Institutional Money, Ausgabe 4 | 2024
hemmen. Zudem ist das System komplexer als eine Steuer und damit anfälliger für Fehler der Teilnehmer und Mani- pulationen. Für die Politik ist die Festlegung des Emissions- niveaus im Voraus aber eine gute Möglichkeit, die Dekar- bonisierung durch fortlaufende Reduktion der Gesamtmen- gen im Zeitablauf umzusetzen. Sowohl die Kohlenstoff- steuer als auch der Emissionshandel könnten so gestaltet werden, dass sie Merkmale des jeweils anderen enthalten. Forscher erwägen deshalb auch die Idee, beide Instrumente innerhalb desselben Rahmens zu einem Hybridsystem zu kombinieren. In der Praxis herrscht aber überwiegend wei- terhin eine Zweiteilung der Methoden vor. EU Emissions Trading System Das EU-Emissionshandelssystem (Emissions Trading System, kurz ETS) umfasst 27 EU-Länder sowie Island, Liechtenstein und Norwegen und Nordirland. Es ist das größte und ältes- te Programmweltweit mit mehr als 13.000 Anlagen aus ver- schiedenen Industriezweigen. Derzeit deckt es etwa 45 Pro- zent der Treibhausgasemissionen in der EU ab, soll aber schrittweise auf alle Emissionen ausgedehnt werden. Die be- grenzte Zahl von Zertifikaten wird den Firmen zugeteilt oder an diese versteigert. Jedes Zertifikat berechtigt zur Emis- sion von je einer Tonne CO 2 -Äquivalent. Die teilnehmen- den Firmen müssen den Behörden ihre jährlichen Kohlen- Verteilung der jährlich gehandelten Stückzahlen Viele inaktive und wenige überaktive Teilnehmer Die Grafik zeigt die Verteilung der gehandelten Kontrakte der regulierten Firmen pro Jahr (ohne Transaktionen mit Verwaltungskonten). Im Durchschnitt handelten etwa 40 Prozent der Unternehmen in einem betreffenden Jahr überhaupt nicht. Das mittlere jährliche Handelsvolumen aller anderen Unternehmen lag bei etwa 18.000 Kontrakten, wobei die Verteilung deutlich rechtsschief war. Etwa 30 Prozent handelten weniger als 20.000 Kontrakte pro Jahr, eine Gruppe von etwa 15 Prozent dagegen mehr als 80.000 Kontrakte. Eine normalisierte Betrachtung, bei der die gehandelten Stückzahlen um die einzureichende Anzahl an Zertifikaten adjustiert sind, zeigt ähnliche Ergebnisse. Zeitraum: Februar 2005 bis April 2020. Quelle: Borri, N. / Liu, Y. / Tsyvinski, A. / Wu, X. (2024), Inefficiencies of Carbon Trading Markets 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % > 80.000 60.000- 80.000 40.000- 60.000 20.000- 40.000 < 20.000 0 Anteil Gehandelte Kontrakte pro Jahr Dem Klimawandel mithilfe eines Emissionsrechtehandels zu begegnen, ist ein Lösungsansatz. Jüngste Forschungsarbeiten zeigen aber, dass das Emissionshandels- system der Europäischen Union bislang ineffizient ist, was seinen beabsichtigten Zweck erheblich untergraben kann. N o . 4/2024 | institutional-money.com 139 Emissionshandel | THEORIE & PRAXIS FOTO: © ALFI | STOCK.ADOBE.COM | GENERIERT MIT KI
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