Institutional Money, Ausgabe 1 | 2025
Als größte Krankenkasse und einer der großen Pensions- fonds Deutschlands mit Assets in Höhe von insgesamt über elf Milliarden Euro haben wir uns im vergangenen Herbst schon ein paar Wochen und Monate vor dem Wahltag überlegt, ob und wie wir uns darauf einstellen sollen. Angesichts drohen- der Marktschwankungen beschlossen wir, die strategische Asset Allocation aller Anlageentitäten relativ neutral auszurichten und keine starken Über- oder Untergewichtungen vorzunehmen. Derzeit beobachten wir genau die wirtschaftspolitischen Schritte von Trump, insbesondere was Zölle anbelangt, und ana- lysieren, inwieweit sich dies auf unser Portfolio auswirken könn- te. Zuletzt haben wir einige Gewinne in globalen Aktien realisiert und die gewonnene Liquidität zur Erhöhung der Anleihenquote verwendet. Wir profitieren allerdings auch wei- terhin mit unserer strategischen Aktienquote von der seit der Trump-Wahl positiven Aktienmarktentwicklung. Wir erwarten aufgrund Trumps Politik eine höhere Inflation sowie eine weiter stark anwachsende Verschuldung und damit einhergehend höhere Sekundärmarktzinsen in den USA. Ein Überschreiten der Fünf-Prozent-Grenze bei zehnjährigen US-Staatsanleihen ist in diesem Jahr durchaus vorstellbar. Falls die Zinsen deutlich steigen sollten, würden wir das dann attrak- tive Renditeniveau erneut zum Nachkauf im Bereich Fixed In- come nutzen. Für die Amtszeit von Jerome Powell bis 2026 erwarten wir, dass die Fed ihre Unabhängigkeit bewahren kann. Interessant könnte es jedoch werden, wen Trump als Nachfolger von Powell haben möchte. Trump hätte dann die Möglichkeit, einen ihm ge- nehmen Kandidaten zu nominieren und gegebenenfalls die Fed-Unabhängigkeit faktisch enden zu lassen. Melanie Kümmel, Lei- terin Finanzanlagen bei der Techniker Kranken- kasse sowie Vorstands- mitglied des CTAs TK- Treuhand e. V. sowie Vorstandsvorsitzende des TK Pensionsfonds Unsere Stiftung existiert seit 1927, verfügt über einen sehr langen, fast schon ewigen Anlagehorizont und hat schon viele Krisen überstanden. Vor diesem Hintergrund sind politische Herausforderungen wie ein Präsident Trump oder andere Politiker und eine daraus entstehende Volatilität kein Risikofaktor für uns. Wir werden unsere Aktienquote in Höhe von rund 60 Prozent sowie das Exposure von zirka 15 Prozent in hochverzinsten Rentenpapieren wie Emerging Market Debt, High Yield und Subordinated Bonds beibehalten. Wechselnde Meinungen und widersprüchliche Aussagen von Trump oder an- deren Politikern sind für unsere Stiftung keine verlässliche Grundlage für die strategische Ausrichtung oder längerfristige Änderungen des Portfolios. Wir glauben an den Investment- grundsatz „Politische Börsen haben kurze Beine“. Trotzdem beobachten wir alle politischen Entwicklungen genau. Falls politische Entscheidungen auf Länder- oder Branchenebene zu Schwankungen und damit zu Opportunitäten führen sollten, würden dies unsere externen Portfoliomanager auf taktischer Ebene durch Über- oder Untergewichtungen zur Renditegene- rierung nutzen. Unserer Ansicht nach sind größere Zinssen- kungsfantasien in den USA für das laufende Anlagejahr nur bedingt gerechtfertigt. Das hat sein Gutes: Wenn zukünftig auf- grund von Zöllen und allfällig höheren Inflationsraten die Se- kundärmarktzinsen steigen sollten, hätte dies den Vorteil, dass Investoren wie wir Neugelder zu höheren Zinsen anlegen könn- ten und wir von höheren Kupons profitieren würden. Betreffend eine mögliche Beschneidung der Unabhängigkeit der Fed sind wir nur wenig besorgt: Der Rentenmarkt würde die US-Politik als Reaktion zeitnah mit höheren Spreads bestrafen, und die US-Politik müsste wohl einlenken. Stefan Seewald, Geschäftsführer der Oberfrankenstiftung Wir versuchen uns bei unserer strategischen Asset Allo- cation, deren Stressresistenz wir