Institutional Money, Ausgabe 2 | 2025
Anomaliesignale ermöglicht. Doch die Autoren können an- hand von vier Modellen zeigen, dass die Signale zumindest ausreichend gut vorhersehbar sind.Darunter sind zwei auto- regressive Ansätze, eine Machine-Learning-Methode sowie ein Martingale-Ansatz. Letzterer geht davon aus, dass der relative Rang des Anomaliesignals einer Aktie in der nächs- ten Periode gleich dem relativen Rang der aktuellen Periode bleibt. Alle vier Modelle deuten darauf hin, dass die meisten un- tersuchten Anomalien in hohem Maße vorhersehbar sind. Selbst der schlechteste Ansatz erzielt eine Genauigkeit von über 60 Prozent. Die Forscher messen dies anhand des F1- Score. Dabei handelt es sich um ein Maß für die Modellge- nauigkeit, das Fehler vom Typ 1 (falsch-positiv) und Typ 2 (falsch-negativ) berücksichtigt. Falsch-positive Signale betref- fen Aktien, deren Aufnahme in das Long-Short-Anomalie- portfolio vorhergesagt wurde, die aber dann nicht enthalten sind. Falsch-negative Signale betre en dagegen Aktien, für die nicht vorhergesagt wurde, dass sie sich im Anomalie- portfolio be nden, die aber dann doch enthalten sind. Hohe Genauigkeit Am besten schneiden das Machine-Learning- und das Mar- tingale-Modell ab. Bei beiden liegt der F1-Score über alle be- trachteten Anomalien und den drei Jahrzehnte umfassen- den Stichprobenzeitraum bei durchschnittlich 72 Prozent. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Machine Learning in der heutigen Form über weite Teile des Untersuchungszeit- raums technisch noch nicht umsetzbar war, das einfache Martingale-Modell dagegen schon. Dessen überraschender Erfolg basiert vor allem darauf, dass die Anomaliesignale sehr beständig sind. Im Durchschnitt geben die meisten Aktien mit hohen und niedrigen Ausprägungen ein Quartal später immer noch die gleichen Signale. Ein Long-Short- Anomalieportfolio, das im dritten Quartal erstellt wurde, ver- Abnehmende Anomalierenditen Entwicklung der mittleren Überrendite von 28 Anomalien (gleichgewichtet) Im zweiten Teil des Untersuchungszeitraums waren die Renditen niedriger und wurden zunehmend in den Wochen nach dem ersten Bekanntwerden der jeweiligen Signalinfor- mationen erzielt. Die senkrechte Markierung bei 80 Handelstagen zeigt die durchschnitt- liche Verzögerung der klassischen Fama-French-Konvention (jährliche Neugewichtung der Portfolios im Juni jedes Jahres). Quelle: Boone, B. / Reed, A. V. / Ringgenberg, M. C. / Thornock, J. R. (2023), Anomaly Time 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240 Handelstage nach erstmaligem Bekanntwerden der Signalinformationen 1990–2019 1990–2019 2005–2019 Kumulative Überrendite in % Traditionelle Anomalieportfolios basieren auf veralteten Rechnungslegungsdaten, was die Ertragschancen beschneidet. Eine aktuelle Analyse zeigt, dass die höchsten Anomalierenditen im ersten Monat nach Veröffentlichung der Daten anfallen, und empfiehlt, Portfolios sofort anzupassen. N o . 2/2025 | institutional-money.com 115 Anomalierenditen | THEORIE & PRAXIS FOTO: © WASAN | STOCK.ADOBE.COM
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