Institutional Money, Ausgabe 2 | 2025
die an US-Aktien- und Anleihenmärkten insgesamt regel- mäßig rebalanciert werden, würden sich die Kosten für insti- tutionelle Anleger jedes Jahr auf 16 Milliarden US-Dollar summieren.Der E ekt ist aber nicht auf die USA beschränkt, sondern zeigt sich auch an internationalen Märkten. Dabei sind selbst die veranschlagten acht Basispunkte als niedrigerer der beiden geschätzten Werte deutlich mehr, als die Gebühren für den eigentlichen Zugang zu Indexanlagen im institutionellen Geschäft betragen. Neugewichtungen dürften also teurer sein als der Marktzugang an sich. Das könnte daran liegen, dass die Mehrheit der institutionellen Anleger mit mechanischen Calendar- oder Threshold-Ansät- zen arbeitet. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass viele zur gleichen Zeit in die gleiche Richtung handeln. Zudem nimmt dadurch die Vorhersehbarkeit der Transaktionen zu, was an den Kapitalmärkten aufgrund des strategischen Ver- haltens anderer Akteure grundsätzlich problematisch ist. Zwar würden sich die beschriebenen E ekte wohl über- wiegend vermeiden lassen, wenn statt xer Rebalancings exible Ansätze verwendet werden, bei denen die Anpassun- gen aktiv gemanagt oder zeitlich gestreckt werden. Dadurch würde die Vorhersagbarkeit der Kapital üsse erheblich ab- nehmen. Aus Gesprächen der Autoren mit Managern von US-Pensionsfonds ergab sich aber, dass eine dynamische Neugewichtungspolitik aufgrund institutioneller Beschrän- kungen nur schwer umsetzbar ist. Frontrunning-Gefahr Die beschriebenen Größenordnungen werfen die Frage auf, ob andere Marktteilnehmer davon pro tieren könnten, indem sie Frontrunning betreiben. Schließlich handelt es sich weitgehend ummechanische, potenziell vorhersehbare Transaktionen großer Institutionen. Die Autoren konstruie- ren ein ktives Portfolio, das die Rebalancing-Aktivitäten auf Basis der Threshold- und Calendar-Signale vorwegnimmt. Die Strategie beinhaltet je nach Signal entweder Long-Posi- tionen in S&P-500-Futures oder Short-Positionen in zehn- jährigen US-Treasury-Futures. Im Zeitraum von 1997 bis 2023 wäre der Ansatz zumindest auf dem Papier sehr erfolg- reich gewesen (siehe Gra k „Performance der ktiven Front- running-Strategie“) und hätte auch unter Berücksichtigung von Transaktionskosten funktioniert. Die Berechnungen sind nur modellhafter Natur, verdeut- lichen aber, dass Frontrunning durchaus relevant sein könn- te. Auch dazu gab es Gespräche der Forscher mit Managern von Pensionsfonds, denen die Thematik bereits bewusst war. Teils nehmen Institutionen schon heute Neugewichtungen vorweg. Im Idealfall könnte das künftig dazu führen, dass die Verzerrungen mit der Zeit langsam verschwinden. Einen vergleichbaren E ekt gab es einst auch beim ebenfalls auf mechanischen Regeln basierten Indexe ekt („Im Rauschen verschwunden“, Institutional Money 4/2021). Schlussfolgerungen Die stetige Zunahme von Indexanlagen in den letzten 20 Jahren steht im Verdacht, die Elastizität der Nachfrage zu verringern (siehe „Vom Flow getrieben“, Institutional Money 3/2021). Das könnte eine Erklärung dafür sein, dass kleine Verschiebungen der Nachfrage etwa aufgrund von Neu- gewichtungen einen solchen Ein uss auf die Kurse haben. Dabei dürfte der Trend zu regelmäßig rebalancierten Anla- gen in Zukunft noch steigen. In den USA spielen hier vor allem Target Date Funds eine zunehmend große Rolle. Das Ziel sollte also sein, Neugewichtungen so umzu- setzen, dass sie nicht vorhersehbar sind.Dann wäre es durch- aus positiv für die Märkte, wenn mehr Anleger ihre Port- folios regelmäßig rebalancieren und Aktien beziehungswei- se Anleihen nach starken (schwachen) Phasen verkaufen (kaufen). Dieses antizyklische Verhalten könnte als Pu er wirken und dazu beitragen, dass sich die Märkte im Zeit- ablauf stabiler verhalten. DR. MARKO GRÄNITZ Performance der fiktiven Frontrunning-Strategie Es ist durchaus rentabel, Rebalancing-Aktivitäten vorwegzunehmen. Die Grafik zeigt die Performance der Frontrunning-Strategie, skaliert auf die Volatilität des S&P 500, im Vergleich zum Index selbst. In Zeiten erhöhter Volatilität wie der globalen Finanzkrise 2008/09 und der Coronakrise 2020 wurden größere Positionen eingegangen, was überdurchschnittliche Renditebeiträge bedeutete. Quelle: Harvey, C. R. / Mazzoleni, M. G. / Melone, A. (2025), The Unintended Consequences of Rebalancing 2000 2005 2010 2015 2020 100 % - 100 % 0 200 % 300 % 400 % 500 % S&P 500 Frontrunning-Modell Rendite N o . 2/2025 | institutional-money.com 113 Rebalancing Marktauswirkungen | THEORIE & PRAXIS » Pensionsfonds sollten ihre Rebalancings weniger vorhersehbar umsetzen. « Campbell R. Harvey, Professor of Finance, Fuqua School of Business, Duke University & Research Associate NBER Bei Assets under Management von 20 Billionen US-Dollar würden sich die Kosten jedes Jahr auf 16 Milliarden US- Dollar summieren.
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