fortlaufend überprüfen, nur wenig vom politischen Geschehen und damit auch von der Wahl von Donald Trump beeinflussen zu lassen. Als liquiditäts- orientierter Investor gewichten wir derzeit im Portfolio Aktien mit rund 40 Prozent und Anleihen mit knapp unter 60 Prozent. Hinzu können im Bedarfsfall Beimischungen wie Private Equity und Private Debt kommen. Trumps erratische Politik wird höchstwahrscheinlich für volatilere Märkte, aber auch für eine stärkere US-Wirtschaft sorgen. Dies könnte über höhere Inflation zu höheren US-Zinsen führen. Vor diesem Hintergrund gewichten wir US-Aktien höher und US-Staatsanleihen niedriger beziehungsweise reduzieren die Duration, da wir erwarten, dass Trump eine steigende Zinsstrukturkurve bewirkt. Bei Corporate Bonds sehen wir aufgrund der Trump’schen Konjunkturankur- belung weiteres Einengungspotenzial bei den Spreads und ge- wichten die Bonitäten „BBB“ über – auch dort mit kurzen Dura- tionen. Die Höhergewichtung von US-Aktien geht zulasten von europäischen Aktien, da hierzulande Bürokratie und hohe Ener- giekosten die Unternehmensgewinne belasten. Angesichts von Trumps unberechenbarer Politik meiden wir derzeit chinesische Aktien. Falls Trumps Politik am Ende des Tages die Märkte stark belastet, würden wir weiterhin investiert bleiben und die Kor- rektur aussitzen. Von Markt-Timing auf strategischer Ebene hal- ten wir wenig. Aber unsere mandatierten Portfoliomanager wür- den auf taktischer Ebene versuchen, die negativen Auswirkun- gen möglichst einzudämmen. Betreffend die Gefährdung einer unabhängigen Zentralbankpolitik seitens Trumps gehen wir da- von aus, dass sich diese Institution von der Politik nicht beeindrucken lässt und weiterhin unabhängig agiert. Dr. Steffen Gehring, Geschäftsführer Haus- halt und Finanzen, Betriebswirtschaft und Recht von Südwestmetall Bei der Verwaltung des rund 2,7 Milliarden Euro schweren Generationenfonds des Landes Niederösterreichs setzen wir im Rahmen unserer langfristigen strategischen Asset Allo- cation global und sehr breit gestreut auf alle große Anlageklas- sen wie Staats- und Unternehmensanleihen, Aktien oder Immo- bilien und lassen uns bei der Anlagepolitik möglichst nicht von politischen Entscheidungen oder Wahlergebnissen beeinflussen. Unsere langfristigen Portfoliogewichtungen hängen von den prognostizierten langfristigen Ertrags- und Risikoerwartungen der wichtigsten Assetklassen ab und nicht von der Wiederwahl Donald Trumps. Die Langfriststrategie wird regelmäßig gemein- sam mit unseren Beratern und unseren Gremien einer Überprü- fung unterzogen und optimiert. Dabei werden Bandbreiten de- finiert, innerhalb dieser sind kurzfristige taktische Abweichun- gen möglich. In der Regel bleiben wir aber meistens in der Mitte dieser definierten Bandbreiten, da kurzfristige Marktentwicklun- gen erfahrungsgemäß vorab schwer prognostizierbar sind. Im Vorfeld der US-Wahl haben wir aber, nachdem eine Wie- derwahl von Trump wahrscheinlicher wurde, im monatlichen Anlageausschuss die taktische Entscheidung getroffen, unser Exposure in den Emerging Markets zu reduzieren beziehungs- weise defensiver auszurichten. Auf allfällige „Event“-Risiken reagieren wir in der Regel mit einem systematischen Risiko- overlayansatz sehr schnell. Ein Beispiel dafür war der Ausbruch von Corona oder des Ukrainekrieges. Eine Abschaffung der Unabhängigkeit der Fed sehen wir derzeit nicht, wir verlassen uns darauf, dass in den USA die „Checks and Balances“ auch in Zukunft funktionieren. Im ge- genteiligen Fall wäre dies natürlich ein Diskussionsthema in unserem Anlageausschuss. Mag. Johannes Kern, Geschäftsführer der FIBEG N o . 1/2025 | institutional-money.com 29 Institutional Money Meinungsradar | THEORIE & PRAXIS FOTO: © TK, OBERFRANKENSTIFTUNG, FRANK EPPLER, FIBEG » « » « » « » «
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