Institutional Money, Ausgabe 1 | 2025
D ie „Hypothese e!zienter Märkte“ (E!cient Mar- ket Hypothesis, EMH) steht im Mittelpunkt der Debatte darüber, wie gut der Aktienmarkt funk- tioniert. Die EMH hat sich schon immer einer einfachen Überprüfung widersetzt. Ihre grundlegende Aussage lautet: „Preise spiegeln alle Informationen wider“, was ziemlich intuitiv ist. Aber das Problem kommt im nächsten Schritt – wie testet man das? Cli" Asness, Gründungspartner von AQR Capital Management, hat sich mit diesen Fragestel- lungen beschäftigt. „Alle Informationen widerzuspiegeln“ sei intuitiv das, was ein e!zienter oder einfach gut funktio- nierender Markt tun sollte. Aber um festzustellen, ob dies der Fall ist, brauche man auch ein formelles oder informel- les Modell darüber, welche Informationen und wie diese in die Preise ein ießen sollten, schreibt er in einem Aufsatz für die Jubiläumsausgabe zum 50. Jahr des Journal of Portfolio Management. Dann könne man nur noch testen, ob die „gemeinsame Hypothese“ zutri"t, dass Preise alle Informa- tionen widerspiegeln und sich an das diesbezügliche Mo- dell halten, welche Informationen und wie diese in die Preisbildung ein ießen sollen. Wenn diese Hypothese durch die Daten widerlegt werde, wisse man nicht, wo der Fehler liegt. Dilemma Asness hat zusammen mit anderen Ökonomen gelegentlich versucht, den – nicht technischen – gesunden Menschenver- stand in die Diskussion einzubringen. In einer Ausgabe des Institutional Investor 2014 hat er gemeinsammit AQR-Mit- gründer John Liew den Vorschlag gemacht, das Wort „ver- nünftig“ in den Prozess einzubringen. Sie argumentieren, dass so wie in der Rechtswissenschaft vom Standard eines vernünftig agierenden Menschen ausgegangen wird, dies auch bei der Frage der Modelle der Fall sein sollte, die sich mit der EMH kombinieren lassen. Als Beispiel nennt Asness Folgendes: Wenn Unternehmen mit einem blauen Logo statistisch betrachtet alle anderen outperformen und das Modell für die Festlegung von Preisen und erwarteten Ren- diten lautet: „Weil die Investoren blaue Logos hassen,werden diese Unternehmen zu billig gehandelt und übertre"en dann die Erwartungen“, dann ist dieses Modell nicht vernünftig. Ein solches Ergebnis wird man als Ine!zienz bezeichnen. Ebenso hat Cli" Asness argumentiert, dass Blasen, der Todfeind der EMH, selten sind und das Wort viel zu leicht- fertig verwendet wird. Aber selten heißt nicht nie. Asness: „Ich habe argumentiert, dass der Standard sehr hoch sein sollte. Es sollte nicht heißen: ,Diese kleine Aktie ist teuer, also ist sie eine Blase‘, wie man es oft in Marktkommentaren sieht, sondern eher: ,Ich habe es versucht, kann mir aber keine vernünftigen Erwartungen für die Zukunft aus- denken, die den heutigen Preis nach irgendeinem vernünf- tigen Modell rechtfertigen würden‘.“ Darüber hinaus muss ein großer Teil des Marktes betrof- fen sein, um als Blase zu gelten, denn eine einzelne Aktie, selbst wenn man sie für stark überbewertet hält, stellt keine Blase dar. Laut Asness gibt es nur wenige Fälle, die seiner Meinung nach das Kriterium für eine Blase erfüllen. Für ihn zählt dazu die Entwicklung der japanischen Aktienkurse in den späten 1980er-Jahren. Dazu kommt, dass die US-Aktien- kurse im Allgemeinen und der Preisunterschied zwischen Aktien mit hohen und niedrigen Multiples 1999 bis 2000 eine Blase bildeten, genauso wie 2019 bis 2020 wiederum durch die hohe Di"erenz zwischen Aktien mit hohen versus niedrigen Multiplikatoren. Schon Eugene Fama hat seine Studenten in den 1980er- Jahren schockiert, als er in den ersten Wochen nach der Markteffizienz ist ein zentrales Thema bei der Asset-Bewertung. Aber während der Grad der Effizienz oft diskutiert wird, kommen Veränderungen des Effizienzniveaus in der Diskussion kaum vor. Markte!zienz am Prüfstand 116 N o . 1/2025 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Effiziente Märkte FOTO: © AQR CAPITAL MANAGEMENT » Ich glaube, dass der Aktienmarkt im Lauf meiner gut 35 Jahre dauernden Karriere weniger effizient geworden ist. « Cliff Asness, Gründer, Managing Principal und CIO von AQR Capital Management
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