Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024

Beim Thema Aufstockungen muss Daiwa passen. „Unsere Beton-Stahl-Module wiegen rund 17 bis 18 Tonnen, da be- wegen wir uns lieber im Neubau“, meint Göbel. Dafür hat sich Daiwa zuletzt sogar an die Schließung von Baulücken herangewagt. „Unser ,Baukastensystem‘ besteht aus standar- disierten Modulen; die können wir längs oder quer hinstel- len“, sagt Göbel und zeigt ein Bild von einer jüngst geschlos- senen Baulücke in Essen. „Bei dem Projekt haben wir die Module zwischen die konventionellen Treppenhäuser ge- baut, weil die Maßlichkeit sonst nicht funktioniert hätte.“ Normalerweise wird modulares und serielles Bauen mit Neubauten in Verbindung gebracht. Mittlerweile gibt es aber auch Praxisanwendungen im Bereich serieller Sanierun- gen. „Daran sind wir sehr interessiert, denn bei der Gebäu- desanierung geht es dadurch schneller, und es gibt bei seriel- ler Bauweise viel weniger Dreck und Lärm und damit deut- lich weniger Ärger mit den Mietern“, berichtet Staiger. Das sei insbesondere bei der Sanierung größerer Wohnungs- bestände ein wichtiger Aspekt. Als einer der Pioniere bei der seriellen Sanierung gilt Ecoworks, ein 2019 gegründetes Unternehmen aus Berlin mit inzwischen über 100 Mitarbeitern. „Wir haben die serielle Sanierung als erstes Unternehmen in Deutschland umgesetzt und seit 2019 weiterentwickelt, professionalisiert und optimiert“, teilt das Unternehmen auf seiner Homepage mit. Es begleitet als Generalübernehmer Wohnungsunter- nehmen und andere Bestandshalter – von kleinen Genos- senschaften bis hin zu Wohnungskonzernen. Aber auch andere Modulspezialisten wenden sich dem Bestand zu. „Wir haben in Kooperation mit GAP Solution einen integrierten Wandaufbau mit solarer Nutzung ent- wickelt, der die serielle Sanierung von mehrgeschossigen Wohngebäuden auf Net-Zero-Standard deutlich einfacher und kosteneffizienter macht“, berichtet Anderl. Kürzlich wurde damit beispielsweise ein Vonovia-Wohnprojekt mit 112 Einheiten in Witten, Nordrhein-Westfalen, mit 8.000 Quadratmeter Fassadenfläche saniert. „Wir haben dabei die Energieeffizienzklasse von E auf A+ gehoben“, so Anderl. Der gesamte Wandaufbau inklusive der Paneele mit solarer Nutzung weist bei der Sanierung einen hohen Vorferti- gungsgrad auf und wird ohne Gerüst direkt an die beste- hende Hülle des Gebäudes montiert. „Dadurch lassen sich im Vergleich zu konventionellen Bauverfahren Zeiteinspa- rungen von bis zu 80 Prozent realisieren“, so Anderl. „Hier sehen wir einen riesigen Bedarf, denn zwei Drittel des Bau- bestands sind 50 Jahre und älter. Hier steht ein enormer Sa- nierungsbedarf an.“ Ein weiteres Unternehmen, das sich an serielles Sanieren heranwagt, ist Renowate.Dabei handelt es sich um ein Ende 2021 gegründetes Joint Venture zwischen der LEG Immo- bilien SE und der österreichischen Rhomberg Bau GmbH. Das Unternehmen verwendet Laserscanning-Technologie, um einen digitalen Zwilling von Bestandsgebäuden zu erstel- len. „So kann die neue Gebäudehülle ortsunabhängig und industriell vorgefertigt werden. Die großflächigen Fassaden- teile werden im nächsten Schritt am zu sanierenden Gebäu- de angebracht. Zudem werden die komplette technische Gebäudeausrüstung (TGA) sowie die Dachfläche saniert“, schreibt das Unternehmen. Die Bauzeit betrage nur einen Bruchteil gegenüber einer konventionellen Sanierung, und die Mieter müssten während der kompletten Projektzeit ihre Wohnungen nicht verlassen. Lars von Lackum, Vor- standsvorsitzender der LEG Immobilien SE, dazu: „Wir brauchen dringend serielle, digitalisierte Lösungen für die energetische Modernisierung von Bestandsgebäuden, sonst werden wir die angestrebte Klimaneutralität im Gebäude- sektor bis 2045 nicht erreichen können. Daher sind wir als zweitgrößtes deutsches Wohnungsunternehmen gern bereit, auch ein Stück weit Pionierarbeit für die gesamte Branche zu leisten.“Neben Renowate erprobt die LEG im Reallabor in Mönchengladbach weitere Möglichkeiten der seriellen Sanierung mit verschiedenen Baupartnern. Die Projekte orientieren sich am sogenannten Energiesprong-Prinzip, das von der Deutschen Energieagentur dena flankiert und von den Landesregierungen begrüßt wird. Schließlich sieht man die Notwendigkeit, die Skalierung von seriellen Sanierungs- lösungen voranzutreiben, um die Klimaziele im Gebäude- sektor erreichen zu können. Akzeptanz Trotz der zahlreichen Vorteile, die modulares Bauen bietet, wurde und wird es oft noch als einfach und monoton ange- sehen. Das mag an den Plattenbauten in der damaligen DDR liegen; aber bei genauer Betrachtung stellt sich die Fra- ge, warum ausgerechnet beim Bau nicht mit vorgefertigten Teilen gearbeitet werden sollte, die ganz individuell gestaltet werden können. „Autos werden schließlich auch industriell gefertigt und nicht in einer Manufaktur. Auch dort werden einzelne Baugruppen vorgefertigt und dann modular zu- sammengebaut. Autos wären schlicht unbezahlbar, wenn es keine optimierten Fertigungsprozesse gäbe, die dann auch eine gewisse Standardisierung zur Folge haben“, meint Göbel. Staiger von BEOS bleibt beim Vorbild aus der Kfz- Industrie: „Ähnlich wie in der Automobilbranche lässt sich auch beim Bau modularisieren, standardisieren und auf die- ser Basis individualisieren.“ Als Beispiel führt er die vielen Ausführungsvarianten an, die Baufirmen, die sich auf modulares Bauen spezialisieren, im Katalog hätten. ANKE DEMBOWSKI 156 N o . 4/2024 | institutional-money.com THEORIE & PRAXIS | Modulares Bauen FOTO: © SIMA PRODINGER Mittlerweile gibt es auch Praxis- anwendungen im Bereich serieller Sanierungen. » Wenn wir seriell bauen, liegen wir etwa zehn bis 15 Prozent unter den Kosten einer konventionellen Bauweise, wenn man den gesamten Bauzyklus betrachtet. « Stefan Anderl, Geschäftsführer des österreichischen Modulbauspezialisten ELK TECH

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