Institutional Money, Ausgabe 1 | 2025

Wie meinen Sie das? Robert Merton: Zum einen gibt es wie gesagt Gewinner wie auch Verlierer, im Ende ekt sogar mehr Verlierer als Gewin- ner. Zudem hat mein Wissenschaftskollege Kenneth French schon vor einigen Jahren geschätzt, dass durch die Kosten für die Informationsbescha ung, für die Implementierung entsprechender Modelle und nicht zuletzt die Handelskos- ten Gebühren in Höhe von 67 Basispunkten innerhalb des gesamten Finanzsystems entstehen, die irgendwer tragen muss. Daher ist es ein Negativsummenspiel. Als weiterer Minuspunkt kommt hinzu: Eine solche Strategie, die auf dieses traditionelle Alpha setzt, ist im Ende ekt nicht skalier- bar, man kann sie nicht in unbegrenzter Höhe umsetzen. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich möchte niemandem die Freude am Erzielen von traditionellemAlpha verderben. Für einen institutionellen Investor aber erscheint es mir umso wichtiger, sich mit anderen Alphaquellen vertraut zu machen, die wie gesagt ohne Zweifel amMarkt vorhanden sind. In einem Fall sprechen Sie von etwas, das Sie „Financial-Services- Alpha“ nennen. Worum geht es dabei konkret? Robert Merton: Das bezieht sich auf die Tatsache, dass es eine Vielzahl unterschiedlicher Marktteilnehmer gibt, die durch- aus unterschiedlichen Regulierungsvorschriften unterliegen. Nennen wir es Rigiditäten oder Marktfriktionen, die des- halb zustande kommen, weil der eine Marktteilnehmer ganz anderen Regularien unterworfen ist als ein anderer. Konkret gesagt muss eine Geschäftsbank oder eine Versi- cherung bestimmte Mindestgrößen vorhalten in Bezug auf ihr Eigenkapital, eine Einschränkung, der zum Beispiel ein Hedgefonds nicht unterliegt. Und ein Pensionsfonds wird bestimmte Höchstgrenzen einhalten müssen, was seine In- vestments in Aktien angeht, während eine Stiftung oder ein Staatsfonds in dieser Hinsicht weniger Restriktionen unterliegen. Und diese Rigiditäten oder Friktionen lassen sich zum Vorteil beider Seiten nutzen, wenn die richtigen Partner in seriöser Weise zum richtigen Geschäft zusam- menfinden. Geben Sie uns doch bitte ein konkretes Beispiel. Robert Merton: Nehmen wir ein hypothetisches Beispiel aus demHandel mit Staatsanleihen. Eine Bank weiß sehr wohl, dass sie in unserem Beispiel, sagen wir, 20 Basispunkte mehr an erforderlichen Kapitalkosten aufwenden müsste,wenn sie die Anleihen auf dem Kassamarkt kauft, als wenn sie einen Swap einsetzt, um die gleiche Rendite zu erzielen. Sich für den Swap an eine andere Bank zu wenden, würde jedoch nicht funktionieren. Beide Banken unterliegen den gleichen Vorschriften. Die Swap-Anbieterbank würde die gleichen Kosten von 20 Basispunkten tragen, wenn sie die Anleihen kauft, um ihr Swap-Risiko abzusichern. Eine Bank kann hier einer anderen Bank nicht helfen. Pionier der Bewertung von Optionen Robert C. Merton ist 1944 in New York City geboren und lehrt bereits seit 2010 am Massachusetts Institute of Tech- nology (MIT). Seinen Bachelor of Science erwarb der Öko- nom in Engineering Mathematics an der Columbia Universi- ty, es folgte ein Master of Science am California Institute of Technology und 1970 schließlich seine Promotion in Wirt- schaftswissenschaften am MIT unter der Betreuung von Paul Samuelson. Merton ist vor allem für seine bahnbrechenden Beiträge zur kontinuierlichen Finanzmathematik bekannt, insbesondere für die Entwicklung des Black-Scholes-Merton- Modells zur Bewertung von Optionen. Zusammen mit Myron Scholes erhielt er 1997 den Nobelpreis für Wirtschaftswis- senschaften für diese Arbeit. Ein Tiefpunkt seiner Laufbahn war die Mitgründung von Long-Term Capital Management, ei- nem spekulativen Hedgefonds, der 1998 fast zusammen- 48 N o . 1/2025 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Prof. Robert Merton | MIT Cambridge FOTO: © KATHY TARANTOLA » Es gibt eigentlich immer Gewinner wie auch Verlierer, im Endeffekt sogar mehr Verlierer als Gewinner. « Robert Merton, Professor am MIT in Cambridge

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