Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024

ein, die nicht auf das individuelle Konto des Mitarbeiters gehen, sondern in den kollektiven Puffer fließen. Dieser wird nicht in der Anwartschaftsphase verwendet, sondern nur in der Rentenphase, um stärkere Rentenkürzungen zu vermeiden. Und wie sieht die Kapitalanlage dafür aus? Christof Quiring: Genauso wie die Gelder in der Anwart- schafts- und Rentenphase. Was die Asset Allocation betrifft, fließt alles in denselben Topf. Im Prinzip haben wir uns für ein Modell entschieden, das durchgängig ist und dadurch einfach kommuniziert werden kann. Frau Wittke, war es der Arbeitnehmerseite wichtig, dass der kollektive Puffer von den Unternehmen bezahlt wird? Elvira Wittke: Der Sicherungspuffer hat ja die Funktion, mögliche Rentensenkungen abzufedern. Da das Risiko der Kapitalanlage bei der reinen Beitragszusage allein auf der Arbeitnehmerseite liegt, war es uns sehr wichtig, dass die Arbeitgeber durch den Sicherungsbeitrag entsprechend eine Kompensation für die Risikokomponente aufwenden. Und akzeptiert die Gewerkschaftsseite, dass der Sicherungspuffer eine adäquate Kompensation für das Marktrisiko ist, das ja jeder einzelne Mitarbeiter tragen muss? Elvira Wittke: Ja, der Sicherungspuffer wird als wichtiger zusätzlicher Faktor angesehen, damit die Beschäftigten Ver- trauen in das System haben, das ja völlig ohne Garantien auskommen muss.Natürlich gibt es bei manchen noch eine gewisse Skepsis, insbesondere bei den Älteren, wobei die ja bereits ihre Altersversorgungssysteme haben. Aber insgesamt wird das Modell akzeptiert, und es wird vor allem für gut befunden, dass es tarifvertraglich verankert ist. Gibt es außer dem Sicherungspuffer weitere Puffermechanismen? Christof Quiring: Der wichtigste Puffer ist die Asset Alloca- tion, die sehr breit diversifiziert ist und bei der wir taktische Abweichungen vornehmen können. Und natürlich haben wir im Portfoliomanagement ein dezidiertes Risikomanage- ment. Aber ansonsten gibt es keine ähnlichen Puffer wie den Sicherungspuffer. Das Problem der Doppelverbeitragung von arbeitnehmerfinan- zierten Beiträgen oberhalb von vier Prozent der Beitragsbemes- sungsgrenze stellt ja noch ein Ärgernis dar. Herr Mühl, Sie neh- men zum Thema Betriebsrenten an verschiedenen Gesprächen in Berlin teil. Glauben Sie, dass man hier politisch noch etwas bewirken kann? Lutz Mühl: Das Brett, das da zu bohren ist, ist noch ziemlich dick. Aktuell nehme ich nicht wahr, dass sich da kurzfristig etwas bewegen wird. Aber das ist natürlich ein Thema, das bei allen, die in dem Bereich unterwegs sind, auf dem Zettel steht. Allerdings muss man sich auch sehr genau ansehen, was genau doppelt verbeitragt wird. Das hängt von der Versorgung ab, über die man redet. Was wird denn bei der ZielrenteCHEMIE doppelt verbeitragt? Lutz Mühl: Bei der ZielrenteCHEMIE gibt es in der Regel keine doppelte Verbeitragung, soweit die Einzahlung als Ent- geltumwandlung im Rahmen der Steuer- und Sozialversi- cherungsfreiheit erfolgt. In dem Fall erfolgt die Einzahlung beitragsfrei, und die Beschäftigten bekommen ja auch die Arbeitgeberbeiträge als Förderung mit ausbezahlt, daher müssen dann bei der Auszahlung Beiträge gezahlt werden. Ist die bAV tatsächlich ein so großes Incentive, um Mitarbeiter anzuziehen oder an sich zu binden? Lutz Mühl: Wir denken schon! Die bAV ist Teil des Gesamt- pakets, das neben vielen anderen Arbeitsbedingungen die Attraktivität in der Branche ausmacht. In einem aus Arbeit- geberperspektive schwieriger werdenden Arbeitsmarkt, wo es insbesondere um qualifizierte Fachkräfte einen härteren Wettbewerb gibt, ist es ein wichtiges Argument, auch in der bAV ein attraktives, zukunftsfähiges Angebot zu haben. Das kann nicht allein der entscheidende Punkt sein, aber es ist etwas, das mit zum Gesamtpaket unserer Branche gehört. Die fehlende Garantie – kratzt die an der Attraktivität der bAV? Wie denkt da die junge Generation? Lutz Mühl: Meine Wahrnehmung ist, dass eher umgekehrt ein Schuh daraus wird. Die junge Generation sieht Garan- tien zunehmend kritisch. Viele wissen, welche Kosten mit Garantien verbunden sind und dass sie die Chancen hem- men. Das neue SPM eröffnet die Chancen des Kapitalmark- tes, die die junge Generation gern für sich nutzen möchte. Ich glaube, dieses Modell stößt jetzt auf viel mehr Offenheit, als es vielleicht vor 20 Jahren der Fall gewesen wäre. Die Chemiebranche hat jetzt schon das zweite Sozialpartner- modell vom Stapel gelassen. Warum braucht es zwei Modelle? Lutz Mühl: Eigentlich haben wir 2022 ein Sozialpartnermo- dell tariflich vereinbart und nun das zweite Produktangebot auf dessen Basis an den Start gebracht. Ich sehe den Vorteil darin, dass es Wettbewerb gibt. Unternehmen und Beschäf- tigte haben eine Wahl; es gibt kein One-Size-Fits-All-An- gebot nach dem Motto „Friss oder stirb!“. So können die Unternehmen und Beschäftigten Teil des Entscheidungs- prozesses sein und sagen: „Ich möchte dieses Angebot neh- men oder lieber jenes.“Außerdem bin ich als Ökonom ganz grundsätzlich davon überzeugt, dass Wettbewerb zu attrak- tiveren Angeboten führt. Wie unterscheiden sich denn die beiden Modelle? Lutz Mühl: In den Kernvorgaben unterscheiden sie sich nicht. Der Tarifvertrag zum Sozialpartnermodell Chemie, auf dem beide beruhen, ist ja identisch. Daher sind zum Beispiel die fünf Prozent Sicherungsbeitrag gleich. Aber es gibt Unter- schiede in der Kapitalanlage, in den Strategien, die dahinter liegen, und in der Verwaltung. Es ist dann die Aufgabe der Betriebe zu schauen, was für sie das überzeugendere Ange- bot ist. N o . 4/2024 | institutional-money.com 165 Roundtable ZielrenteCHEMIE | PRODUKTE & STRATEGIEN

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=