Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024

drei Jahre. Diese Zeit war geprägt von einem weitgehenden Stillstand bei den Transaktionen. Investoren, mit denen ich gesprochen habe, zuckten regelrecht zurück, wenn man das Thema Immobilie angesprochen hat.Der rapide Anstieg der Zinsen, wie wir ihn nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs und dem anschließenden Hochschießen der Inflation ge- sehen haben, führte zu einer wahren Schockstarre unter den institutionellen Investoren. Zeitverzögert – ein Begriff, über den ich in der jüngeren Zeit unzählige Diskussionen geführt habe – gingen dann die Bewertungen zurück. Und ich kann auch heute nicht ausschließen, dass wir noch die eine oder andere Abwertung sehen werden. Dann kann es doch gar nicht verwundern, dass sich an der Hal- tung der Investoren noch nicht viel verändert hat, oder? Iris Schöberl: Das kann ich durchaus nachvollziehen. Gerade die jüngere Zeit war aufgrund der eingangs geschilderten Entwicklungen verständlicherweise von einer enormen Unsicherheit geprägt. Andererseits sprechen wir inzwischen nicht umsonst von einer Zinswende, die eingetreten ist. Denn die meisten Analysten gehen doch davon aus, dass es bei den schon ein ganzes Stück gesunkenen Zinsen noch weiter nach unten gehen wird. Zudem haben wir imMarkt ja schon beträchtliche Preisnachlässe gesehen, sodass man inzwischen nicht mehr nur von vereinzelten Schnäppchen bei Immobilien sprechen kann, sondern von echten Kauf- gelegenheiten, die sich zunehmend auftun. Wobei sich aus Investorensicht doch unter dem Ertragsgesichts- punkt inzwischen auch an den erheblich liquideren Anleihen- märkten wieder Chancen auftun? Iris Schöberl: Das ist ohne Zweifel der Fall. Auf das Zins- niveau insgesamt bezogen, befinden wir uns trotz der inzwi- schen eingetretenen Zinswende natürlich immer noch nicht auf einem Niveau, wie wir es in der zurückliegenden Nied- rigzinsphase erlebt haben. Aber auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass wir während meiner Lebenszeit noch einmal eine solche Periode extrem niedriger Zinsen sehen werden: Auch bei den Schuldverschreibungen – zu Recht eine der von den Institutionellen bevorzugten Investmentalternativen zur Immobilie – dürften die Erträge mit weiteren Zins- schritten der Notenbanken weiter sinken. Und auch wenn ich sicher nicht behaupten würde, dass wir an den Immo- bilienmärkten heute schon alle Probleme hinter uns gelas- sen haben, so signalisiert mir die jüngste Entwicklung schon, dass die Attraktivität der Immobilie wieder peu à peu steigt und dass wir eher früher als später an dem Punkt sein werden, an dem der Spread zur Anleihenrendite wieder auf einem attraktiven Niveau sein wird. Wo würden Sie diesen Punkt verorten? Iris Schöberl: Im Allgemeinen geht man in der Branche davon aus, dass ein Immobilieninvestment spätestens dann interessant wird, wenn der Renditeabstand zu einer risiko- losen Anleihe auf einem Niveau zwischen zwei und zwei- einhalb Prozent angekommen ist. Das ist der Moment, da der institutionelle Kapitalmarkt verstärkt beginnt, über ent- sprechende Investments nachzudenken. Dann beginnt die Phase der strategischen Entscheidung darüber, ob man die Immobilienquote, so sie noch nicht ausgeschöpft ist, wieder erhöht, weil die Ertragsaussichten von liquiden Investments unattraktiver geworden sind. Befinden wir uns denn Ihrer Ansicht nach bereits wieder an diesem Punkt der Entscheidung? Iris Schöberl: Das ist eine Frage, die sich nicht einfach mit ja oder nein beantworten lässt.Denn grundsätzlich spielt dabei natürlich aus der Perspektive eines institutionellen Investors die Frage eine Rolle, ob ihm seine Immobilienquote ein Investment erlaubt oder ob er die in der Anlageverordnung festgelegte Quote von 25 Prozent ohnehin schon ausge- schöpft hat. Man darf ja nicht vergessen, dass Immobilien gerade in der Zeit der Niedrigzinsen als eine Art Stabilisator fungiert haben,weil die Erträge im liquiden Bereich auf null gesunken waren. Zudem hängt es natürlich von seiner Risi- 62 N o . 4/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Iris Schöberl | Zentraler Immobilien Ausschuss FOTO: © LUKAS BARTH » Ein Immobilieninvestment wird spätestens dann interessant, wenn der Renditeabstand zur risikolosen Anleihe auf einem Niveau zwischen zwei und zweieinhalb Prozent angekommen ist. « Iris Schöberl, Präsidentin, ZIA Immobilien waren in der Zeit der Niedrigzinsen eine Art Stabilisator.

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