Institutional Money, Ausgabe 2 | 2025
Zinsen noch einmal senken wird. Für die Unternehmen bedeute die Einführung der Zölle, dass sie ihren Fokus stär- ker auf die Resilienz der Lieferketten legen und weniger auf die maximal günstigste Produktionsweise. „Bis dato wurden während des Fertigungsprozesses einzelne Teile fünf- oder sechsmal über die Grenze gefahren. Das geht dann nicht mehr, wenn die Zölle in demUmfang erhoben werden, wie Trump das möchte.“ Auch die Neuausrichtung der Liefer- ketten werde die Produkte verteuern, also die In ation steigen lassen. Credit Spreads sind gestiegen Angesichts von Trumps Außenhandelspolitik und der gege- benen "nanzwirtschaftlichen Bedingungen hält sie US-Trea- suries für Investoren aus Europa nicht mehr für attraktiv. „Das US-Zinsniveau ist mit etwa vier Prozent immer noch etwas höher als das in Europa und de"nitiv als das in der Schweiz; aber angesichts der Kosten für die Währungsab- sicherung lohnen sich US-Treasuries nicht mehr“, "ndet Rama. Ob das amerikanische Staatsde"zit weiter ansteigt, sei aktuell schwer einzuschätzen. „Im Wahlkampf hat Trump gesagt, dass er das De"zit runterfahren möchte. Möglicher- weise will er das De"zit mit seiner Zollpolitik "nanzieren, denn die Zölle stellen ja Staatseinnahmen dar. Auf der ande- ren Seite hat er auch Steuersenkungen versprochen. Ob sich mit den Zöllen beides "nanzieren lässt, ist fraglich“, meint Rama. Opportunitäten sieht sie statt in US-Treasuries eher im High-Yield-Bereich und in europäischen Anleihen. „Die Credit Spreads sind angestiegen. Daher sind die Einstiegs- möglichkeiten ein bisschen attraktiver geworden. Wir sind hier allerdings immer noch vorsichtig, weil wir noch weitere konjunkturelle Risiken am Horizont sehen“, erklärt Rama. Immerhin habe es aufgrund der "skalpolitischen Ausrich- tung in der EU und in Deutschland einen starken Anstieg bei den Renditen für deutsche Bundesanleihen gegeben. Was Equities betri t, sieht sie angesichts der Erhöhung der Verteidigungsausgaben, die EU-weit mindestens 800 Mil- liarden Euro betragen sollen, und der Lockerung der Schul- denbremse in Deutschland viele aussichtsreiche Investitions- möglichkeiten in Europa. Neben der Defence-Branche könnten die Bereiche pro"tieren, die mit der Digitalisierung der Industrieprozesse zu tun haben. „Industrie 4.0 sozusagen. Dazu gehören Sensorik, Halbleiter, vielleicht auch Software, aber auch die Baubranche sowie Bauinfrastruktur“, meint Rama. Einen Schnellschuss erwartet sie hier jedoch nicht. „Das deutsche Infrastrukturprogramm in Höhe von 500 Milliarden Euro verteilt sich ja auf zwölf Jahre.“ Außerdem sei noch zu klären, wie man die benötigten Fachkräfte dafür bereitstellen will. „Hier sehe ich die Politik in der P icht, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, damit die ange- kündigten Vorhaben in die Tat umgesetzt werden können.“ Das ambitionierte europäische Paket in Bezug auf Infrastruk- tur und Rüstungsausgaben gehöre jetzt durch weitreichende Wirtschaftsreformen ankiert, umwirksamwerden zu kön- nen. Es gelte, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu steigern und tatsächlich Bürokratie abzubauen. „Sonst mag das zwar schön klingen, aber hinsichtlich der Implementierung gibt es noch viele Fragezeichen“, ist Rama skeptisch. Zumindest bei Baloise sei vom Bürokratieabbau noch nicht viel zu spüren. „Als relativ großer Versicherer mit 8.000 Mitarbeitenden und einem Geschäftsvolumen von 8,6 Mil- liarden Schweizer Franken 2024 gehören wir nicht zu den kleinen Häusern, für die gewisse Erleichterungen vorgese- hen sind. Für uns gibt es eher zusätzliche Anforderungen, speziell im Reporting-Bereich“, zweifelt Rama, ob die Sache mit dem Bürokratieabbau in Europa klappen wird. Mit einem Abebben der Regularien ut in der EU ist derzeit kaum zu rechnen. So soll 2027 etwa ein neues EU- Vermögensregister eingeführt werden, das zentral bei der EU-Behörde AMLA in Frankfurt geführt wird. Die Umset- zung werde aus Sicht von Baloise allerdings noch Zeit in Anspruch nehmen, und viele Details seien noch unklar. Viele der geplanten Regelungen bestätigten aber nur in 222 N o . 2/2025 | institutional-money.com PORTRÄT | Melanie Rama | Baloise FOTO: © KYLA ZIEMKE » Angesichts der Kosten für die Währungsabsicherung lohnen sich US-Treasuries nicht mehr. « Melanie Rama, Head of Economic Research bei Baloise in Basel
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