Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024
einen Faktor wird bewertet, in welchem Umfang das je- weilige Unternehmen mit seinen Produkten zu den verschiedenen SDG-Zielen beiträgt. Der zweite Faktor bewertet den Prozess, wie das Unternehmen zum jeweiligen Nachhaltigkeitsziel beiträgt. Und an dieser Stelle, bei diesem Teilscore, eröffnen sich dann wieder Interpretationsspiel- räume, die je nach Agentur zu unterschiedlichen Ergebnis- sen führen. Und schließlich hängt die Endnote auch noch davon ab, welche Gewichtungsschemata bei der Aggrega- tion verwendet werden – und diese sind alles andere als einheitlich. Geht es noch etwas konkreter? Prof. Alexander Kempf: In der Studie wurden die Ergebnisse von fünf verschiedenen SDG-Ratingagenturen analysiert. Besonders für Unternehmen aus den Sektoren Energie, Ge- sundheitswesen und Grundstoffe fiel dabei auf, dass die für ein Unternehmen vergebenen Noten stark voneinander ab- wichen, was hauptsächlich durch Abweichungen bei einzel- nen SDGs verursacht war. Bei der Analyse der Auswirkun- gen konnten unterschiedliche Renditeeigenschaften und Risikofaktor-Exposures von Portfolios festgestellt werden, die nach SDG-Ratings verschiedener Ratinganbieter sortiert waren. Im Ergebnis sind die Autoren zu dem eher enttäu- schenden Schluss gekommen, dass die aktuellen SDG- Ratings kein wirklich klares Signal für den Beitrag von Unternehmen zu den SDGs liefern. Eine interessante Analyse hat das CFR auch mit einer Untersu- chung zu den Zusammenhängen zwischen Sturmschäden und sonstigen extremen Wetterereignissen und den von Anlegern gefor- derten Risikoprämien und damit den Kapitalkosten von Unter- nehmen vorgelegt. Was können Sie uns dazu sagen? Prof. Alexander Kempf: Das ist ein Working Paper, das feder- führend von Florian Weigert, Professor an der Universität Neu-Châtel und Mitglied hier am CFR, verfasst wurde. Die Ausgangsidee ist eigentlich ziemlich naheliegend. Denn ein Risiko, das zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist das von Unwettern. Da muss man gar nicht zurückgehen bis ins Jahr 2021 mit der Flutkatastrophe im Ahrtal, da muss man nur die aktuellen Nachrichten über die verheerenden Schä- den während der aktuellen Entwicklungen in Spanien an- schauen. Florian Weigert hat sich mit der Frage beschäftigt, wie sich extreme Wetterereignisse auf die Eigenkapitalkosten von Unternehmen auswirken,und konnte zeigen,dass Aktien von Unternehmen mit einer hohen Sensitivität gegenüber extremen Wetterereignissen wesentlich höhere Risikoprämi- en aufwiesen als ihre Counterparts mit einem entsprechend nur geringen Risiko. Das leuchtet natürlich sofort ein. Denn wenn ich als Anleger das Risiko trage, dass die Fabrik des Unternehmens, an dem ich beteiligt bin, bei der nächsten Sturmflut völlig unter Wasser steht und vielleicht dagegen nicht versichert ist,will ich natürlich für dieses Risiko irgend- wie entschädigt werden.Wenn Sie so wollen, beschreibt das den gesamten Mechanismus, wie die Förderung von Nach- Ein Akademiker, der die Praxis kennt Prof. Alexander Kempf ist seit 1999 Professor für Betriebswirt- schaftslehre an der Universität zu Köln und leitet das Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre. Seine Forschungs- schwerpunkte liegen in den Bereichen Asset Management, Risi- komanagement und der Liquidität von Finanzmärkten. Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre hat er 1995 an der Universität Mannheim promoviert, 1999 habilitierte er sich dort mit der Schrift „Wertpapierliquidität und Wert- papierpreise“. Seit 2004 ist Kempf zudem geschäfts- führender Direktor des Centre for Financial Research (CFR), ein Institut der Universität Köln, das nicht nur in der Akademia einen besonderen Ruf als interna- tionales Forschungszentrum für Asset Management und Sustainable Finance genießt. 2006 wurde Kempf als ordentliches Mitglied in die Nordrhein-Westfälische Akade- mie der Wissenschaften und der Künste aufgenommen. 56 N o . 4/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Prof. Alexander Kempf | Universität zu Köln FOTO: © STEFAN GREGOROWIUS » Der Grund für nachhaltiges Investieren sollte in meinen Augen eher im Risikomanagement liegen als in der Hoffnung, dadurch langfristig höhere erwartete Renditen zu erzielen. « Prof. Alexander Kempf, Universität Köln
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