Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024

weist Mitchinson auf die japanische Art, Dinge zu tun. Pre- mierminister Shinzō Abe und Notenbankchef Haruhiko Kuroda arbeiteten Hand in Hand, um die Transformation der Wirtschaft voranzutreiben. „Durch eine anhaltende Geldschwemme, kreditfinanzierte Konjunkturprogramme, verschiedene Reformen und Deregulierungen förderten sie die Entflechtung der japanischen Wirtschaft. Auch die Banken begannen, ihre Unternehmensbeteiligungen zu ver- kaufen“, so Mitchinson. Dabei ziehen in Japan nun alle an einem Strang; bei- spielsweise die Finanzaufsicht: Änderungen am Kartellgesetz sorgen dafür, dass Verbraucherinteressen auch während der Entflechtung der Wirtschaft geschützt werden und der Wett- bewerb nicht negativ beeinträchtigt wird. „So wurden japa- nische Versicherungsgesellschaften im Sommer 2023 dabei erwischt, dass es Preisabsprachen bei Unternehmenspolicen gab, und es wurden sofort Untersuchungen gegen sie ein- geleitet“, sagt Mitchinson, „die Japanische Kommission für fairen Handel will die Konkurrenz der Unternehmen um die Kunden fördern, da dies die Effizienz steigert.“ Die Regulierung sorgt auch dafür, dass Unternehmen, die sich an der Tokyo Stock Exchange (TSE) listen lassen wollen, bessere Governance-Strukturen aufbauen, beispielsweise mehr unabhängige Direktoren aufstellen. Jetzt Fokussierung aufs Kerngeschäft Das Arbeitsministeriumwirkt darauf hin, dass Mitarbeiter in Japan leichter gekündigt werden können als in früheren Zei- ten, in denen lebenslange Beschäftigungsverhältnisse gängige Praxis waren. Das ermöglicht Unternehmen ein flexibleres Agieren und Arbeitnehmern „Mid Career“-Veränderungen. Auf der anderen Seite drängt die Regierung darauf, dass der Lohn für den einzelnen Mitarbeiter steigt. „In den letzten 20 Jahren gab es in Japan keine echten Lohnerhöhungen. Auf- grund der demografischen Struktur in Japan wird jetzt aber das Potenzial an gut ausgebildeten jungen Mitarbeitern knapp.Das erhöht den Druck, höhere Löhne zu zahlen und die Mitarbeiter gezielt und sinnvoll einzusetzen,was zu einer Produktivitätssteigerung führt“, so Mitchinson. Aisa Ogoshi bestätigt das: „Erst im vergangenen März gab es eine durchschnittliche Gehaltsanhebung von 5,3 Prozent. Das war die größte Lohnanhebung der letzten drei Deka- den.“Ogoshi ist Managing Director und Portfoliomanagerin im Emerging-Markets- und Asia-Pacific-Aktienteam bei J.P. Morgan Asset Management und hat ihr Büro in Tokio. Sie kann sich seit Jahren in der Alpha-Female-Studie von City- wire unter den Top-20-Fondsmanagerinnen weltweit plat- zieren. „Die jungen Menschen in Japan haben ein gutes Timing erwischt. Sie sehen, dass ihre Löhne steigen. Daher trauen sich jetzt viele, eine eigene Wohnung zu erwerben. Entsprechend floriert Japans Immobiliensektor“, so Ogoshi. Daneben wurden neue Steuer- und Bilanzierungsvor- schriften erlassen. „Die alten Bilanzierungsregeln haben dazu beigetragen, dass sich die Werte der Immobilien und Be- teiligungen, die die Unternehmen halten, in den letzten 70 Jahren kaum verändert haben, obwohl die Marktpreise enorm angestiegen sind“, meint Mitchinson. „Die neuen Regeln sorgen dafür, dass die stillen Reserven, die in den Bilanzen der Unternehmen schlummern, leichter gehoben werden können.“ Flankiert wird das von steuerlichen Maßnahmen. „Die Regierung hat Steuervergünstigungen für Abspaltungen und ähnliche Maßnahmen eingeführt, um den großen Un- ternehmen die Umstrukturierung ihres Geschäftsportfolios zu erleichtern“, sagt Joel LeSaux, Fondsmanager des Eurizon Fund – Sustainable Japan Equity bei Eurizon, und weiter: „Auch wenn fraglich ist, wie konsequent diese Maßnahmen umgesetzt werden, dürften sie in den kommenden Jahren fortgesetzt werden.Dadurch verbessert sich die Eigenkapital- rendite japanischer Unternehmen, was zu einem attraktive- ren Aktienmarkt führen sollte.“ So sieht man das auch bei T. Rowe Price. „Die Corporate- Governance-Reform in Japan ist sehr real und schreitet voran. Sie hat aber noch einen langen Weg vor sich, da Japan zu den US-amerikanischen und europäischen Stan- dards aufschließt. Das bietet echte Chancen für Investoren, denen es gelingt, Unternehmen zu identifizieren, die die Reformen gut umsetzen“, sagt Daniel Hurley, Portfoliospe- zialist bei T. Rowe Price. Seine Teamkollegen vor Ort in Endlich wieder positive Zinsen in Japan Zinsentwicklung der Bank of Japan, 1980 bis Oktober 2024 Japans Banken und natürlich alle Systeme einer kapitalgedeckten Altersvorsorge litten lange Zeit unter den extrem niedrigen, teilweise sogar negativen Zinsen in Japan. Mittlerweile liegt der Zins der BoJ bei 0,25 Prozent. Das ist zwar noch nicht hoch, aber höher als die Zinsen in der Vergangenheit. Der jüngste Zinsanstieg hat bereits zu einem Anstieg des Yen geführt und macht die in der Vergangenheit hochattraktiven Carry Trades weniger begehrenswert. Quelle: J.P. Morgan 2015 2010 2005 2000 2020 1995 1990 1985 1980 -1 % 0 % 1 % 2 % 3 % 4 % 5 % 6 % 7 % 8 % Zinsentwicklung der Bank of Japan 228 N o . 4/2024 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Japan FOTO: © BERND ROSELIEB | J.P. MORGAN Das Phänomen „Corporate Japan“ wird aktuell ent- flochten und die Corporate Gover- nance der Unter- nehmen verbessert. » Mittlerweile gibt es auch japanische Investoren, die aktivistisch unterwegs sind. « Aisa Ogoshi, Managing Director & Portfolio Managerin im Emerging- Markets- und Asia-Pacific-Aktienteam bei J.P. Morgan, Tokio

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=