Institutional Money, Ausgabe 1 | 2025

M an könnte meinen, Window Dressing sei ein alter Hut. Der Begri stammt ursprünglich aus dem Einzelhandel. Dort wurde immer wieder die Dekoration in den Schaufenstern aufgehübscht, um neue Kunden anzulocken oder bestehende zu halten. In der Fi- nanzindustrie spricht man analog dazu von Window Dres- sing, wenn Fondsmanager versuchen, mit ihren Portfolios nach außen hin einen besseren Eindruck zu vermitteln. Klas- sisch werden dabei besonders gut (schlecht) gelaufene Aktien vor Jahresende gekauft (verkauft), um die dann gemeldeten Fondsbestände zum Berichtstermin so aussehen zu lassen, als wäre man die ganze Zeit korrekt positioniert gewesen. Das Vorgehen ist in der Literatur schon lange belegt. Im Detail gibt es auch abweichende Varianten. Zum Beispiel könnten die Manager vor einem Stichtag bewusst Aktien kaufen, die dem nach außen kommunizierten Anlagestil oder der Strategie des Fonds entsprechen. So ließe sich ver- meiden, dass Anleger von zwischenzeitlichen Abweichun- gen erfahren. Genau in diese Kerbe schlägt das Paper „Green Window Dressing“ von Gianpaolo Parise (Tilburg University & CEPR) und Mirco Rubin (EDHEC). Wie der Titel schon sagt, geht es dabei um das Thema ESG. Möglicher Zielkonflikt Nachhaltiges Investieren stellt ein inhärentes Spannungs- verhältnis dar, da Fondsmanager sowohl attraktive Renditen erzielen als auch ein weiteres Mandat einhalten müssen, das ihre Möglichkeiten einschränkt. Theoretisch betrachtet ist das Einbeziehen von Umwelt-, Sozial- und Governance-Fak- toren also nicht optimal. In bestimmten Fällen kann es sogar einen Zielkon ikt darstellen. Die Studie untersucht deshalb, ob Fondsmanager das Ganze abmildern, indem sie ESG-Aktien rund um die quartalsweisen Verö entlichungs- termine strategisch kaufen und verkaufen. Mit anderen Worten, ob ESG-Fonds nachhaltige Aktien vor allem dann halten, wenn die Positionen in ihren Portfolios einsehbar sind, in der übrigen Zeit jedoch vermehrt auf weniger nach- haltige Titel setzen.Möglich ist das durchaus, da Anleger die Portfolios in der Regel nur halbjährlich (unter UCITS) be- ziehungsweise quartalsweise (in den USA) einsehen können. Sollte es in der Zwischenzeit attraktive Chancen auf höhere Renditen bei nicht nachhaltigen Aktien geben, könnte man davon unbemerkt Gebrauch machen. Allerdings ist es nicht ganz einfach, ein derartiges Vor- gehen tatsächlich nachzuweisen. Denn die Forscher können ebenso wie die Anleger nicht zwischen den Stichtagen in die Portfolios schauen. Zwar gibt es einige Fonds, die ihre Bestände häu ger o enlegen, zum Beispiel jeden Monat. Doch bei diesen ist es unwahrscheinlich, dass auf die beschriebene Umgehungsmethode gesetzt wird. Denn nur wer nichts zu verbergen hat, dürfte sein Portfolio freiwillig häu ger als erforderlich zeigen. Vier Untersuchungsansätze Die Autoren haben sich insgesamt vier indirekte Ansätze überlegt, mit denen sie der vermuteten Praxis auf die Spur kommen können. Dabei untersuchen sie Daten zu US- Aktienfonds unter Ausschluss von Indexfonds und ETFs im Zeitraum von März 2016 bis Dezember 2022. Der Beginn des Zeitraums wurde gewählt, da Morningstar damals seine Nachhaltigkeits-Ratings eingeführt hat. Seit- dem dürfte der Anreiz bestehen, sich Anlegern als besonders nachhaltig zu präsentieren. Der erste Analyseansatz zielt darauf ab, einen Struktur- bruch in den Betas zwischen täglichen Fondsrenditen und den Renditen des Morningstar US Sustainability Index zu Obwohl die erste große ESG-Welle bereits hinter uns liegt, stecken weiterhin viele Milliarden in den entsprechenden Fonds. Eine Forschungsarbeit ist der Frage nach- gegangen, ob deren Manager tatsächlich durchgehend wie versprochen investieren. Manchmal nachhaltig 142 N o . 1/2025 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Green Window Dressing FOTO: © TILBURG UNIVERSITIES Anleger können die Portfolios in der Regel nur halbjährlich (unter UCITS) beziehungs- weise quartalsweise (in den USA) einsehen. » Fonds steigen um den Berichtstermin in ESG-Aktien ein, um ihre Nachhaltigkeits-Ratings aufzublähen. « Gianpaolo Parise, Associate Professor, Tilburg University & CEPR

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