Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024
Schwellenländern mittlerweile wenig Exposure haben. „Schwellenländer sind von Anlegern untergewichtet, rund 50 Prozent im Vergleich zur Gewichtung im MSCI All Country World Index“, erklärt Claus Born, Portfoliomanager bei Franklin Templeton. Laut Williams erreichte diese Untergewichtung jüngst sogar ein 20-Jahres-Tief. Hoffen auf Trendwende Sofern jene drei Zinsschritte nach unten bis Mitte 2025, die der Geld- und Anleihenmarkt im November noch einge- preist haben, doch noch von der Fed umgesetzt werden und der US-Dollar in der Folge zumindest gegenüber den Schwellenländerwährungen schwächeln sollte, könnten die dortigen Zentralbanken weiterhin eine taubenhafte Zins- und Geldpolitik verfolgen. Das ist unter anderem deshalb möglich, weil die dortigen Inflationsraten zurückgehen. Das gilt vor allem für das größte Schwellenland, China. Dort wurden in den letzten Wochen zahlreiche Maßnahmen an- gekündigt, um die eigene Wirtschaft anzukurbeln.Das Maß- nahmenbündel beinhaltet unter anderem Zinssenkungen, eine Stützung der Banken sowie des Immobilien- und des Aktienmarktes. Auf Seiten der Fiskalpolitik planen die Kom- munisten unter anderem einen rascheren Start von eigent- lich erst später geplanten Bauprojekten sowie finanzielle Un- terstützungen ärmerer Bürger, um die Kaufkraft zu fördern. Laut Rami Sidani, Head of Frontier Investments bei Schroders und Fondsmanager des Schroder ISF Frontier Markets Equity, kurbeln Zinssenkungen über höheres Kon- sumenten- und Unternehmervertrauen das Wirtschaftswachs- tum wie auch den Immobilienmarkt an. Diese neue Dyna- mik könnte Investorengelder aus dem Westen anlocken. „Die Aktien dieser Märkte ziehen in der Regel Zuflüsse an, da die Anleger nach höheren Renditen streben, was zu einer Aufwärtsdynamik der Aktienkurse führt“, erklärt Rami Sida- ni. Branchenkollege und (fast) Namensvetter Ramzi Sidani, Lead Senior Portfolio Manager der Frontier-Markets-Strate- gie von HSBC Global Asset Management, stößt ins gleiche Horn: „Ein potenziell schwächerer Dollar kann denWeg für eine erhöhte Risikobereitschaft ebnen, da die Anleger höhe- re Renditen für ihre Gelder bekommen wollen.“ Eine entsprechende Aufbruchstimmung identifiziert auch Matt Williams. Der abrdn-Mann verweist auf das inzwi- schen wieder vorteilhafte mikro- und makroökonomische Umfeld dieser aufstrebenden Länder. Diese sind in der Mehrzahl aufgrund höherer Kapitalinvestitionen in die Re- alwirtschaft („Capex“) in einen neuen übergeordneten In- vestmentzyklus eingetreten, der über ein höheres BIP-Wachs- tum zu höheren Unternehmensgewinnen und in der Folge zu höheren Aktienkursen führen sollte. Die Schwellenländer scheinen mittlerweile die ersten Früchte ernten zu können, wie ein Blick auf das BIP-Wachs- tum zeigt. James Donald von Lazard AM berichtet: „Das Wirtschaftswachstum in den Schwellenländern, das von allen Regionen und nicht nur von China getragen wird, steigt nun langsam in Richtung vier Prozent im Jahr 2024, während sich gleichzeitig das Wachstum in den Industrie- nationen auf 1,6 Prozent verlangsamt.“ Aus Investorensicht relevant ist vor allem, dass nach einem starken Rückgang der Gewinne in den Jahren 2021 und 2022 die Gewinnwachs- tumserwartungen für die Schwellenländer im Vergleich zu den Industrieländern einschließlich der USA für 2024 und 2025 gestiegen sind. „Analysten erwarten für den MSCI Emerging Markets Index im Jahr 2024 ein EPS-Wachstum von 18 Prozent und für 2025 weitere 15 Prozent“, hält Claus Born von Franklin Templeton fest, um diese Werte wie folgt einzuordnen: „Das ist mehr als in den Industrieländern, wo der Gewinn pro Aktie voraussichtlich um acht Prozent im Jahr 2024 und um 13 Prozent im Jahr 2025 steigen wird. Und für 2024 sind die Gewinnprognosen sogar besser als in den USA.Das ist wichtig, da das Gewinnwachstum die lang- fristigen Renditen des Aktienmarktes am besten erklärt.“ Fundamentalbewertungen Kurs-Gewinn- und Kurs-Buchwert-Verhältnisse im Vergleich Gemessen an Kennzahlen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV, linker Teil der Grafik) und dem Kurs-Buchwert-Verhältnis (rechter Teil der Grafik) sind Schwellenländeraktien im Vergleich zu europäischen oder US-amerikanischen Aktien relativ günstig bewertet. Auch beim Vergleich, wo sie innerhalb der historischen Spannweiten stehen, schneiden sie besser ab als ihre Vergleichsgruppe. Quelle: Berenberg Märkte Monitor vom 4. 11.2024 Euro Stoxx 50 Stoxx 600 S&P 500 MSCI EM Euro Stoxx 50 Stoxx 600 S&P 500 MSCI EM 0 1 2 3 4 5 6 4 8 12 16 20 24 28 Median Aktuell Min-/Max-Spanne KGV-Verteilung seit 1. 1. 2006 (LS) KBV-Verteilung seit 1. 1. 2006 (RS) 220 N o . 4/2024 | institutional-money.com PRODUKTE & STRATEGIEN | Emerging Markets FOTO: © FRANKLIN TEMPLETON, CHARLES STURGE | ABRDN Viele Argumente sprechen für höhe- res Exposure in den aufstrebenden Volkswirtschaften. » Schwellenländer sind von Anlegern unter- gewichtet, rund 50 Prozent im Vergleich zur Gewichtung im MSCI All Country World Index. « Claus Born, Portfoliomanager bei Franklin Templeton » Die Finanzpolitik und die Verschuldung in den Industrieländern werden letztlich sehr nachteilig für den US-Dollar. « Matt Williams, Senior Investment Director EM Equities bei abrdn und Fondsmanager des abrdn EM Equity Income Fund
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