Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024
Fälle analysiert, bewertet und nach positiver Beurteilung in das Portfolio aufgenommen. Fällt die Entscheidung für eine Prozessfinanzierungsidee, akquiriert Foris den Fall und tritt ihn an den Fonds ab. Foris erhält für den Aufwand im Zu- sammenhang mit der Akquise, Prüfung und Aufbereitung der akzeptierten Fälle inklusive der Aushandlung des Finan- zierungsvertrags in Abstimmung mit Centris eine Auf- wandsentschädigung von 0,25x dem Rechtsanwaltstarif (RVG) mit einem Maximum von 75.000 Euro. Centris unterstützt auch bei der Bonitätsprüfung des Klagsgegners. Alles andere als trivial ist zudem die Bewertung des Erlös- potenzials der einzelnen Fälle, von denen insgesamt zirka 25 als Assets in den Fonds eingebracht werden sollen. Auf Basis der Daten, die man von den klagsführenden Anwälten er- hält, wird die Bewertung anhand eines Modells vorgenom- men, das die Erfolgswahrscheinlichkeit jedes Falls berechnet und die künftigen Cashflows mit einem entsprechend knackigen Diskontierungssatz abzinst, der sich historisch in der Größenordnung von zirka 20 Prozent bewegt. Diese NAV-Berechnungen geschehen quartalsweise. Ebenfalls nicht trivial ist das Liquiditätsmanagement, denn das Cashma- nagement ist essenziell für den IRR-Erfolg des Fonds. Zu hoch und zu früh getätigte Cash Calls an die Investoren würde diesen die Rendite schmälern. Das entsprechende Feintuning, um einerseits liquide genug zu sein, wenn die Klagsanwälte ihre Rechnungen an den Fonds zur Kosten- übernahme schicken, andererseits etwa im Fall früher Ver- gleiche frühzeitig Cash zu erhalten, das man für das Netting einsetzen kann, ist ohne Frage kein leichtes Unterfangen. Fondsziele Der Foris Centris Prozessfinanzierungsfonds I soll in etwa 25 Fällen die Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten überwie- gend in Zentraleuropa gegen Erfolgsbeteiligung überneh- men, wobei die Streitwerte jenseits von 25 Millionen Euro pro Fall angesiedelt sein sollen.Die rechtlichen Auseinander- setzungen sollen in kontinentaleuropäischen Ländern mit einem gut funktionierenden Rechtssystem und kalkulier- baren Prozesskosten sowie an anerkannten internationalen Schiedsstandorten stattfinden. Schwerpunkt wird hierbei die DACH-Region sein. Materiell soll es sich überwiegend um wirtschaftsrechtliche Fälle handeln. Im Fokus stehen Rechts- Wie das Prozessfinanzierungsgeschäft funktioniert Vom Aufkeimen des Streitfalls bis zur Übernahme der Prozessfinanzierung: der Ablauf A ngenommen, ein Unternehmen wittert eine Patentverletzung durch einen Konkurrenten und will diesen verklagen, scheut aber wegen der hohen Kosten den Klagsweg. Deswegen wen- det es sich mit allen Details unter Bekanntgabe des Anwalts, der die Causa vertreten soll, an einen Prozessfinanzierer, der den Fall einer ge- nauen Prüfung unterzieht. Dieser evaluiert die Erfolgschancen, aber auch die Bonität des Pro- zessgegners. Denn sollte dieser nicht potent ge- nug sein, die Ansprüche des durchgedrungenen Klägers befriedigen zu können, macht die Pro- zessfinanzierung ja keinen Sinn. Foris verfügt neben einer 25-jährigen Erfahrung des internen Anwaltsteams über eine enorm große und in die Tiefe gehende Datenbank, die es gestattet, die Erfolgsaussichten nicht nur juristisch und kom- merziell zu bewerten, sondern mitunter auch mit empirischen Daten abzugleichen, etwa zu den üblichen Verfahrensdauern an bestimmten Gerichten oder über die zu erwartende Strategie der Gegenseite. Eingehende Chancenprüfung Nur wenn das gesamte Package stimmig ist und genügend Erfolgsaussichten verspricht, wird der Prozessfinanzierer mit dem Klagswilligen einen Prozessfinanzierungsvertrag ausverhandeln, der auch bestimmte Klauseln (Covenants) enthält, die das Risiko für den Finanzierer eingrenzen und die Verfahrenslaufzeit einhegen. Ein Beispiel soll das veranschaulichen: Sollte etwa der Kläger bereits in der ersten Instanz mit 90 Prozent sei- ner Forderungen durchgedrungen sein, sich aber darauf versteifen, in Berufung zu gehen, weil er partout zu 100 Prozent obsiegen will, wird der Prozessfinanzierer hier möglicherweise nicht mitgehen und auf eine entsprechende Klausel verweisen. Der Prozessfinanzierer behält sich vor, zwischen einzelnen Instanzen auszu- steigen, wenn sich die Erfolgsaussichten erheb- lich verschlechtert haben sollten oder wenn ein weiteres Prozessieren aus anderen Gründen wirtschaftlich wenig Sinn ergibt. Am obigen Bei- spiel illustriert: wenig hinzuzugewinnen, aber viel zu verlieren. Der Prozessfinanzierer hat re- gelmäßig die Prozessökonomie im Sinn, die IRRs und Multiples entscheidend beeinflusst – auch die der Fondsinvestoren. In den einzelnen Ver- fahren selbst wird der Fortgang von einem in- ternen Anwalt des Prozessfinanzierers begleitet, der sich nicht in das Verfahren einmischt, aber den Fortgang des Prozesses beobachtet, die schriftsätzlichen Vorträge verfolgt und in die Datenbank einpflegt. Finessen Dazu gibt es noch Finessen wie eine ATE-(After- The-Event)-Versicherung. Falls nämlich der vom Finanzierer unterstützte Kläger in erster Instanz verliert, müsste dieser beziehungsweise der Pro- zessfinanzierer üblicherweise der obsiegenden Gegenpartei die ihr entstandenen tariflichen Anwaltskosten erstatten. Dagegen schützt eine ATE-Versicherung, die dann die Kosten über- nimmt. Im Ausgleich dafür erhält der ATE-Versi- cherer einen niedrigen Prozentanteil am Ertrag aus den gewonnenen Verfahren. Im neuen Pro- zessfinanzierungsfonds wird eine ATE-Versiche- rung für diejenigen Fälle abgeschlossen werden, bei denen ein solches Gegenparteien-Kosten- risiko besteht. Erfolgskomponente Ebenfalls im Prozessfinanzierungsvertrag gere- gelt wird die Erlösbeteiligung, die der Finanzie- rer für den Fall eines vollständigen oder teilwei- sen Obsiegens (oder eines Vergleichs) erhält. Je nach Fallkonstellation und Streitwert erhält der Finanzierer üblicherweise zwischen zehn und 35 Prozent des Erlöses zuzüglich der Erstattung al- ler verauslagten Kosten. Nicht unüblich sind de- gressive Staffelungen (je nach Erfolgshöhe) oder progressive Staffelungen (nach Verfahrensdauer beziehungsweise Anzahl der zu finanzierenden Instanzen). Diese Details werden vorab fallindivi- duell im Finanzierungsvertrag vereinbart. 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