Institutional Money, Ausgabe 1 | 2025
ESMA; hinzu kommen Vertreter der Europäischen Kom- mission und der EZB sowie der Vorsitzende des Industrie- ausschusses. Der Industrieausschuss wird von Giovanni Sabatini, dem Vorsitzenden des Exekutivausschusses der European Banking Federation (EBF), geleitet. Die techni- schen Arbeitsgruppen konzentrieren sich auf die operativen, technologischen und regulatorischen Herausforderungen, die mit dem Übergang verbunden sind. Aber warum gibt es in Europa ein solches Großaufgebot an Experten zu diesem Thema? „In den USA ist die Umstel- lung von T+2 auf T+1 relativ gut gelaufen. Kein Wunder, hat das Land doch ein einheitliches Rechtssystem und eine einheitliche Marktinfrastruktur“, sagt Mathias Heiß, Chief Executive O cer, Universal Investment. Er fährt fort: „Das Problem ist: Die EU ist nicht die USA. Hier gibt es weder einen einheitlichen Wertpapierrechtsrahmen noch eine komplett einheitliche Marktinfrastruktur, die alle Länder integriert. Im Gegenteil, alles ist deutlich komplexer, und es werden daher deutlich höhere Investitionen benötigt, um die Umstellung von T+2 auf T+1 zu bewältigen.“ Das wirft einige Fragen auf: Rechtfertigt der hohe Auf- wand die möglichen Vorteile? Und vor allem: Wer trägt die Kosten, und wer genießt die Vorteile? „Hier liegen noch längst nicht alle Antworten auf dem Tisch“, meint Heiß. Valutarische Überziehungen Bis dato gilt in Europa überwiegend T+2, das heißt, es dauert im Regelfall zwei Tage, bis das Geld aus einemWertpapier- verkauf beim Verkäufer valutarisch gutgeschrieben ist. „Ich glaube, T+2 haben wir seit den 1980er-Jahren“, erinnert sich ein Mitarbeiter aus dem Bereich Investment Services, der schon länger dabei ist. „Eigentlich ist T+2 nicht wirklich ein Problem. Was wir brauchen, ist eine Harmonisierung der valutarischen Gutschrift bei den einzelnen Produkten und auch regional.“ Das dürfte der Grund sein, warum so viele Länder bei der neuen Abwicklungsgeschwindigkeit mitma- chen. Stimmt nämlich das „Alignment“ nicht, kann folgen- de Situation eintreten: Ein Investor verkauft ein Wertpapier und kauft aus dem Verkaufserlös ein anderes. Bei fehlen- dem Alignment kann es zu einer vorübergehenden Unter- deckung kommen, wenn die Gutschrift aus dem verkauften Papier mit T+2 erfolgt und das gekaufte Papier mit T+1 ab- gerechnet wird. Banken mögen diese Situation als Geschäftsmodell zum Generieren von Zinseinnahmen betrachten, aber Investoren müssen für die Zeit der Unterdeckung Zinsen zahlen oder entsprechend Cash vorhalten – beides ist nicht e zient. Alternativ kann ein dezidiertes Liquiditätsmanagement be- trieben werden, was Aufwand bedeutet. Wustl resümiert: „Die Einführung von T+1 bringt sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich. Während Risikoreduktion und schnellere Kapitalverfügbarkeit als positive E ekte zu nennen sind, bleibt der erhöhte adminis- trative Aufwand insbesondere im regulatorischen Bereich ein kritischer Faktor. Außerdem können Strafgebühren im Rahmen der Central Securities Depository Regulation Während es im Hochfrequenzhandel um Mikrosekunden geht, dauert die Abwicklung von Wertpapierhandelsgeschäften in Europa immer noch zwei Tage. 2027 soll diese Frist auf einen Tag verkürzt werden, was von Marktteilnehmern mit Spannung erwartet wird, da man sich Auswirkungen auf Liquidität, Risiko und Marktdynamik erhofft. N o . 1/2025 | institutional-money.com 261 Fondsabrechnung | STEUER & RECHT FOTO: © BTIGER | STOCK.ADOBE.COM Der Schritt der Amerikaner erhöh- te nicht nur das Tempo, sondern auch den Druck auf andere Länder, nachzuziehen.
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