Institutional Money, Ausgabe 1 | 2025
M an hat sich schon länger gefragt, warum im digitalen Zeitalter das Settlement von Wertpa- piertransaktionen noch Tage dauert und nicht Sekunden. Schließlich ist es nicht mehr nötig, Wertpapiere physisch mit einer Postkutsche von der Lagerstelle des Ver- käufers zur Lagerstelle des Käufers zu transportieren. Aber nichts scheint so stabil zu sein wie althergebrachte Bank- und Börsenusancen, und so war es ein erheblicher Kraftakt, als die USA im Jahr 2024 durchgesetzt haben, dass die Settle- ment-Geschwindigkeit bei Transaktionen von US-Wertpa- pieren von T+2 auf T+1 erhöht wurde.Der Kraftakt ist noch nicht abgeschlossen: Weil die Wertpapiermärkte vernetzt sind, kam damit weltweit Bewegung ins Wertpapier-Settlement. Weltweiter Beschleunigungstrend Bemerkbar macht sich die Beschleunigung im Wertpapier- Settlement bei verschiedenen Marktteilnehmern: „Die größ- ten Veränderungen kommen dabei sicherlich auf die Ver- wahrstellen zu, die ihre Prozesse anpassen müssen. Für die Investoren bedeutet ein kürzerer Settlement-Zyklus eine Ri- sikoreduktion, da das Kontrahentenrisiko durch die kürzere Abwicklungsphase verringert wird, und auch eine raschere Verfügbarkeit von Wertpapieren nach dem Handel bezie- hungsweise eine geringere Bereitstellung von Sicherheiten und Margin-Anforderungen“, sagt Tamara Di Nanni. Sie ist Senior Consultant bei Faros Consulting in Frankfurt und leitete die jüngste Verwahrstellen-Studie, die Faros regelmä- ßig durchführt. Sie ergänzt: „Die Verkürzung des Settlement- Zyklus ist eine logische Schlussfolgerung von technischem Fortschritt und e zienteren Abwicklungssystemen, und ich bin überzeugt, dass weitere Märkte nachziehen werden.“Das ist nun der Fall. „Primär angestoßen wurde die Verkürzung der Abwicklungszeit von T+2 auf T+1 durch regulatorische Entscheidungen in den USA. Die US-Behörden hatten das Ziel, die E zienz der Kapitalmärkte zu verbessern und das Gegenparteirisiko zu reduzieren“, sagt Kurt Wustl, Head of Operations & Portfolio Administration bei der MEAG. Aufgrund der engen Marktver echtung zogen andere Länder auf dem amerikanischen Kontinent nach, sodass sich in der Folge auch Mexiko, Kanada und Argentinien dieser Initiative anschlossen. „Diese Umstellung hat weitreichende Auswirkungen auf Liquidität, Risiko und Marktdynamik“, erklärt Wustl. Weil das so ist, zieht nun auch Europa nach: „Die ESMA hat zusammen mit der Schweiz und dem Ver- einigten Königreich angekündigt, den Schritt zu T+1 zu ge- hen. Die EU-Kommission schlägt als Umstellungsdatum den 11. Oktober 2027 vor und folgt damit der ESMA-Emp- fehlung“, so Wustl. Damit werden voraussichtlich England, die Schweiz und die EU zeitgleich auf T+1 umstellen. Der deutsche Fondsverband BVI setzt sich für eine zügige Umstellung der Abwicklungsfrist auf T+1 in der EU ein, um die EU-Kapitalmärkte an die USA anzugleichen und damit die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Eine Einführung von T+0 lehnt der BVI hingegen ab: „Fondsgesellschaften müs- sen in einer komplexen und fragmentierten Abwicklungs- landschaft in der EU mit zahlreichen Marktteilnehmern Wertpapiere abwickeln. Eine Umstellung auf T+0 würde un- ter anderem eine grundlegende Umgestaltung der vor- und nachbörslichen Prozesse erfordern“, sagt ein BVI-Sprecher. Europäischer Koordinierungs-Kraftakt Um die Migration auf T+1 in der EU zu koordinieren, wur- de eine groß angelegte Governance-Struktur aufgebaut, be- stehend aus einem Koordinierungs- und einem Industrie- ausschuss sowie verschiedenen technischen Arbeitsgruppen. Den Vorsitz des Koordinierungsausschusses übernimmt die Viele Jahre lang galt beim Wertpapier-Settlement überwiegend T+2, aber im Mai 2024 haben die USA und Kanada auf T+1 umgestellt. Europa wird dem Trend zu einer höheren Abwicklungsgeschwindigkeit folgen. Umstellungsdatum soll der 11. Oktober 2027 sein. Ist schneller besser ? 260 N o . 1/2025 | institutional-money.com STEUER & RECHT | Fondsabrechnung FOTO: © HAUCK AUFHÄUSER | LAMPE » Die Einführung schnellerer Settlement- Prozesse erfordert teils erhebliche Investi- tionen in die Abwicklungssysteme. « Sebastian Marquenie, Head Securities Operations bei Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=