteren einen hohen Anteil der Wählerstimmen. Auf der anderen Seite wächst die junge Generation heran, die ja auch wählen darf, und man muss ihr gute Perspektiven geben“, so Rama. „Belastet man sie zu stark mit Abgaben, arbeiten sie womöglich überwiegend nur noch in Teilzeit oder tragen sich gar mit Auswanderungsgedanken“, gibt Rama zu bedenken. „Hier muss der Staat handeln, um auch den Jungen gute Zukunftsaussichten zu geben. Am Schluss braucht es immer Menschen, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.“ Regionale Vernetzung und Friendshoring Auf die Frage, ob die Entwicklung künftig eher Richtung Globalisierung oder Richtung Deglobalisierung gehe, ant- wortet sie: „Ich glaube, den Höchstwert der Globalisierung haben wir hinter uns.Womöglich gehen wir eher Richtung regionale Vernetzung. Das Thema Friendshoring kommt wieder auf. Ich kann mir vorstellen, dass die Verbindungen innerhalb Europas stärker werden und dass sich auch China stärker mit anderen Ländern in Asien vernetzt.“ Europas Handelsströme seien allerdings weltweit so stark integriert, dass eine völlige Unabhängigkeit Europas illusorisch sei. „Insbesondere die Energieversorgung ist ein großer Punkt. In bestimmten wichtigen Sektoren wie Verteidigung und Infrastruktur kann ich mir allerdings vorstellen, dass wir deutlich mehr Unabhängigkeit anstreben und auch errei- chen werden“, meint Rama. Schon während der Pandemie sei die Anfälligkeit der komplexen globalen Lieferketten zutage getreten. „In strate- gisch wichtigen Bereichen, etwa bei der Medikamentenver- sorgung,muss es das Ziel sein, eine gewisse Unabhängigkeit und Resilienz zu erreichen.“ „Europe rst“ möchte sie es nicht nennen, aber vielleicht „A stronger Europe“. „Wir müs- sen die Anfälligkeit für Schocks reduzieren, und wir sollten darauf hinwirken, gegenüber den geopolitischen Verände- rungen gewappnet zu sein.“ Was die Anti-Woke-Kultur der USA betri t, sieht sie diese Tendenz nicht nach Europa kommen. „Bei Baloise sind Diversität und Vielfalt Teil der Kultur, und zwar nicht nur in Bezug auf Gender, sondern auch auf Alter, Hintergrund und so weiter. Eine gelebte Vielfalt anMeinungen und Erfah- rungen ist sehr wertvoll für Unternehmen.“ Bei Baloise lebt man das: Der neunköp ge Baloise-Verwaltungsrat zählt drei Frauen, und das Vorstandsteam von Baloise in Deutschland setzt sich aus fünf Mitgliedern zusammen, davon sind zwei weiblich. Eine Spitzenfrau ist von Baloise zur Finanzaufsicht gewechselt: Julia Wiens, die die Vorstandsressorts Lebensver- sicherung und Finanzen/Kapitalanlagen verantwortete, über- nahm im Januar 2024 die Leitung des Geschäftsbereichs Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht bei der Ba n und folgte damit auf Dr. Frank Grund. ANKE DEMBOWSKI Anstehende Fusion in der Schweiz Baloise und Helvetia schließen sich zur zweitgrößten Versicherungsgruppe der Schweiz zusammen und schaffen einen führenden europäischen Versicherer. Die beiden führenden Schweizer Versicherungsgruppen Baloise Holding AG (Baloise) und Helvetia Holding AG (Helvetia) haben am 22. 4. 2025 bekannt gegeben, dass sie eine Fusion unter Gleichen (Merger of Equals) zur „Helvetia Baloise Holding AG“ (Helvetia Baloise) planen. Das haben die Verwaltungsräte der beiden Unter- nehmen beschlossen. Mit einem kombinierten Geschäftsvolumen von 20 Milliarden Schweizer Franken in acht Ländern und einem globalen Specialty-Geschäft wird Helvetia Baloise zur zweitgrößten Versicherungsgruppe der Schweiz und zu einem der führenden Versicherer in Europa. Für Deutschland ist eine gemeinsame Geschäftseinheit von Helvetia Baloise geplant. 226 N o . 2/2025 | institutional-money.com PORTRÄT | Melanie Rama | Baloise FOTO: © KYLA ZIEMKE » Bei Aktien sind wir neutral und bei Fixed Income ein bisschen unterallokiert. « Melanie Rama, Head of Economic Research bei Baloise in Basel

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