Institutional Money, Ausgabe 2 | 2025

US-Dollars vom Goldstandard, die Ölkrise infolge des Jom- Kippur-Krieges und das daraus resultierende In ations- regime. Doch diese Narrative greifen zu kurz. Tatsächlich begann das Jahrzehnt mit einem massiven Gold-Bullenmarkt nach der Aufhebung der Goldbindung. Aber gleichzeitig kam es in ganz unterschiedlichen Rohsto-- märkten zu spektakulären Preissprüngen – teils völlig unab- hängig voneinander. Ein Beispiel: 1972 führte eine katastro- phale Getreideernte in der Sowjetunion zu einer weltweiten Panik – alternative Futtermittel wurden eberhaft gesucht. Dieses Ereignis allein verschob die globalen Agrarströme erheblich – mit weitreichenden Folgen für Preise, Verfügbar- keit und Politik.Noch verschärft wurde die Situation damals durch ein extremes Wetterereignis vor der Küste Chiles, das einen Großteil der weltweiten Anchovisbestände vernichtete. Damit blieb als einzig verfügbare Quelle für Tierfutter die US-Sojabohne – deren Preis daraufhin auf über 250 Prozent explodierte. In der Folge stiegen viele US-Farmer von Baum- wolle auf den Sojaanbau um. Was war die Konsequenz im folgenden Jahr? Ein Engpass bei Baumwolle. Weitere Lektionen Ein weiteres, oft vergessenes Ereignis der 1970er-Jahre war der zyklische Aufschwung bei Rohsto-en in Europa, Japan und den USA im Jahr 1973. Er wurde ausgelöst durch die Aufhebung staatlicher Preisregulierungen für wichtige Roh- sto-e – was eine massive Aufwärtsbewegung bei Industrie- metallen nach sich zog. Anschließend folgte dann der Öl- preisschock, den wir alle kennen: das OPEC-Embargo infol- ge des Jom-Kippur-Krieges. Doch ironischerweise war das nicht einmal die größte Preisbewegung des Jahrzehnts. In Brasilien el während des dortigen Winters Schnee – mit dem Ergebnis, dass große Teile der weltweiten Ka-eeernte zerstört wurden. Die Folge: Die Preise für Ka-ee – und übrigens auch für Orangensaft – schnellten um mehrere hundert Prozent nach oben. Praxistaugliche Strategie Was lässt sich daraus ableiten? Rohsto--Haussephasen ver- laufen selten linear oder sektorübergreifend synchron. Viel- mehr sind sie durch eine fortlaufende Rotation geprägt – ein ständiger Übergang von einem Sektor zum nächsten. Genau dieses Phänomen lässt sich auch in den 2020er-Jah- ren bereits erkennen. Ein weiterer interessanter Aspekt, der die Stärke der Diversi kation eindrücklich belegt, zeigt sich in der langfristigen Historie eines repräsentativen Rohsto-- korbs. Verfolgt man die historischen Daten bis ins Jahr 1969 zurück, fällt auf: Es gibt enorme Abweichungen zwischen den besten und schlechtesten Performern. ImDurchschnitt erzielte ein einzelner Rohsto- über diesen Zeitraum eine jährliche Rendite von knapp sechs Prozent. An dieser Stelle setzt Cotton seinen Kunstgri-: „Denn was passiert, wenn man genau diese Rohsto-e in einem breit gestreuten, gleichgewichteten Portfolio zusammenführt und dieses monatlich neu austariert? Dann steigt die durch- schnittliche Rendite auf 9,4 Prozent pro Jahr. Sobald man zusätzlich sektorale Gewichtungsgrenzen einzieht, um die Diversi kation weiter zu erhöhen, liegt die Performance so- gar bei jenseits der zehn Prozent jährlich über den gesamten Zeitraum hinweg. Diese zusätzlichen Erträge stammen im Wesentlichen aus dem Rebalancing zwischen verschiedenen Rohsto-sektoren – indem Preisspitzen gezielt mitgenom- men und die erzielten Gewinne systematisch in andere Rohsto-e umgeschichtet werden“, erklärt der Portfoliomana- ger einen Teil seines Ansatzes. HANS WEITMAYR Exakte Auswahl als Schlüssel zum Erfolg Nur eine geringe Anzahl von Rohstoffen trägt im jeweiligen Zyklus zur Performance bei. Die Gefahr bei einem relativ gleich gewichteten Rohstoffinvestment geht dahin, dass nur eine Handvoll Rohstoffe in den jeweiligen Markt- umfeldern einen substanziellen Performancebeitrag leistet. Der Rest performt neutral oder zieht das Portfolio sogar nach unten. Umso wich- tiger ist es, die wenigen Gewinner gezielt herauszufiltern. Quelle: Bloomberg, 2024; Bank J. Safra Sarasin Ltd, 2024 Relevante Ertragsbringer ´06 ´07 ´08 ´09 ´10 ´11 ´12 ´13 ´14 ´15 ´16 ´17 ´18 ´19 ´20 ´21 ´22 ´23 ´24 Schiefe 1.5 -0.1 1.3 0.6 0.7 0.3 -0.1 -0.1 0.3 0.2 0.0 0.4 0.7 0.4 -0.6 0.8 1.0 1.4 4.5 146 N o . 2/2025 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Rohstoffe

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