Institutional Money, Ausgabe 1 | 2025
Welche Überlegungen liegen der Asset Allocation zugrunde? Eberhard Vetter: Wie Sie eingangs schon sagten: Ich bin Theologe. Also versuche ich, die langen Linien zu lesen und uns nicht zu sehr vom täglichen Auf und Ab der Märkte beeindrucken zu lassen.Wir folgen also eher einem strategi- schen Ansatz auf Basis eines sehr langfristigen Kapitalmarkt- modells. Unsere Allokation ist beständig.Wir überprüfen sie imRegelfall jährlich, und bei Bedarf nehmen wir Anpassun- gen vor. Die strategische Komponente unserer Anlagen überwiegt; taktische Entscheidungen stehen eher imHinter- grund. Da bauen wir derzeit etwa Infrastruktur auf, weil das gut zu unserem Stiftungsauftrag passt. Vor dem Hinter- grund staatlich knapper Kassen, dem aktuellen Zustand der Infrastruktur in vielen Ländern und der Notwendigkeit des Umbaus der Wirtschaft zu einer nachhaltigeren Produktion versprechen wir uns hier weitere Investmentchancen. Im Übrigen sorgt der Zinsanstieg dafür, dass auch Staatsanlei- hen wieder imGeld sind.Das bringt zumindest eine schöne Basisverzinsung, gerade auch wenn international investiert werden kann. Entsprechend haben wir seit 2022 wieder einen Eigenbestand aufgebaut, der auch zur Liquiditätssteue- rung genutzt werden kann. Bei den Immobilien hingegen ist es wegen der schnell steigenden Zinsen ungemütlich ge- worden. Allerdings sehen wir auch hier nach drei schwieri- gen Jahren, dass sich der Markt wohl wieder normalisiert. Private Equity halten wir wie gesagt konstant; da committen wir regelmäßig, das hat sich als Erfolgskriterium erwiesen. Und Aktien halten wir weiterhin für attraktiv. Welche Konsequenzen haben sich aus dem Zinsanstieg ergeben? Eberhard Vetter: Sehr deutliche. Schließlich ist der Zins die Basis zur Bewertung aller Assets. ImNullzinsumfeld wurden viele Investoren in illiquide Anlagen gedrängt, weil mit Staatsanleihen nichts mehr zu verdienen war. Die rasch steigenden Zinsen haben dann viele auf dem falschen Fuß erwischt. Es kam zu Abwertungen und größeren Verwerfun- gen, zunächst vor allem bei den Immobilien. Jetzt scheint sich die Lage zu normalisieren. Da können Sie wieder klas- sische Kapitalanlage betreiben. Anleger müssen nicht mehr nur auf illiquide Investments gehen, es gibt wieder einen Zins; wir haben wieder das volle Regal, auch wenn der Zins- schock noch nicht vollständig verdaut sein mag. Wie haben die Marktteilnehmer darauf reagiert? Eberhard Vetter: 2008 gab es kaum Investoren für Private Equity. Im Prinzip nur Aktien und Renten. Die Versicherer hatten vielleicht noch Immobilien im Bestand. Später ka- men dann Infrastrukturinvestments hinzu. Jetzt gibt es deut- lich mehr Auswahlmöglichkeiten. Jeder muss sich fragen: Was zahlt am besten auf meinen Auftrag ein? Wer in illiqui- de Bereiche hineingeht,muss damit auch umgehen können. So gesehen waren die vergangenen zehn Jahre für viele von uns auch eine wichtige Lernerfahrung. Und wie haben Sie darauf reagiert? Eberhard Vetter: Auf der liquiden Seite haben wir unsere Position an Staats- und Unternehmensanleihen wieder ein wenig ausgebaut. Auf der illiquiden Seite können Sie oft gar nicht so rasch reagieren. Nehmen Sie nur mal die Immo- bilien: Was Sie da haben, das halten Sie erst mal, da gilt es gut durch die Neubewertung zu kommen. Und da haben wir auch gelitten.Wobei bei Immobilien Region und Asset- klasse eine große Rolle spielen. In Europa etwa scheinen sich wieder erste Chancen für Büroimmobilien zu ergeben, in Asien sehen wir das noch ausgeprägter. Wie viel macht die Beteiligungsgesellschaft RSBG SE am Stif- tungsvermögen aus? Und welche Anlageziele verfolgen Sie dort? Eberhard Vetter: Das Ziel ist auch hier: Wir wollen Geld ver- dienen. Die RSBG haben wir gegründet, als wir die ersten Schritte mit PE-Investments gemacht haben – gewisser- maßen als sinnvolle Ergänzung. Bei Private Equity sind wir ja immer in der Minderheit, und die Haltezeiten sind mit rund fünf Jahren relativ kurz. Mit der RSBG dagegen stre- ben wir Mehrheitsbeteiligungen in interessanten Segmenten an, die wir langfristig entwickeln. Da haben wir mehr Zeit, als für einen PE-Fonds möglich ist. Es sind alles mittelstän- dische Unternehmen, die in wichtigen Megatrends unter- 62 N o . 1/2025 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Eberhard Vetter | RAG-Stiftung FOTO: © VOLKER WICIOK I RAG-STIFTUNG » Wir rechnen künftig mit jährlichen Kos- ten von rund 300 Millionen Euro. Und die steigen dann weiter an mit der Inflation. « Eberhard Vetter, Leiter Kapitalanlagen bei der RAG-Stiftung
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