Institutional Money, Ausgabe 1 | 2025

L ange Zeit galt die Rüstungsbranche in Europa als ein ethisch schwieriges Investmentfeld. Im Fall von Deutschland von einem „Tabu“ zu sprechen, erscheint – wenn überhaupt – nur marginal zugespitzt. Doch seit dem Beginn des Ukrainekrieges hat sich das gesellschaftliche und wirtschaftliche Bild der Verteidigungs- industrie fundamental gewandelt. Der Diskurs hat sich von moralischer Skepsis hin zu einer pragmatischen Neubewertung entwickelt – und das spiegelt sich auch an den Kapitalmärkten wider. „Der Ukrainekrieg hat eine tiefgreifende Veränderung in der gesellschaftlichen Wahrnehmung der Rüstungsindustrie bewirkt“, heißt es im „Corporate Blickpunkt“, den die Researchabteilung von LBBW Ende des vorigen Jahres publiziert hat. Großflächiges Umdenken Die geopolitische Zeitenwende hat das Sicherheitsbewusst- sein der Bevölkerung geschärft. Die einstige Zurückhaltung gegenüber militärischen Investitionen weicht zunehmend der Erkenntnis, dass eine gesicherte Verteidigungsfähigkeit essenziell für Frieden und Stabilität ist. Politiker und Medien haben die Debatte um Verteidigungsausgaben intensiviert – mit sichtbaren Konsequenzen: Wo einst Virologen domi- nierten, erklären nun Verteidigungsexperten in Talkshows die Notwendigkeit robuster Streitkräfte. Ein Blick auf die Entwicklung der ö entlichen Meinung unterstreicht diesen Wandel (siehe Chartbild „Stimmungs- Sind Investments in Rüstung plötzlich wieder akzeptabel? Diese Frage stellt sich angesichts der geopolitischen Lage und der massiven Kursgewinne einzelner Rüstungsaktien. Der Versuch einer Einordnung. Das heikelstmögliche Thema Stimmungsumschwung zum deutschen Verteidigungsbudget Die Grenzübertritte der russischen Armee sorgten beide Male für eine größere Bereitschaft, den Verteidigungsetat zu erhöhen. Im Jahr 2013 waren nur 19 Prozent der Deutschen dafür, das Verteidigungsbudget der Bundesrepublik zu erhöhen. Mit der Annexion der Krim durch Russland sprang der Anteil der Befürworter zunächst auf 31, dann auf 32 Prozent. Die Invasion im Jahr 2022 ließ den Anteil der Befürworter noch einmal nach oben schnellen. Die Furcht vor einem großflächigen Rückzug der USA von der globalen Bühne dürfte zu einem weiteren Schub geführt haben. Quelle: LBBW Research, Statista, ZMSBw 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 2023 2022 2021 2020 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 2012 Ausgaben sollten stark bzw. eher erhöht werden Ausgaben sollten gleich bleiben Ausgaben sollten stark bzw. eher verringert werden Weiß nicht / keine Angaben 21 % 19 % 32 % 51 % 50 % 47 % 51 % 45 % 42 % 41 % 59 % 57 % 53 % 53 % 46 % 31 % 34 % 37 % 36 % 38 % 40 % 40 % 29 % 31 % 19 % 18 % 12 % 13 % 10 % 9 % 8 % 12 % 12 % 13 % 6 % 8 % 8 % 10 % 10 % 5 % 6 % 7 % 5 % 5 % 7 % 6 % 6 % 4 % 218 N o . 1/2025 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Rüstung » Der Ukrainekrieg hat eine tiefgreifende Veränderung in der gesellschaftlichen Wahrnehmung der Rüstungsindustrie bewirkt. Gestiegene Aktienkurse reflektieren das. « Stefan Maichl, LBBW Research

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=