Institutional Money, Ausgabe 1 | 2025

R ationale Erwartungen sind ein Grundpfeiler der Kapitalmarkttheorie. Schon 1961 stellte der US- Wirtschaftswissenschaftler John F.Muth die Idee in einer Arbeit mit dem Titel „Rational Expectations and the Theory of Price Movements“ vor. Er schrieb, dass „die Wirtschaft im Allgemeinen keine Informationen verschwen- det“. Demnach handeln rationale Akteure auf Basis aller ihnen zur Verfügung stehenden Informationen und lernen aus vergangenen Erfahrungen. Auch die E zienzmarkt- theorie geht von rationalen Erwartungen aus. Entscheidend ist dabei das Aggregat. Es genügt, wenn die Gesamteinschät- zung aller Marktteilnehmer rational ist. Einzelne Akteure dürfen sich also irrational verhalten. Sie können sich bei ein- zelnen Einschätzungen auch durchaus irren. Allerdings nicht systematisch. Denn im Durchschnitt müssen die Erwartungen richtigliegen. Diese Annahmen sind an den Finanzmärkten eigentlich plausibel. Denn dort besteht der Anreiz, dass bessere Erwar- tungen mit höheren Gewinnaussichten verbunden sind. Wenn sich Analysten immer wieder mit einer Aktie be- fassen, lernen sie die Firma genau kennen, verbessern ihre Prognosen und vermeiden erkennbare Fehler bei ihren Ein- schätzungen. Die Märkte sollten also insgesamt im „Erwar- tungsgleichgewicht“ sein. Dieses gibt es, ähnlich wie die Markte zienz, in starken und schwachen Versionen. Die starke Form nimmt an, dass alle verfügbaren Informationen Diese Studie hat es in sich: Demnach basieren Renditeanomalien , die in der Regel auf Risikofaktoren zurückgeführt werden, auf falschen Erwartungen der Marktteilnehmer. Was steckt dahinter? Systematisch verzerrt Ähnliches Muster Durchschnittliche klassische und erwartungsbasierte Renditen Die linke Subgrafik zeigt mittlere Portfoliorenditen für Growth (unterstes Quintil) und Value (oberstes Quintil) nach klassischer Berechnung von Dezember 1981 bis Dezember 2023. Die rechte Subgrafik zeigt die mittleren erwartungsbasierten Renditen derselben Portfolios. Es ist zu erkennen, dass die erwartungsbasierten Renditen ein ähnliches Muster aufweisen. Auch die Größenordnungen stimmen in etwa überein. Quelle: Bordalo, P. / Gennaioli, N. / La Porta, R. / Shleifer, A. (2024), Finance Without Exotic Risk, NBER Working Paper 0 % 4 % 8 % 12 % 16 % 5 Jahre 3 Jahre 1 Jahr 3 Monate 1 Monat Haltedauer Haltedauer Klassisch Growth Value 0 % 4 % 8 % 12 % 16 % 5 Jahre 3 Jahre 1 Jahr 3 Monate 1 Monat Erwartungsbasiert Growth Value 112 N o . 1/2025 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Faktorinvestments » Analystenprognosen enthalten Informationen über nicht rationale Markterwartungen. « Bordalo, P. / Gennaioli, N. / La Porta, R. / Shleifer, A. (2024), Finance Without Exotic Risk, NBER Working Paper

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=