Institutional Money, Ausgabe 1 | 2025
in Washington am 28. Februar und dem historischen EU- Beschluss, 800 Milliarden Euro in die Rüstung der Union investieren zu wollen, erstellt wurde. „Mit der geopolitischen Neubewertung geht jedenfalls eine veränderte Haltung der Investoren einher. Regierungen stocken ihre Verteidigungsbudgets massiv auf, was Unter- nehmen der Branche neue Wachstumschancen erö net. Rheinmetall, Hensoldt und andere pro tieren von einer starken Auftragslage – und das spiegelt sich in steigenden Aktienkursen wider. Gestiegene Aktienkurse re ektieren die erhöhte Nachfrage nach Rüstungsgütern“, schreibt LBBW- Researcher Stefan Maichl. Während Rüstungsaktien früher in ESG-Portfolios gemieden wurden, zeigt sich nun ein dif- ferenzierteres Bild: Nationale Sicherheit wird zunehmend als nachhaltiger Bestandteil gesellschaftlicher Stabilität betrachtet. Auch außerhalb der klassischen Verteidigungsunterneh- men lockt das Sektorwachstum. Lufthansa baut sein militä- risches Wartungsgeschäft aus, Deutz prüft den Markteintritt – mit spürbaren Kursreaktionen.Gleichzeitig entstehen neue Defence-Tech-Start-ups, die mit KI und Automatisierung die Leistungsfähigkeit moderner Armeen steigern. Die Folge: ein erweiterter Investitionskorridor, der zunehmend auch Private-Equity- und Themenfonds anzieht. ETF-Strategien Spannend ist in diesem Zusammenhang auch eine Ein- schätzung von HANetf beziehungsweise dessen Head of Research, Tom Bailey. Dieser meint ebenfalls, dass der Ukrainekrieg eine Neubewertung des Rüstungsthemas er- zwungen hat: „Sicherheitspolitik und nachhaltiges Investie- ren müssen sich nicht zwangsläu g ausschließen.Während europäische Verteidigungswerte früher systematisch aus ESG-Portfolios ausgeschlossen wurden, beginnt ein Umden- ken.“ So investiert PensionDanmark inzwischen in Patrouil- lenschi e der dänischen Marine. Traditionelle ESG-Filter bewerten Unternehmen nach ökologischen und sozialen Kriterien sowie nach guter Unternehmensführung. Bislang galten Rüstungsunternehmen als Ausschlusskriterien in vielen Nachhaltigkeitsfonds – ähnlich wie Tabak oder Kohle. Plötzlich ESG-konform? „Doch der Krieg in Europa hat die Perspektive verändert: Die britische Investment Association stellte jüngst gemein- sammit demUK Treasury klar, dass Verteidigungsaktien mit ESG-Grundsätzen vereinbar sind. In der Praxis bedeutet das, dass nationale Sicherheit als nachhaltiger Wert anerkannt wird“, so Bailey. Die Europäische Union unterstreicht diese Entwicklung laut dem HANetf-Manager mit ihrer neuen European Defense Industrial Strategy, die den Wiederaufbau der europäischen Verteidigungsindustrie und ihrer Liefer- ketten in den Fokus rückt. Auch auf den Kapitalmärkten zeigt sich der Wandel: Verteidigungs-ETFs erleben verstärktes Interesse. „HANetf hat auf diese Entwicklung reagiert und mit dem Future of Defence UCITS ETF (NATO) einen innovativen Ansatz gewählt. Der ETF setzt nicht nur auf klassische ESG-Screens, die Unternehmen mit Verstößen gegen UNGC- oder OECD-Richtlinien ausschließen, sondern nutzt zusätzlich ein geopolitisches Filterkriterium: den NATO+ Screen. Dieser stellt sicher, dass nur Unterneh- men aus NATO- oder befreundeten Staaten berücksichtigt werden. Ziel ist es, das Risiko zu minimieren, in Unterneh- men zu investieren, die möglicherweise Wa en an geo- politische Rivalen liefern könnten. „ESG ist letztlich Risiko- management“, so Bailey. Und weiter: „Ein traditionelles ESG-Screening berücksichtigt nicht die größte nicht- nanzielle Variable im Verteidigungsbereich: geopolitische Risiken.“ Deutsches Zögern Angesichts all dieser Fakten verwundert auf den ersten Blick eine Meldung des Nachrichtendienstes Citywire, wonach aktive deutsche Fonds nur 1,1 Milliarden Euro in die deut- sche Rüstungsindustrie investiert haben – umgerechnet gerade einmal 0,04 Prozent des gesamten aktiven von deut- schen Fondsmanagern verwalteten Vermögens. Warum die realen Zahlen wahrscheinlich noch den Stim- mungs- und Umfrageindikatoren hinterherhinken, darüber gibt das Interview mit Tommy Piemonte auf der nächsten Seite Aufschluss. Der Head of Sustainable Research bei der Bank für Kirche und Caritas steht für die Investorenseite des Marktes und zeigt sich bezüglich der Verknüpfung von Rüs- tung und ESG beziehungsweise Nachhaltigkeit und Ethik – gelinde gesagt – skeptisch. HANS WEITMAYR Passive Investmentstrategien Große Player und Nischenanbieter offerieren passive Rüstungsstrategien. ETF 2025* 2024 iShares Global Aerospace & Defence UCITS ETF USD (Acc) +7,60 % – HANetf Future of Defence UCITS ETF +7,50 % +40,79 % Global X Defence Tech UCITS ETF USD Accumulating +6,11 % – Invesco Defence Innovation UCITS ETF Acc +5,66 % – VanEck Defense UCITS ETF A +5,46 % +52,70 % Investments in die Rüstungsindustrie haben für viele einen fahlen Beigeschmack. Nichtsdestotrotz haben die Märkte auf die neue geo- und sicherheitspolitischen Aspek- te reagiert. Dem haben auch die ersten Anbieter von ETFs Rechnung getragen und ent- sprechende passive Produkte auf den Markt gebracht. Diese haben auch dem Umfeld entsprechend performt. Quelle: justetf.com | *per Ende Januar 2025 220 N o . 1/2025 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Rüstung » Die britische Investment Association stellte jüngst gemeinsam mit dem UK Treasury klar, dass Verteidigungsaktien mit ESG-Grundsätzen vereinbar sind. « Tom Bailey, Head of Research, HANetf
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